Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Papa einander gegenüber, Maxi im Hochstuhl, Mini an der entblößten Brust der Mutter und der Kinderwagen im Gang –, wurde bestellt. Mama und Papa tranken Wasser, Maxi Milch aus ihrer Flasche, Mini Milch aus der Brust. Für Maxi wurde ein leerer Teller bestellt, für Mama und Papa Gabelgerichte, die wenig später aufgetragen wurden. Das war klug, denn beide hatten – maximal! – immer nur eine Hand frei. Mit der anderen wurde an Mini oder Maxi herumgezupft, Minis Bäuerchen herausgeklopft, Maxis Nase abgewischt und ansonsten lustlos im Essen herumgestochert.
Die vier machten im weiteren Verlauf des Abends weder nennenswerten Lärm noch Dreck, sie machten aber auch nicht den Eindruck, gemeinsam etwas Angenehmes zu erleben. Im Gegenteil, beide Eltern sahen müde und angestrengt aus, untereinander wechselten sie im Grunde kein Wort. Wenn sie sprachen, dann mit Mini und Maxi und irgendwann nur noch mit Maxi, weil Mini an Mamas Schulter eingeschlafen war. Und dieses zweifelhafte Vergnügen ließen sie sich Pi mal Daumen achtzig Euro kosten. Wie gesagt, es war eher ein Italiener der Kennenlerntag-Feier-Kategorie.
Stefan und ich plänkelten wie geplant vor uns hin. Wir lobten den guten Wein, spachtelten drei Gänge in uns hinein, entschieden uns gegen einen Nachtisch und diskutierten mit gesenkten Stimmen, ob wir mit Mitte vierzig einfach zu alt und bei Weitem nicht urban genug gegenüber modernem Familienleben eingestellt seien. Immer mal wieder schauten wir uns das Elend am Nachbartisch an. Es war mittlerweile halb elf, die Eltern hatten die halb geleerten Teller beiseitegeschoben, sie schwiegen und nippten gerade an ihren Wassergläsern, als sich die scheinbar schlafende Maxi mit einem Schreckensschrei zurück auf die Showbühne meldete. »Kaaaacka!«, presste sie hervor. Es war klar, was jetzt angesagt war: ein hurtiger Gang zum Klo. Aber was tat Papa? Er richtete den Blick Richtung Fußboden und scannte das umherstehende Equipment.
Endlich entdeckte er, was er gesucht hatte. Unter Mamas Stuhl nämlich stand ein knallpinkfarbener, ovaler Plastikkoffer. Papa hob die nun doch schon sehr dringende Kacka-Rufe ausstoßende Maxi von seinem Schoß und griff sich das pinkfarbene Gepäckstück. Erst jetzt konnte es losgehen Richtung Toilette. Im Vorbeigehen entzifferte ich, was auf dem Pinkding stand: »My Carry Potty.« Ich musste kurz grübeln, was exakt ich hier gerade gesehen hatte. Und auch als ich es verstanden hatte, musste ich es mir noch einmal übersetzen, um ganz sicher sein zu können. Denn dies hier war ein Kinderreiseklo. Ein pinkfarbener Klapptopf, in den die kleine Maxi exklusiv ihre Würstchen absondern konnte und der anschließend wieder zusammengeklappt und fein säuberlich unter dem Restauranttisch deponiert werden würde.
Man mag so oder anders zu Verdauungsprodukten von Kindern stehen. Ich zum Beispiel habe damit keinerlei Probleme, sie pinkeln halt Elfenpipi und machen Kinderkacki. Aber die Vorstellung, dass die niedliche Maxi einen transportablen Thron besitzt, damit ihre Eltern zur besten Schlafenszeit lustlos in teuren Restaurants herumsitzen können, finde ich ekelhaft. Ich möchte kein frisch gespültes Plastikklosett unter dem Nachbartisch deponiert wissen. Lieber spendiere ich Hanna und Oscar einen TÜV -geprüften Babysitter. Oder noch besser: Ich komme selbst zu ihnen, schenke ihnen fünfzig Euro fürs Restaurant und wechsele mit aller Ruhe und Liebe sämtliche Windeln, die Sophie vollzumachen geruht. Und zwar nach einer anständigen Portion Fischstäbchen.
FERIENRESORT MIT SWIMMINGPOOL VS. CUBA LIBRE UND WIE SOPHIES WACKELNDE ARME MIR NEUEN MUT GEBEN
Kennen Sie das auch? Gerade waren Sie noch in ein tadellos interessantes Gespräch verwickelt, der Raum war mit Menschen gefüllt, und die Musik spielte laut. Doch plötzlich sitzen Sie allein bei Kerzenschein in der Küche und müssen für die nächsten fünfzehn Minuten irgendwie mit sich selbst klarkommen. Nein? Dann sind Sie wohl noch nie als Einzige in einer Gruppe schwanger gewesen. Plötzlich wird man ständig alleine sitzen gelassen, weil alle gemeinsam rauchen gehen müssen. Und selbst wenn ich darauf bestand, dass sie sich ja ans Fenster stellen könnten (im Spätsommer), schauten sie mich nur mit einem »Du hast ja keine Ahnung, was gut für dich ist«-Blick an. Nicht selten wurde Oscar gesagt, er solle mal ein bisschen besser auf mich aufpassen.
Seit feststand, dass ich für die nächsten neun Monate in einer Art
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