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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Kneale
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»das ist komisch, wieso will sie in ein Café gehen, wenn sie Angst hat, dass Dad da draußen ist?« Aber wie ich aufgestanden bin, hab ich zwei Mülltüten neben der Tür gesehen, und da hab ichs verstanden, ich hab gedacht, »ach ja, natürlich, Mum hat unser ganzes Essen weggeschmissen, falls es vergiftet ist, deswegen müssen wir draußen frühstücken.« Ich hab gedacht, »hoffentlich ist es echt vergiftet, sonst ist es die totale Verschwendung«, aber ich hab nichts gesagt. Ich hab beschlossen, »ich bin heute ganz leise, ich bin wie eine Maus, wie wenn ich gar nicht da bin, dann wird alles wieder gut.«
    Mum hat irgendwo angerufen, ich glaub, mal wieder bei ihrer Bank, und gesagt, »nein, ich kann nicht vorbeikommen, das wissen Sie doch«, und ich hab gedacht, »au nein, Mum«, ich hab gedacht, »hättest du die Christen lieber nicht so sauer gemacht, jetzt geben sie dir bestimmt kein Geld.« Dann sind wir rausgegangen, Mum hat beide Mülltüten genommen, sie hat mich noch nicht mal gefragt, und auf der Treppe ist sie dauernd stehen geblieben und hat um die Ecke geguckt. Ich dachte, »ich weiß jetzt, warum du das machst, Mum«, und dann ist was Komisches passiert, Jemima hat es nämlich auch gemerkt, und sie hat gesagt, »suchst du was, Mum?«, und ich hab gedacht, »und? Was sagst du jetzt?«, und Mum hat gesagt, »ich gucke nur, ob alles in Ordnung ist, Lamikin, ob auch kein großer Hund kommt oder so.« Das war natürlich total gelogen, und ein Fehler war es auch, weil Jemima nämlich eine Riesenangst
vor Hunden hat, sogar vor ganz kleinen wie Tschiwahwas, und sie hat gesagt, »du musst mich tragen, Mum«, was Mum aber nicht konnte, wegen den Mülltüten, deswegen musste ich bei Jemima bleiben, bis sie sie runtergebracht hatte, aber dann hat Jemima mal wieder einen auf Heulsuse gemacht und geschrien, »Mummy, Mummy, pass auf den großen Hund auf, dass er dich nicht beißt.« Ich hab zu ihr gesagt, »hör auf, Jemima, da ist überhaupt kein Hund, du Dummerchen«, aber es hat nicht geholfen, sie hat so lange geschrien, bis Mum die Treppe wieder raufgerannt gekommen ist.
    Draußen auf der Straße hab ich gesehen, wie Mum an Dads Haus hochgeguckt hat, aber nicht nur, sie hat nach allen Seiten Ausschau gehalten, sie hat Blicke verschossen wie Pfeile. Ich hab nach dem gelben Auto gesucht, aber es war weg, und da hab ich gedacht, »vielleicht hat er es jetzt versteckt.« Ich hab gedacht, »ob Dad wohl gleich da drüben aus der Haustür kommt?« Ich hab gedacht, »ob er wohl gleich aus der grünen Straßenbahn springt oder aus dem Schokoladengeschäft rennt?« Ich hab gedacht, »dann wird es ganz, ganz übel«, aber er kam nicht, und dann konnte ich da irgendwie auch nicht mehr richtig dran denken, ich habs irgendwie vergessen und mir überlegt, »was für ein Kroassong soll ich heute nehmen, Marmelade oder Crema?« Wir haben ganz schnell gefrühstückt, weil Mum wütend geworden ist, sie hat gesagt, »beeilt euch, ihr zwei, wir haben so viel zu erledigen«, und zum Schluss hatte sie die Nase voll und hat uns einfach zur Tür rausgeschoben. Sie hat gesagt, »ihr könnt euer Kroassong unterwegs aufessen«, aber Jemima hat ihrs auf den Bürgersteig fallen gelassen, deswegen mussten wir wieder umkehren und ihr ein neues kaufen.
    Dann ist was Komisches passiert. Mum ist zum Geldautomaten gegangen, und ich dachte, »da kommt doch garantiert nichts raus«, aber dann hat sie ihren Geldbeutel
aufgemacht und ein Fach mit einem Reißverschluss, ich glaube, das war ein Geheimfach, weil sie da eine neue Karte rausgeholt hat, eine, die ich überhaupt noch nicht kannte, sie war braun. Ich hab gesagt, »die ist neu, Mum«, aber sie hat bloß die Stirn gerunzelt. Sie hat ganz vorsichtig auf die ganzen Knöpfe gedrückt, und es hat funktioniert, ich glaube, sie hat sogar ziemlich viel Geld rausgekriegt, ich habs bloß ganz kurz gesehen, weil sie es in den Geldbeutel gesteckt hat, aber es waren orangene Scheine, die sind größer als die roten oder blauen, die sind Fünfziger. Jemima wollte auch was sehen, sie ist auf und ab gehüpft, aber dann hat Mum uns mit einem strengen Blick angeguckt und gesagt, »kommt mir bloß nicht auf irgendwelche Ideen, damit müssen wir auskommen. Und dann muss ich mir überlegen, wie ich das alles wieder zurückzahlen will.«
    Danach sind wir in den Supermarkt gegangen, Jemima saß im Einkaufswagen, wie immer, und wir haben die ganze Zeit gesagt, »kann ich Erdbeeren haben?«, oder, »kann ich die

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