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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Kneale
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ist was Komisches passiert. Es war Nachmittag, und ich hab durch den Fensterladen zu Dads Haus rübergeguckt, und da gabs eine Überraschung für mich. Da war nämlich eine alte Frau im Fenster, die hat eine Blume gegossen. Ich hab gedacht, »Augenblick mal, wer bist du denn?«, und hab Mum gesucht, ich musste aufpassen, weil Jemima bei ihr war, deswegen hab ich gesagt, »Mum, kannst du mir mal helfen, ein Wort schreiben?« Ich hab gedacht, »das funktioniert bestimmt«, weil Jemima nämlich noch nicht schreiben kann, und es hat auch funktioniert, sie ist nicht mit Mum mitgekommen und ist vor dem Fernseher sitzen geblieben und hat sich was Italienisches angeguckt. Ich hab geflüstert, »guck mal, Mum, da ist eine komische alte Frau bei Dad drüben.« Mum hat geguckt, aber dann hat sie bloß den Kopf geschüttelt und geflüstert, »das muss die Putzfrau sein.« Ich hab sie sogar noch mal gesehen, das war nachts, und sie ist an einem Fenster vorbeigegangen, und ich hab gedacht, »du bist faul, Dad. Warum putzt du deine Wohnung nicht selber, so wie wir?«
    Wir haben mein neues Fort gebaut, und diesmal ist es echt gut geworden. Mum hat die Wände und Zinnen ausgeschnitten, mit einem von den kleinen scharfen Messern, die Dad in unsere Betten getan hat, und ich durfte das meiste tackern, wir haben es mit der Cremefarbe angestrichen, es hatte eine Zugbrücke mit echten Bändern, und die Türme waren nicht mehr so wackelig, deswegen konnte ich da
oben den Feind draufstellen, ohne dass er umgekippt ist, und ich hab viele Schlachten geschlagen, und ich hab Jemima mit dem Katapult schießen lassen. Manchmal hat es an der Tür geklingelt, aber nicht oft, und es ist auch keiner mehr die Treppe raufgekommen, was gut war, aber es war auch ärgerlich, weil wir nicht sehen konnten, wer da unten war, weil, wenn wir aus dem Fenster geguckt hätten, hätten sie uns natürlich auch gesehen und gewusst, dass wir da waren.
    Dann hatte ich eine schlaue Idee, und wie es schon ganz spät war, hat Mum mir dabei geholfen. Zuerst hab ich den Schraubenzieher geholt und im Badezimmer einen Spiegel abgeschraubt, der war ziemlich klein und rund und hatte einen langen Auszieharm, der aussah wie so ein Spalier für Blumen, Mum hat gesagt, es ist ein Rasierspiegel. Dann haben wir einen Fensterladen mit Draht so festgemacht, dass er ein ganz kleines Stückchen auf war, und dann haben wir da den Spiegel drangemacht, auch mit Draht, damit wir sehen können, wer unten an der Haustür steht, und danach bin ich dann immer ans Fenster gelaufen und hab geguckt, wer es war. Es hat jeden Morgen ganz früh geklingelt, aber ich war nie schnell genug, sie waren immer schon weg, Mum hat gesagt, es sind bloß die Müllmänner. Später, wie wir aufgestanden waren und gefrühstückt haben, hat es noch mal geklingelt, das war der Briefträger, den hab ich gesehen. Einmal wars Franssien, das war ein bisschen unheimlich, aber diesmal ist sie nicht die Treppe raufgekommen, und ich hab gedacht, »oh, gut, es ist abgeschlossen.« Ich glaub, sie hat was in den Briefkasten geschmissen, aber das war egal. Und einmal sind Mums Christen gekommen, sie haben viermal total laut geklingelt, wie wenn sie sauer sind, und da haben wir Jemima erzählt, das war gar nicht für uns, das war bloß ein Klingelstreich.
    Am schönsten war es nachts, wenn Jemima geschlafen
hat und Mum und ich noch aufgeblieben sind, dann war es genau wie früher. Wir haben die Wohnung bewacht und Fernsehen geguckt, damit unser Italienisch besser wird, und manchmal haben wir uns Popcorn gemacht, Mum hat zwei Tüten in einem Schrank gefunden. Einmal war es komisch, es war schon richtig, richtig spät, ich glaub, es wurde schon fast wieder hell, wie Mum auf einmal gesagt hat, »jetzt essen wir Schokolade«, was eigentlich nicht gut war, weil wir nicht mehr viel hatten und weil wir eigentlich Jemima was abgeben mussten, aber dann haben wir eine ganze Tafel aufgefuttert. Dann hat Mum echt was Komisches gemacht, sie hat vor den Fenstern rumgetanzt, die Läden hatten wir natürlich zu, sie hat mit dem Finger auf Dads Haus gezeigt und gerufen, »ha ha ha ha«, und es war, wie wenn sie sagt, »ätsch, du kriegst uns nicht«, und dann hab ich es auch gemacht, das hat echt gutgetan, wir sind hin und her gerannt und haben gekichert.
    Am nächsten Abend ist was Schlimmes passiert. Mum ist mal kurz aus dem Wohnzimmer rausgegangen, ich habs nicht mal richtig gemerkt, ich hab Fernsehen geguckt, irgendwas über einen Zug, wie

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