Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
mir ganz flau im Magen. Ich war nun endlich das, wovon ich immer geträumt hatte: Ein Berufsmusiker. Aber einer ohne Einkommen – und eigentlich einer ohne Beruf.
Die große Leere
Noch am ersten Wochenende meiner neu gewonnenen »großen Freiheit« machte ich mir einen Plan, wie ich fortan arbeiten wollte. Ich würde mir den Wecker auf frühmorgens stellen und dann den ganzen Tag im Studio verbringen. Im Grunde so, als wenn ich ganz normal zur Arbeit ginge. Ich orientierte mich an meinem Arbeitstag, wie ich es bisher kannte, nur dass ich endlich in Ruhe Lieder schreiben konnte. So zumindest sah mein Plan in der Theorie aus.
Am Montag dann klingelte mein Wecker um sieben Uhr und mein erster Tag als Musiker konnte planmäßig beginnen. Und er begann auch – leider in einer totalen Orientierungslosigkeit. Vielleicht war es die Aufregung, die ein solcher Neustart wohl mitsichbrachte – vielleicht war es auch der Verlust von den Strukturen, die ich in meinem Job als Hörgeräteakustiker gewohnt war. Tatsache war, dass ich an diesem Morgen keine Ruhe fand und mir nichts einfallen wollte, was ich musikalisch hätte nutzen können. Im Grunde saß ich in meinem Studio und glotzte nur meine Geräte an. Ein ernüchternder Zustand, wollte ich doch eigentlich allen, die mich unterstützen wollten, zeigen, dass ihr Vertrauen gerechtfertigt war.
Ich spielte belanglose Melodien und tüftelte mit Rhythmen und Sounds herum und kam zu keinem Ergebnis. Wenn ich das heute betrachte, stand ich mir damals mit dieser rätselhaften Verkrampfung selbst im Weg. Ich hatte zwar – wie ich es mir immer wünschte – alle Zeit, mich ausschließlich mit Musik zu beschäftigen, aber im Grunde keine Ahnung, wie ich mit dieser Freiheit umgehen sollte. Dazu kam der Druck, auch mir selbst so schnell wie möglich beweisen zu müssen, dass es richtig war, alles für die Musik aufzugeben.
Ich hielt meinen selbst auferlegten Plan ein, jeden Tag ins Studio zu gehen, war aber innerlich weit davon entfernt, einen neuen Song zu schreiben. Dann fing ich damit an, mein Studio umzubauen und alles hin- und herzuschieben, nur damit ich etwas zu tun hatte, aber auch diese beschäftigungstherapeutischen Sinnlosigkeiten brachten mich keinen Schritt weiter.
Es dauerte Wochen und meine Geduld mit mir selbst war fast schon am Ende, bis ich eines Tages erneut mit einem meiner Keyboards herumspielte und plötzlich die Idee zu einem neuen Song im Kopf hatte. In diesem Moment muss bei mir der Knoten geplatzt sein, denn von einem Augenblick auf den anderen war die längst verloren geglaubte kreative Energie wieder zurück. Mit einem Mal konnte ich wieder bis spät in die Nacht arbeiten und am folgenden Tag einfach weitermachen – und kein Mensch machte mir Vorwürfe, ich sei unkonzentriert und übernächtigt.
Da Clint zu dieser Zeit andere Projekte laufen hatte, machte ich erst einmal alleine Musik. Und so entstand in diesen Tagen mein erster Titel als Berufsmusiker. Er hieß »The Bad And The Beautiful« und beruhte auf einem Text von Clint aus den Zeiten von CRASH. Die Geschichte allerdings steckte nun in einem völlig neuen musikalischen Gewand.
Ein Lied mehr für Unheilig und nur wenige Tage später kam schon der nächste Song dazu: »Close Your Eyes«. Ich hatte es also doch noch geschafft, wieder in meine eigene Welt abzutauchen. Völlig fokussiert, ohne Ablenkung und ohne Einflüsse von außen, schrieb ich einen Titel nach dem anderen. Bei der ganzen Sache gab es jedoch einen Haken: Die Überarbeitung meiner englischen Texte dauerte immer recht lange, sodass ich ständig warten musste, bis Clint diese korrigiert hatte, bevor ich sie schließlich einsingen konnte.
Und als ich mal wieder auf Clint warten musste, zappte ich ein wenig im Fernsehen hin und her und landete bei Viva, wo ein Video mit dem Titel »Das weiße Licht« gespielt wurde. Ich war fasziniert und schaute mir gebannt das Video an. Der Sound und Aufbau dieses Songs, die Arrangements – ich war so sehr beeindruckt, dass ich an diesem Tag den Entschluss fasste, erneut ein deutsches Lied zu schreiben.
Und da ich bis zum Abend nichts weiter tun konnte, weil ich den von Clint überarbeiteten Songtext brauchte, setzte ich mich ins Studio, um ein Lied auf Deutsch zu schreiben. Ich klimperte auf meinen Keyboards herum und schrieb dabei Textzeilen auf, bis ich einen Refrain fertig hatte. Danach komponierte ich die passenden Strophen dazu und nach einigen Stunden hatte ich das Lied fertig. Es
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