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Als könnt' ich fliegen

Als könnt' ich fliegen

Titel: Als könnt' ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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mit nach Hause.«
    Ich ließ mich nicht aufhalten und hörte kaum, was sie sagte.
    »Warte«, sagte sie schließlich. »Wir fahren zusammen.«
    Wir nahmen ihr Auto, einen grünen Peugeot. Unterwegs erzählte sie mir, dass sie Tobias’ Verletzungen erst am Morgen entdeckt hatten. Er hatte sich nach der Attacke sofort in sein Zimmer zurückgezogen, ohne etwas zu sagen.
    Sein Vater war dann morgens gleich mit ihm ins Krankenhaus gefahren.
    »Was für Verletzungen hat er?«, fragte ich. Marlies sprach von zwei Platzwunden im Gesicht, die in der Nacht nachgeblutet hatten. »Aber nachdem er sich gewaschen hatte, sah es nur noch halb so schlimm aus.«
    In der Eingangshalle des Krankenhauses kamen uns Tobias und sein Vater entgegen. Tobias hatte ein Veilchen ums linke Auge und zwei dicke Pflaster im Gesicht. Eins an der rechten Braue, eins auf der linken Wange.
    »Nur ein paar Prellungen«, sagte sein Vater erleichtert. »Und die Braue haben sie geklebt.«
    Erst jetzt begrüßte er uns.
    Tobias lächelte mich vorsichtig an. Dann stellte er mich seinem Vater vor.
    »Du musst trotzdem dringend ein paar Takte mit ihm reden«, sagte ich. Ich wollte Milenas Erleichterung nicht bremsen. Aber es alarmierte mich, dass sie tatsächlich ihren Bruder verdächtigt hatte. Dass sie ihm zugetraut hatte, mich in dieser üblen Weise zuzurichten. »Ich finde schon, dass er seinen Beschützerinstinkt etwas übertreibt.«
    »Das finde ich auch«, sagte Milena nachdenklich. »Sonst wäre ich wohl gar nicht erst auf die Idee gekommen.«
    Wir gingen im Park spazieren. Nach dem Krankenhaus hatten wir uns von meinem Vater hier absetzen lassen. Die Sonne schien und es war nicht kalt. Aber der Herbst hatte sich doch schon spürbar in den Sommer geschmuggelt.
    »Was wollten die Typen denn von dir?«, fragte Milena.
    »Dieser Dennis kann mich nicht ab«, sagte ich unbestimmt. »Er hat sich auf mich eingeschossen.« Unmöglich konnte ich mit der Wahrheit rausrücken. Milena durfte auf keinen Fall erfahren, um was es bei dieser Wette gegangen war.
    Als Dennis mir gestern Abend plötzlich den Weg versperrt hatte, hatte ich zuerst keinen Plan, was er noch immer von mir wollte. Er aber war sofort auf den Punkt gekommen: Er akzeptierte meinen Rücktritt von der Wette nicht. Ich erklärte ihm, dass meine Entscheidung feststand.
    »Gib dir keine Mühe«, sagte ich und wollte weiter. Plötzlich tauchte Hardy auf und trat mit seinen Springerstiefeln so heftig gegen mein Rad, dass es mir aus der Hand fiel. Als es auf der Straße lag, sah ich sofort, dass der Rahmen verbogen war.
    »Was soll der Scheiß!«, rief ich und beugte mich runter, um das Rad aufzuheben. Aber schon spürte ich eine Hand, die mir ins Haar griff und mich äußerst unsanft nach oben riss. Es war Hardy. Das Gesicht direkt vor mir aber war das von Dennis. Er grinste.
    »Hardy verträgt es einfach nicht«, säuselte er, »wenn mir jemand widerspricht. Manchmal glaub ich direkt: Er ist schwul und liebt mich!«
    In dieser Sache verstand Hardy offensichtlich keinen Spaß. Ungemütlich brummte er etwas in Dennis’ Richtung. Der aber beschwichtigte ihn mit einer kurzen Geste. Den Schraubstockgriff seiner Kralle in meinem Haar lockerte Hardy um keinen Millimeter.
    »Also, was ist?«, fragte Dennis, seine Stimme um einen Ton verschärfend. »Wette, ja oder nein?«
    »Sprech ich vielleicht Chinesisch?«, fragte ich und spürte im nächsten Moment einen so fiesen Schmerz in der Magenkuhle, dass ich wie ein Klappmesser nach vorn auf die Straße fiel. Kaum lag ich, riss Hardy mich wieder hoch.
    Dennis grinste noch immer. »Nun?«
    So gut es ging, schüttelte ich den Kopf. Beide Hände hielt ich weiter auf meinen Magen gepresst. Dieses Mal traf mich Hardys Faust direkt aufs Auge. Der Schmerz war so bohrend, dass mir sofort schlecht wurde. Ich konnte nicht anders, ich kotzte Dennis vor die Füße. Danach spürte ich zwei weitere heftige Faustschläge im Gesicht, und schon lag ich wieder auf der Straße. Ein beißender, ekelerregender Geruch stieg mir in die Nase. »Alte Drecksau!«, hörte ich Dennis’ Stimme. Es klang wie durch tausend Nebelschleier. Dann sah ich wieder sein Gesicht. Er grinste jetzt nicht mehr.
    »Eine Chance geb ich dir noch«, säuselte er, als ginge es um eine Liebeserklärung. »Eine einzige: Wenn dich jemand fragt, ob du die Wette angenommen hast, dann sagt du Ja. Ist das klar?«
    Ich antwortete ihm nicht. Er ließ mich zurückfallen aufs Straßenpflaster. Ich hörte, wie sich ihre

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