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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Socken machen?«
    »Meinst du etwa unsere Granny? Die seit vier Jahren tot ist?«
    »Hannah! Was hab ich dir gerade erzählt? Spiel einfach mit! Hast du dir die Wegbeschreibung von vorhin nun |84| notiert oder nicht?« Fig wiederholt alles, und diesmal schreibt Hannah es auch wirklich auf, obwohl Fig mit ihrer komischen Stimme so schnell spricht. »Du warst doch schon mal am Cape, oder?«
    »Cape Cod?«
    »Nein, am Kap der Guten Hoffnung. Verdammt, Hannah, was kommt denn hier in Frage?«
    »Tut mir leid«, sagt Hannah. »Ich war noch nie dort. Weiß Henry, wie man hinkommt?«
    »O Hannah, beruhige dich bitte«, sagt Fig. »Hannah, ihre Zeit war gekommen.«
    »Du kannst einem wirklich Angst einjagen.«
    Im Flüsterton erwidert Fig: »Ich erklär’s dir im Auto.« Dann wieder lauter: »Fahr vorsichtig, ja? Bis gleich, Han.«
    »Gib mir noch die Nummer«, sagt Hannah, aber da hat Fig bereits aufgelegt.
     
    Während sie von einer Linie in die nächste umsteigt, um vom Davis Square zur Haltestelle im Westen der Boston University zu gelangen, fällt Hannah ein, dass sie vielleicht ein Taxi hätte nehmen sollen. Zählt von jetzt an jede Minute? Schwebt Fig womöglich in Lebensgefahr? Das Haus der Sigma-Alpha-Epsilon-Verbindung entpuppt sich als Backsteinvilla mit halbrunder Vortreppe, über die ein ebenfalls halbrundes Dach ragt, von dürren ionischen Säulen gestützt. Darauf hocken zwei Typen, einer mit nacktem Oberkörper, auf Gartenstühlen, die fast die gesamte Fläche hinter der schmiedeeisernen Brüstung einnehmen. Hannah legt sich die Hand über die Augen und blinzelt zu ihnen hoch.
    »Entschuldigung«, sagt sie. »Ich suche Henry.« Plötzlich wird ihr klar, dass sie seinen Nachnamen gar nicht kennt. Sie ist ihm nur ein einziges Mal begegnet, vor Monaten, als sie Fig in ihrem Wohnheimzimmer besuchte. Er |85| ist schon im Hauptstudium, zwei Jahre älter als Fig und Hannah. Er sieht gut aus, was zu erwarten war, und ist offenbar ein netter Kerl, was keineswegs zu erwarten war; von Figs Freunden war er der erste, der Hannah persönliche Fragen stellte.
    »Musst uns schon sagen, was Henry verbrochen hat, bevor wir dir verraten, wo er steckt«, sagt einer der beiden. »So ist die Regel.«
    Hannah zögert kurz. »Ich bin die Cousine seiner Freundin – Figs Cousine.«
    »Du bist also Figs Cousine«, wiederholt der Oben-ohne-Typ, und beide Typen lachen. Hannah würde am liebsten sagen:
Es ist ein Notfall
, aber sie weiß ja nicht, ob das stimmt, ohnehin wäre es seltsam, so plötzlich einen ganz anderen Ton anzuschlagen. Die Jungs sind nett, und wenn es ihr nicht gelungen ist, den Ernst der Lage auf Anhieb zu vermitteln, hat sie sich das schon selbst zuzuschreiben.
    Betont heiter sagt sie: »Leider hab ich es furchtbar eilig. Spielt er vielleicht gerade Frisbee?«
    Der Oben-ohne-Typ steht auf, beugt sich über die Brüstung und zeigt nach innen. »Er guckt sich das Spiel an.«
    »Danke.« Hannah steigt schnell die Treppe hinauf. Die Eingangstür ist rot gestrichen und dank einer bräunlichen Plastikmülltonne, die als Stopper fungiert, halb geöffnet. Als Hannah gegen das schwere Holz drückt, hört sie einen der beiden sagen: »Mach’s gut, Figs Cousine.« Das freut sie, offenbar ist sie ihnen nicht komplett humorlos vorgekommen.
    Drinnen ist es dunkler als draußen, und der Fernseher ist riesig. Sie bleibt auf der Schwelle zum Wohnzimmer stehen – ein Typ sieht sich nach ihr um, sieht wieder weg – und mustert die Hinterköpfe von etwa sieben Jungs, die |86| sich auf diverse Stühle und Sofas fläzen. Sie ist sich ziemlich sicher, Henry gefunden zu haben, als sie einige Schritte um das erste Sofa herumgeht. »Henry?«, fragt sie – er ist es tatsächlich. Als er sich umdreht, fährt sie sich mit der Hand über das Schlüsselbein. »Ich bin’s, Hannah«, sagt sie. »Wenn du dich überhaupt noch erinnerst – wir haben uns mal getroffen – bei Fig?«
    Sollte sie mit irgendeiner Reaktion gerechnet haben – zum Beispiel, dass er umgehend aufspringt –, wird sie enttäuscht. »Hey«, sagt er bloß, mit einem fragenden Blick.
    »Kann ich dich kurz sprechen?« Hannah zeigt auf die leere Eingangshalle. »Da draußen?«
    Nachdem sie den Fernsehbereich verlassen haben, baut sich Henry mit verschränkten Armen vor Hannah auf, aber er wirkt nicht abweisend. Er ist etwas über einsachtzig groß, trägt ein schlichtes weißes T-Shirt, blaue Trainingsshorts und Flipflops. Seine Haare sind dunkelbraun, fast schwarz, auch

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