Als schliefe sie
erwärmte Wasser und nahm ein Bad. Währenddessen hast du geschnarcht. Gestern habe ich versucht, dich in eine andere Lage zu drehen, weil du sehr… Na ja, es war sehr laut. Außerdem hast du so fest eingerollt dagelegen wie im Masâbki-Hotel. Gott, was habe ich mir damals Sorgen um dich gemacht! Nein, nicht weil du dich im Bad eingeschlossen und nicht auf mich reagiert hast. Das war nicht so schlimm. Dein Verhalten konnte ich ja sogar noch nachvollziehen. In dem Moment hatte ich das Gefühl… Nein, gar nicht wahr. Es war nicht zu dem Zeitpunkt, sondern später. Es war, als ich dich so eingerollt habe daliegen sehen. Wie ein Kind im Mutterleib sahst du aus. Und da wurde mir klar, dass du eine Mutter brauchst. Nein, versteh mich nicht falsch. Sag jetzt bitte nichts. Ich will das nicht hören. Nein, ich habe keine Ahnung, was du tust. Und ich will es auch nicht wissen. Habe ich etwa je danach gefragt? Wenn ich also nie nachgefragt habe, wieso willst du mir dann eine Antwort geben? Nein, ich will es nicht verstehen. Diese Dinge gehen nur dich etwas an. Du sagst mir immer, dass du nicht nach Jaffa fahren magst. Im Übrigen mag ich Jaffa auch nicht. Wo war ich stehengeblieben? Ja, jetzt weiß ich es wieder. Also ich spürte, wie mein Bauch zu wachsen begann, und dass alles an mir rund wurde. Ich begriff, was die Frau mit blauem Tuch auf dem Kopf zu mir gesagt hatte. Ich begriff, dass ich schwanger bin. Jedenfalls, mein lieber Herr Mansûr, bin ich seit gestern Nacht schwanger. Das ist, was ich dir mitteilen möchte.«
Mansûr war sprachlos. Seine Zunge war wie verknotet. Er versuchte, Milia zu verstehen. Versuchte, ihre rätselhaften Worte zu entschlüsseln. Mit gesenktem Kopf schlürfte er langsam seinen türkischen Kaffee. Wut stieg in ihm auf. Wieso konnte sie nicht einfach geradeheraus sagen, was sie meinte? Wieso redete sie so vage daher, als meldete sie sich aus dem Traum? Immerhin war sie jetzt wach und bei Bewusstsein! Am liebsten hätte er sie aus ihrem ewigen Dämmerzustand gerüttelt. Außerdem wollte er sich nicht mehr verbieten lassen, seiner Liebe Ausdruck zu verleihen.
»Ich habe in der vergangenen Nacht mit dir geschlafen«, platzte es unvermittelt aus ihm heraus. »Und es war das schönste Mal. Ich habe erlebt, wie herrlich erhaben die Frau im Bett ist, wenn sie einen Mann empfängt und zu sich holt. Das ist die Liebe, die schwängert!«, sagte er mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen.
»Du hast damit nichts zu tun«, widersprach sie.
»Was soll das heißen?«
»Oder vielleicht ja doch. Ach, keine Ahnung! Ich erinnere mich nicht.«
»Du erinnerst dich nicht?«
»Wie soll ich mich erinnern können? Ich habe doch geschlafen und das geträumt, was ich dir gerade erzählt habe!«
»Du erinnerst dich an die Träume. Aber das, was sich in Wirklichkeit zugetragen hat, weißt du nicht?«
»Wieso, was hat sich denn zugetragen?«
»Herr im Himmel, mach, dass ich die Fassung behalte! Nichts hat sich zugetragen!«, schimpfte er.
Mansûr kochte vor Wut. Er nahm sich vor, sie künftig zu wecken, wenn er mit ihr schlief. Wäre sie nämlich wach, dann würde sie sich zwangsläufig erinnern. Dann wäre mit diesem Theater, das bereits in der Hochzeitsnacht im Hotel angefangen hatte, endgültig Schluss. Richtig. Er war im Badezimmer zusammengebrochen. Aber wer hätte dieser eisigen Kälte in den Höhen des Dahr al-Baidar schon trotzen können? Mansûr jedenfalls tat es. Denn die Vorstellung, gescheitert nach Beirut zurückzukehren und bis zur Abreise nach Nazareth bei den Schâhîns ausharren zu müssen, war ihm unerträglich.
Milias ältester Bruder war nicht zur Hochzeit erschienen. Daraufhin erkundigte sich Mansûr nach Salîm, bekam aber keine klare Antwort. Mûsa hielt sich bedeckt, erzählte nur einen Teil der Geschichte. Was der Grund für den Bruch war, wurde Mansûr nicht deutlich. Mûsas Erzählung zufolge wollte Salîm zum Katholizismus übertreten und in den Jesuitenorden eintreten. Während er Jura an der Universität der Jesuiten studierte, sei er vom Virus des Schwachsinns befallen worden. An die Universität sei er dank eines Empfehlungsschreibens von Bruder Eugen gekommen. Bruder Eugen habe er aus früheren Zeiten gekannt. Er habe die Sonntagsschule geleitet, die in einem zum Jesuitenkloster gehörenden Kellerraum im Viertel abgehalten wurde. Die Sonntagsschule sei keine richtige Schule gewesen. Bruder Eugen habe sich damit der Kinder aus armen Verhältnissen angenommen. Er habe
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