Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Einschlag. Dieser große Produzent wollte sich tatsächlich um meine Musik kümmern. Und nicht nur das – er machte auf mich einen sehr sympathischen Eindruck und gab mir das Gefühl, dass er wusste, wovon er redete. Das konnte auch daran gelegen haben, dass er mir einfach sagte, was ich hören wollte, denn er schien sich seiner Wirkung auf mich durchaus bewusst. Aber so etwas wollte ich gar nicht denken. Keine Grübeleien – ich war weiter als je zuvor. Da war plötzlich Bewegung in mein Musikprojekt gekommen und ich hatte ein gutes Gefühl.
Wir beschlossen zunächst einmal, keine weiteren Plattenfirmen mehr zu kontaktieren. Der Ball lag nun in der Hand dieses Produzenten und da sollte er vorläufig auch bleiben.
Der zweite Ball indes lag in meinen Händen. Ich brauchte mehr Material und das hieß, ich musste wieder aus meinem kreativen Loch herauskommen und neue Songs komponieren. Nach Feierabend verkroch ich mich in meinem Studio und kollidierte erneut mit meinem selbst erzwungenen Zeitlimit.
Schon bald wurde klar, dass ich lediglich an den Wochenenden etwas wirklich Kreatives leisten konnte – die engen Zeitfenster an den Werktagen indes schnürten mich viel zu sehr ein. Ich hatte wieder unzählige Ideen, konnte sie aber nicht umsetzen, weil mir unter der Woche hierfür schlicht die Zeit fehlte.
Gleichzeitig ließ mir alles, was mir tagsüber durch den Kopf ging, meine Konzentration bei der Arbeit schwinden. Das alte Spiel. In diesen Tagen der Zerrissenheit zwischen Job und Musik kamen erstmals die Gedanken auf, was denn passieren könnte, wenn ich es wirklich wagen würde, meinen Beruf aufzugeben, um mich völlig der Musik zu widmen. Wie lange würde ich mit meinem Ersparten auskommen? Was würde meine Familie zu diesem Wagnis sagen? Sollte ich ganz aussteigen oder vielleicht nur eine berufliche Auszeit nehmen und – wenn es mit der Musik nicht klappen würde – wieder in meinen alten Beruf zurückkehren?
Ich rechnete hin und her und kam – egal, wie ich kalkulierte – zu dem Ergebnis, lediglich ein Jahr mit meinen Ersparnissen auskom men zu können. Dabei hatte ich in meiner Rechnung schon jede Mark zwei mal umgedreht und hätte auf alles andere verzichtet: keine Klamotten, kein Kino, keine Restaurantbesuche, nichts von all dem. Es gab also nur einen Weg – ich musste mit meiner Familie reden.
Als ich mit meiner Ausbildung fertig geworden war, hatten meine Eltern selbstverständlich aufgehört, mich finanziell zu unterstützen, da ich selbst genug Geld verdienen konnte. Eines war mir jedoch bei all meinen Gedankenspielen deutlich geworden. Für meinen »Ausstieg« brauchte ich die Hilfe meiner Eltern. Und das musste ich ihnen irgendwie beichten …
Wenn ich diese Zeilen hier heute schreibe, bin ich einigermaßen verwundert, dass ich diesen Schritt damals tatsächlich gegangen bin, obwohl es völlig absurd und sinnlos erschien. Ich besuchte also meine Eltern, erklärte, was ich vorhatte, schilderte meine Beweggründe – und bat sie um ihre Hilfe. Und was soll ich sagen? Die Liebe und Zuneigung von Eltern, das Verständnis für die Verrücktheiten ihrer Kinder und die Bereitschaft, immer für sie zu sorgen, scheint etwas derart Starkes und Unumstößliches zu sein, dass sie mich und meine Pläne nachvollziehen konnten. Sie gaben mir zu verstehen, dass sie an mich glauben würden und dass ich es schaffen könnte, ohne eine geregelte Arbeit über die Runden zu kommen. Sie würden mich unterstützen und ich könnte mich dabei voll auf sie verlassen.
Ich war zutiefst gerührt und versprach meiner Familie, alles für mein Vorhaben zu tun. Ich würde mich nicht auf ihrer Unterstützung ausruhen und sie nicht enttäuschen. Ich war überglücklich an diesem Abend, aber mir wurde auch bewusst, wie groß der Druck nun war, den ich mir mit diesem Plan auferlegte.
Am folgenden Tag führte ich ein Gespräch mit meinem Chef, der mir offen sagte, dass er fest davon ausgehe, mich schon recht bald wieder vor seiner Tür zu sehen. Ich würde schnell wieder auf den Boden der Tatsachen gelangen und dann wenigstens wieder konzentriert ar beiten können. Er konnte mir nicht versprechen, dass ich in meiner Heimatstadt wieder unterkommen würde, aber die Tür blieb weiter offen.
Ich fuhr an einem Freitagabend von einer sehr netten, warmherzigen Verabschiedung in meinem Betrieb nach Hause. Man hatte mich mit vielen lieben Wünschen und kleinen Präsenten gehen lassen. Und als ich daheim angekommen war, wurde
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