Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
eine Lüge. Oder seine letzten Worte waren eine Lüge gewesen. Das eine oder das andere, denn diese beiden Realitäten konnten nicht zugleich in einem Universum existieren.
Der große Mord.
Dom zog sein Handy aus der Tasche und tippte die Nummer seines Bruders ein, und er betete und betete, dass er nicht wieder an die Mailbox verwiesen wurde. Lange, qualvolle Sekunden hörte er gar nichts, dann läutete es.
Komm schon, Ry. Komm … Ry würde wissen, was zu tun war. Vielleicht hatte ihr Vater recht, vielleicht begriff Dom das Böse nicht wirklich, aber Ry begriff es. Ry O’Malley hatte jahrelang in nächster Nähe mit ihm gelebt.
Das Telefon läutete und läutete. Barmherziger Gott im Himmel, bitte …
Das Läuten endete abrupt, und Dom sank vor Erleichterung beinahe zu Boden. Aber als sich die Computerstimme meldete, löste er die Verbindung.
Er hätte beinahe eine große Dummheit begangen. Ry musste es erfahren, er musste gewarnt werden, aber nicht so. Waren Handys nicht wie Zweiwegfunkgeräte? Jeder konnte mithören.
Also denk nach, Dom, denk nach …
Er konnte nicht ewig in dieser Toilette eingesperrt bleiben. Draußen im Flur hörte er tiefe Stimmen, raues Gelächter. Er öffnete die Tür einen Spalt. Ein junger Mann mit einem bis zur Hüfte eingegipsten Bein verließ das Krankenhaus, umgeben von einer lärmenden Gruppe uniformierter Polizisten. Kräftige, brutal aussehende Typen waren das, mit Waffen an den Hüften.
Pfarrer Dom schloss sich ihnen an.
Einen Block entfernt vom Krankenhaus gab es ein Irish Pub, eine Lieblingskneipe der Sanitäter, deren Schicht zu Ende war. Der Barkeeper runzelte beim Anblick des weißen Kragens leicht die Stirn, aber er gab Dom Wechselgeld für zwanzig Dollar und deutete zu dem Münztelefon im Flur zur Küche, gleich neben den Toiletten.
Es war dunkel dort hinten und stank nach schalem Bier und Fett, aber Dom bemerkte es kaum. Er tippte die Festnetznummer seines Bruders ein. Er rechnete nicht damit, dass Ry da sein würde, aber es war eben eine Festnetznummer mit einem Anrufbeantworter. War das sicherer als ein Handy? Egal. Ry musste gewarnt werden.
Während er auf das Läuten am anderen Ende wartete, rieb er sich das Gesicht; es war nass vor Tränen.
Dann Rys Stimme, hart und ohne Umschweife: » Hinterlassen Sie eine Nachricht.«
Dom packte das Telefon fester. Über das Hämmern seines Herzens hinweg hörte er den Piepton.
» Ry? Es ist wegen Dad. Er ist tot und…« Dom unterdrückte ein Schluchzen, dann presste er die Handballen an die Stirn und versuchte, sich zusammenzureißen. Du bist ein erwachsener Mann, Herrgott noch mal, und Michael O’Malleys Sohn, also solltest du wirklich mehr aushalten.
Er holte tief Luft und atmete langsam aus. Ja, so war es besser. Er hörte, wie hinter ihm eine Tür auf- und zuging, Absätze klapperten über den Holzboden, und er fuhr herum. Erst sah er nur schwarze Stilettos, dann blitzte ein roter Haarschopf auf.
Er ließ das Telefon fallen. Es knallte an die Wand, aber das Geräusch war nicht so laut wie das Klopfen seines Herzens. Er sah die Frau aus dem Halbdunkel kommen. Es war nicht die Ärztin aus dem Krankenhaus, die hier war älter und nicht so hübsch. Er hätte sich fast übergeben vor Erleichterung.
Sie ging an Dom vorbei, offenbar ohne ihn zu sehen. Er wischte sich die schweißnasse Hand an der Hose ab und griff wieder zum Telefon.
» Ry?«
7
Washington D. C.
Die beiden Männer in ihrem Designerzwirn und den maßgefertigten Schuhen überquerten rasch die Straße, bei Rot, nur damit sie ihm auf dem schmalen Gehsteig nicht frontal begegneten. Ry O’Malley winkte ihnen zu, dann lachte er in sich hinein, als sich die beiden nicht entscheiden konnten, ob sie zurückwinken oder lieber Reißaus nehmen sollten.
Er wusste, er sah zum Fürchten aus, ein richtig übler Typ mit seinen langen Haaren, den Tätowierungen und der schwarzen Motorradjacke. Dieser Teil von Columbia Heights liebäugelte seit Jahren mit der Sanierung, aber es blieben noch genügend Widerstandsnester der Armut und des Verbrechens, sodass die Frage, wie man an die Erlaubnis kam, eine Schusswaffe zu tragen, Gesprächsthema Nummer eins auf Cocktailpartys war.
Als Ry um die Ecke bog, hörte er hinter sich das Stottern eines Motors, der dringend in die Werkstatt musste. Es wurde gerade dunkel, und er blieb unter einer Straßenlampe stehen und holte eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug aus der Tasche. Er rauchte nicht, aber das Ritual, stehen zu
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