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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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ich gar nicht anders, als meine gewohnte Denkund Schlafposition einzunehmen und mich überrollen zu lassen. Von einer übermächtigen Welle der Verzweiflung, die mich in den Abgrund riß, von einem herzzerreißenden Gram, der sich in einer klagenden Litanei Luft machte.
    Caterina! Mach, daß es nicht wahr ist. Ich will ja stark sein. Ich will leben, und ich werde es schaffen, aber nur, wenn du zu mir hältst. Laß mich nicht im Stich… Und Leo, du Licht meines Lebens, ich habe mich deinem Vater und seiner ganzen Familie widersetzt, die dich lieber abgetrieben hätten, als zuzulassen, daß ein Brunamonti eine Bürgerliche heiratet. Ich hab dir das nie erzählt, denn jung und unerfahren wie du bist, hättest du bloß gesagt: Na hör mal, ich war nicht scharf drauf, geboren zu werden. Warst du aber doch. Ich hab dich gehört. Und jetzt hör du mich, Leo! Bitte, hör mich doch! Laß mich nicht allein in der Finsternis… Patrick, wo bist du? Was geschieht mit mir?
    ›Keiner wird dir helfen.‹ In meiner Not konnte ich das nicht wirklich in Worte fassen, sondern ächzte und grunzte vor mich hin wie ein waidwundes Tier. Ich weiß nicht, wie lange das ging, aber ich muß wohl noch im Schlaf weitergejammert haben, denn einer meiner Wärter – ich glaube, der Fuchs – kam und weckte mich mit Schlägen, weil ich zuviel Krach machte. Wahrscheinlich hat es bis zum nächsten Morgen gedauert, zumindest erinnere ich mich an keine weiteren Mahlzeiten an dem Tag. Mein Gedächtnis setzt erst wieder mit dem nächsten Frühstück ein. Nachts hatte es geregnet, und Erde und Gras waren noch naß, als ich das Tablett wegstellte. Aber schon spitzten die ersten Sonnenstrahlen durch den feuchten Dunst und streichelten meine Stirn. Und ich hörte tatsächlich einen Vogel singen! Ich war jetzt ganz ruhig. Die Entscheidung war gefallen. Ich würde sterben, und das hieß: Ich durfte die Waffen niederlegen. Der Kampf war vorbei, und ich brauchte mich um nichts mehr zu sorgen, konnte mich ganz auf den Augenblick konzentrieren. Nichts war mehr wichtig, außer dem Stückchen Brot, das in meinem Mund weichte, der Sonnenwärme, dem Vogelgezwitscher. Wenn ich etwas bereute, dann nur, daß ich nicht schon früher gelernt hatte, das Leben so unverkrampft anzugehen, ihm in all seinen Erscheinungsformen Wert beizumessen, einschließlich der Probleme und Kümmernisse. Es ist gar kein Kampf, den man gewinnen muß, sondern wer das Glück hat zu leben, der sollte es dankbar genießen.
    Ich blieb gefaßt, obwohl meine Wärter, besonders der Fuchs und der Metzger, äußerst nervös waren und das an mir ausließen. So stieß ich einmal, nach dem Essen in meiner Schüssel tastend, auf eine Reihe glatter, schlanker Metallhülsen: Gewehrpatronen!
    ›Wir dachten, du suchst dir deine Kugel vielleicht lieber selber aus.‹ Ich drehte mich weg, denn der Fuchs hatte dicht an meiner Wange gesprochen, und sein Nikotingeruch war mir zuwider. Sie würden mich also erschießen. Wahrscheinlich an einem Sonntagmorgen, wenn so viele Jäger auf der Pirsch waren, daß ein Schuß mehr oder weniger niemandem auffiel. Für sie wäre das wohl am sichersten. Mit dem Sterben hatte ich mich abgefunden, nur über das Wie hatte ich mir bis jetzt noch keine Gedanken gemacht. Ich wartete, bis der Holzfäller kam, und als er am Morgen meine Kette aufschloß, fragte ich ihn, ob es keine andere Möglichkeit gebe.
    ›Ich habe immer schon furchtbare Angst vor Schußwaffen gehabt. Können Sie es nicht irgendwie anders machen?‹ ›Ich hab das eigens beim Boss durchgesetzt. Er war dagegen, weil das nur an einem Jagdtag geht, aber ich habe ihn überredet, in Ihrem Interesse. Es ist schnell und zuverlässig. Sie werden nicht leiden müssen.‹ ›O doch! Ich werde entsetzliche Angst haben. Und ich will nicht abgeknallt werden wie ein Tier.‹ ›Sie werden die Waffe nicht mal sehen. Vergessen Sie nicht die Augenbinde.‹ ›Aber hören werde ich sie. Ich höre sogar die Jäger, nur ganz schwach, aber ich höre sie. Und Ihre Stimme auch, wenn Sie mir ganz nah sind, das wissen Sie doch.‹ ›Den Schuß werden Sie nicht hören, weil die Kugel schon vor der Detonation die Hirndecke durchschlägt. Sie werden tot sein, bevor es knallt.‹ Ich glaubte ihm, bettelte aber trotzdem so lange weiter, bis er einwilligte, mich mit einem heftigen Schlag auf den Kopf zu betäuben und dann zu erdrosseln oder zu ersticken.
    ›Und Sie machen es selber, ja? Kein anderer wird mich anrühren?‹ ›Es trifft

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