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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Signora«, als er ins Schlafzimmer zurückkehrte und das Höschen in eine mitgebrachte Plastiktüte steckte. Ein Akt, der ihm beinahe ebenso verwerflich erschien wie ihr: Da befummelte ein Wildfremder mit seinen ungelenken Pfoten die Reizwäsche – die ungewaschene Reizwäsche! – ihrer Signora! Er war froh, sich vor ihren Tränen und ihrem Protestgeschrei zurück in den weißen Salon retten zu können.
    Leonardo telefonierte. Er sprach sehr gefaßt, hielt sich aber mit der freien Hand die Stirn. Seine Schwester hockte neben ihm auf der Sofalehne.
    »Schon gut, ich komme hinunter.«
    »Leo, das geht doch nicht. Sei nicht albern, ich werde mich drum kümmern.«
    Doch er hatte schon seine Jacke aufgehoben und schlüpfte so vorsichtig hinein, als würde jede unbedachte Bewegung ihm Schmerzen verursachte. Dann strich er seiner Schwester sanft über den Arm und versuchte sie zu beruhigen. »Wenn sie mich doch brauchen. Ich schaff das schon.« Erst im Aufstehen bemerkte er den Maresciallo.
    »Es tut mir leid…«, sagte er.
    »Nicht doch, ich sehe ja, daß Sie nicht in der Verfassung sind, sich mit mir zu unterhalten. Ich komme wieder, wenn es Ihnen besser geht. Aber wenn Sie mir eine Bemerkung gestatten: Ihre Schwester hat gewiß recht, in Ihrem Zustand können Sie doch unmöglich ausgehen?«
    »Ich will ja nur runter ins Atelier. Sonst können die Leute nicht weiterarbeiten. Wollen Sie mich hinunterbegleiten?«
    »Selbstverständlich.« Und sei es nur, um ihn im Notfall aufzufangen. Der Maresciallo hatte noch nie jemanden erlebt, der so käsig aussah und sich trotzdem auf den Beinen hielt. Und nun strebte Leonardo, wenngleich etwas wackelig, auch noch auf die breite Freitreppe zu.
    »Wollen Sie nicht wenigstens den Aufzug nehmen?«
    »Tut mir leid, aber die Geräusche, das Rütteln… ich kann nicht.«
    Sie schafften es die Treppe hinunter, aber als sie über den Hof gingen, stockte der junge Mann auf der Höhe des Springbrunnens und schwankte so, daß der Maresciallo ihn stützen mußte.
    »Meine Mutter… ach Gott, ich weiß nicht mehr, was richtig ist…«
    »Es wird alles wieder gut. Wenn Sie auf mich hören. Wenn Sie mir vertrauen.«
    Erst jetzt merkte der Maresciallo, daß er mit sich selber sprach. Die tiefliegenden Augen des jungen Mannes sahen blicklos an ihm vorbei. Er hörte nichts mehr und konnte sich offenbar nicht bewegen.
    »Helfen Sie mir…«
    »Aber ich bin ja hier, um Ihnen zu helfen, so glauben Sie mir doch…«
    »Nein, nein: einen Krankenwagen!« Er kippte vornüber ins Gras und erbrach sich. Dann sank er sachte und stumm auf dem breiten Steinsockel des Brunnens zusammen.
    »Und wie geht’s ihm jetzt? Hast du schon was gehört? Ach, Salva, sei so gut und mach die Flasche auf, wenn du schon mal dastehst, ja?«
    Teresa schob ihm den Korkenzieher hin, und der Maresciallo griff nach dem Hals der strohummantelten Korbflasche. »Kurz vor Dienstschluß hab ich im Krankenhaus angerufen. Die sagen, er ist bewußtlos und wird vor morgen nicht wieder zu sich kommen.«
    »Armer Junge! Ich hab gar nicht gewußt, daß Migräne so schrecklich sein kann.«
    »Als der Krankenwagen kam, war er praktisch blind und hatte kein Gefühl mehr in Händen und Füßen. Die dachten auch an was viel Schlimmeres, aber zum Glück hatte seine Schwester mir erklärt, was mit ihm los ist.«
    »Wie ist sie denn so, die Contessina? Geh mir aus dem Weg, Salva, ich muß an den Ausguß. Ist sie auch so eine Schönheit wie ihre Mutter?«
    »Schön ist sie, ja, aber anders.«
    »Wie sagtest du gleich, daß sie heißt?«
    »Gar nichts hab ich gesagt. Ich kann ihren Namen nicht behalten. Du erinnerst dich also auch an die Contessa? Dabei hast du doch noch daheim in Sizilien gewohnt, als sie hier in Florenz bei den Modenschauen aufgetreten ist.«
    »Ja, aber ich hab sie beim Friseur gesehen.«
    »Was?«
    »Nein, reg dich nicht auf, ich habe nicht dein ganzes Gehalt zu einem der Starfigaros getragen, bei denen eine Dame wie die Contessa sich die Haare machen läßt. Nein, ich hab sie in den Illustrierten gesehen, als ich unter der Haube saß… besonders an eine Zeitschrift erinnere ich mich, die einen großen Bildbericht über sie brachte… du weißt schon: ›Prominente ganz privat‹, so was in der Art. Auf einem Foto sah man sie – sehr dezent im hellbeigen Kaschmirkostüm – auf einem weißen Leinensofa in einem ganz und gar weißen Zimmer, mit einem Hündchen neben sich. Und ich weiß noch genau, was ich damals dachte: einmal, daß

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