Als schliefe sie
er mit allen. Gott vergebe mir. Nein, ich will damit nichts andeuten. Aber als ich dich ganz allein dastehen sah, dachte ich, du seiest Mariam. Mir von Gott geschickt. Ich muss nach Jerusalem und dachte, ich nehme dich mit. Aber nein, du heißt nicht Mariam. Ich muss deinen Namen ändern«, sagt er und kommt näher.
»Ich will keinen anderen Namen, bitte!«
Männer dürften, so seine Worte an die Nonne, ruhig unverheiratet bleiben, weil der Messias, gesegnet sei er, keine Kinder hatte. Bei den Frauen dagegen verhielten sich die Dinge anders. Eine Frau, die nicht erfährt, was Maria erfahren hat – also kein Kind zur Welt bringt –, ergründet nie das Geheimnis des Lebens.
Was das Geheimnis des Lebens sei, will Milia ihn fragen, als er auf sie zukommt. Sie sei verheiratet, will sie sagen. Das sei nicht erlaubt, sie sei schwanger, will sie sagen. Doch da liegt er bereits neben ihr im Bett.
Was will der Mönch von ihr? Wie hat er sich Einlass in ihre Nacht verschafft? Mansûr habe Recht, will sie sagen. Er sei tatsächlich verrückt. Im Übrigen würden ihn die Nonnen nicht als Mönch anerkennen.
Sie schläft in einem schmalen Bett in einem alten Steinhaus auf einem hohen Berg, spürt, wie der Mönch sich ihr nähert. Seine Müdigkeit mischt sich in ihre. Sein heißer Atem kriecht ihren Hals hinauf. Dann sieht sie sich unter freiem Himmel, schmeckt das Salz der Welt. Sie spürt ihn. Das sei nicht erlaubt, sagt sie. »Mansûr, Liebling, der Arzt sagt doch… Du hast gesagt, dass der Arzt gesagt hat.« Er hält ihr den schwarzen Ärmel vor den Mund, damit sie schweigt. Da spürt sie das Wasser aus sich herausbrechen.
Sie riss die Augen auf. Das Laken war nass. Sie drehte sich zu Mansûr. Er schlief gleichmäßig atmend in seinem Bett. Sie wollte aufstehen und ihn wecken, spürte aber, dass das Wasser noch immer sprudelte. Sie schämte sich. Also schloss sie die Augen, schlief wieder ein. Sie sah ihn. Er kommt näher, legt sich schwer auf ihre Brust. »Runter von mir!«, brüllt sie. »Du bringst meinen Sohn noch um!«
»Was ist?«, fragte Mansûr. Schnaufend stand er an ihrem Bett.
»Das Wasser«, sagte sie. »Ich bin ganz nass.«
»Fruchtwasser. Wir müssen ins Krankenhaus.«
»Nein, nicht heute«, wehrte sie ab. »Das Kind kommt morgen.«
Er half ihr aus dem Bett.
»Ich gehe ein Auto holen«, sagte er.
»Nicht heute«, wiederholte sie. »Das Kind kommt heute noch nicht. Außerdem regnet es.«
»Zieh dich schnell an. Mach dich fertig. Ich gehe ein Auto holen.«
Milia hatte Recht. Es regnete ununterbrochen. Sie wusste, dass sie ihren Sohn am vierundzwanzigsten Dezember zur Welt bringen würde. Das Zeichen, das sie empfangen hatte, bedeutete den Ausbruch anderer Wasser.
Das bestätigte der Arzt im Italienischen Krankenhaus. Er schickte sie nach Hause mit den Worten, sie solle das Fruchtwasser abwarten.
»Aber das Wasser, Herr Doktor, es war eine ganze Menge!«
»Keine Angst«, beschwichtigte der Arzt und ermahnte Mansûr, in den letzten Tagen der Schwangerschaft auf Sex zu verzichten.
»Ich habe wirklich nichts getan«, sagte Mansûr.
Die Untersuchung habe ergeben, erklärte der Arzt verwundert, dass die Gebärmutter in der vergangenen Nacht aktiv war. »Aber vielleicht war es nur ein Traum. Schwangerschaft bringt lebhafte Träume mit sich. Kein Grund zur Besorgnis.«
Sie lag im Bett. Er beugte sich über sie, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und ging in sein Bett. Er sah, wie sie sich im Bett aufsetzte. Sah, dass ihre Haare leuchteten und aus ihrem Hals Öl sickerte.
»Komm zu mir«, sagte sie.
Er stieg aus dem Bett und setzte sich zu ihr.
»Hol Watte«, sagte sie.
Er stand auf, ging an den Holzschrank, holte aus der Schublade eine Rolle Watte heraus und kam zurück.
»Wisch das Öl von meinem Hals und bewahre es für den Jungen auf«, sagte sie.
Er wischte das Öl fort, doch unaufhörlich quoll neues nach. Die Watte sog sich restlos voll.
»Soll ich ein Handtuch holen?«, fragte er.
»Nicht nötig«, sagte sie. »Aber du musst wissen, dass dieses Öl für den Jungen ist. Wenn du ihn mit dem Öl einreibst, ist er vor Krankheit geschützt.«
Sie sah ihn im Dunkeln durch das Haus in Jaffa geistern. Sie würden für immer im Haus der Familie wohnen, bestimmte ihre Schwiegermutter. »Das ist das Haus seines Vaters. Wer verlässt schon das Haus seines Vaters?«, sagte sie. Amîns Ehefrau Asma würde in ihrem Zimmer bleiben. Die Kinder würden aus Mansûrs Zimmer in das ihres Vaters ziehen. Und
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