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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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In den letzten Wochen hatte dieses Zuversichtshormon mir einige Male die Angst genommen und gemacht, dass ich superlocker sagte: »Ach, das haben schon so viele geschafft, mindestens sieben Milliarden Mal.« Doch jetzt war alles vorbei. Ich, der letzte große Wal, wünschte mir, mich an Land retten zu können, und fragte mich, was ich da bloß angestellt hatte. Hanna, Hanna, Hanna – wie konntest du es so weit kommen lassen? Ich hatte Dehnungsstreifen rundherum; meine Beine, dick wie Elefantenstampfer, trugen meinen überdimensional großen Bauch. Ich war froh, wenn ich es schaffte, Socken anzuziehen. Unmöglich, dass da etwas anderes als ein Monsterkind mit einem Riesenkopf rauskommen könnte.
    Doch alles Beschwichtigen half nichts, der große Tag kam. Wir fuhren morgens ins Krankenhaus, wo es noch ganz ruhig war, bis auf eine Baustelle direkt vor meinem Fenster. Ich weiß noch, wie ich lachen musste, weil auch bei uns zu Hause vor dem Fenster die ganze Zeit gebaut wurde. Weil Sophie überfällig war, musste die Geburt eingeleitet werden, und bereits eine Stunde nach der ersten geheimnisvollen Wunderpille ging es endlich los. Die Schmerzen waren ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte, und so hoffte ich immer noch, dass ich das große Desaster noch umgehen können würde. Ja, ich hoffte bis zum letzten Augenblick, dass alles viel einfacher ist.
    Es war ohnehin alles anders, als ich gedacht hatte. Die Zeit verging wie im Flug. Das Baden tat keine Wunderwirkung. Ich wollte keine Musik hören, und der Sinn dieses seltsamen Hängeseils im Kreißsaal erschloss sich mir auch nicht. Ich hatte die ganze Zeit Angst, es würde reißen, und wagte es nicht, mich wirklich dran festzuhalten. Mein Atem hielt sich nicht an die Übungen aus dem Vorbereitungskurs, und ich hatte nicht das Bedürfnis, jemanden zu beschimpfen.
    Oscar war die ganze Zeit an meiner Seite. Für uns beide waren es heftige, wenn nicht traumatische Stunden, aber ich war unendlich froh, ihn in meiner Nähe zu haben. Er hat die Hebammen unterstützt, meine Hand gehalten und mir gebetsmühlenhaft versichert: »Komm, Hanna, die Wehe schaffst du jetzt auch noch.«
    Nach zehn Stunden hatte ich das Gefühl, dass meine Kräfte versagten, weshalb man eine Anästhesistin rief, um mir eine PDA zu legen. Mein Freund, der ewige Leuchtturm, sollte mir eine Rechtsbelehrung vorlesen. Statt der üblichen Gebärlaute schrie ich ständig nur noch »Ja«, damit man mich als belehrt betrachten konnte. Da hätte stehen können, dass ich dem Krankenhaus meine Leber schenke, ich hätte es nicht mitbekommen. Während die Nadel gelegt wurde, durfte ich mich nicht rühren. Das war das Alleranstrengendste. Die recht unerfahren wirkende Ärztin schaffte es einfach nicht, sie richtig in die Wirbelsäule zu stechen. Als die Nadel nach fünfzehn Versuchen endlich saß, war das Kind schon fast draußen. Es war wirklich wie im Film. »Ich kann den Kopf schon sehen. Pressen Sie noch mal beim Ausatmen.« Ich presste, presste, presste und plötzlich: »Gucken Sie mal, wer hier ist.« Und dann entspannte sich plötzlich alles, und es lag etwas auf meinem Bauch.
    Es war toll, nach zwölf Stunden endlich runterzukommen und das Kind mit einem Lachgaslächeln in den Arm zu nehmen. Ich war erleichtert und stolz, dachte aber nicht: »Wow, das ist ja unglaublich«, sondern: »Na, das wurde ja auch Zeit.« Mir schossen auch keine Tränen in die Augen. Ich säuselte einfach immer wieder: »Hallo. Hallo.« Ich wollte unser Kind an diesem seltsamen Ort begrüßen. Am liebsten hätte ich noch eine kleine Führung gemacht und ihr alle Anwesenden vorgestellt. Aber Sophie schaute mir in die Augen, und ich bin fest davon überzeugt, eine endlose Verwunderung in ihrem Gesicht gesehen zu haben. Sie schien derart entgeistert zu sein, dass es den original Poklapser brauchte, bis sie ihren ersten Schrei von sich gab. Wir waren wirklich beide lebendig.
    Der Leuchtturm hingegen weinte sofort und war nach dieser Odyssee endlich angekommen. Er hielt seine Tochter auf dem Arm, lief rot an und redete wirr. Wunderschön wirr. Wir lagen noch ewig da rum. In meiner Erinnerung waren es zehn Minuten, doch es müssen drei Stunden gewesen sein. Dann ging Oscar nach Hause. Morgens um sechs an einem gewöhnlichen Samstag begegnete er den üblichen Partygängern, die mit ihm auf die normale Straßenbahn warteten. Währenddessen telefonierte er seine Eltern wach, um ihnen zu sagen, dass ihm gerade etwas ganz Besonderes

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