Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
sich, aber er bekam ihn nicht los. Er hörte die Frau lachen und wartete darauf, dass ihn eine weitere Kugel traf und tötete.
Er nahm die Hände zu Hilfe und befreite sich schließlich aus dem Vorhang, dann rannte er durch das Mittelschiff der leeren Kirche zum Hauptportal, das eigentlich offen sein sollte, aber verschlossen war.
Die Stimme der Frau hallte durch den riesigen Raum. » Sie sind alle abgesperrt, Hochwürden. Es gibt keinen Weg nach draußen, außer himmelwärts… oder vielleicht auch nicht.«
Dom rannte zwischen den Kirchenbänken hindurch zu einer Seitenkapelle, in der Gestelle mit brennenden Votivkerzen standen, und warf sich gegen die Tür, die in die Sakristei führte.
» Ebenfalls Fehlanzeige, Hochwürden. Wenn ich sage, sie sind alle zu, meine ich alle. Ich bin in dieser Beziehung sehr tüchtig.«
Er saß in der kleinen Seitenkapelle in der Falle. Sie kam aus dem Hauptraum der Kirche auf ihn zu, die Waffe hielt sie jetzt seitlich am Körper. Er konnte noch immer nicht ihr ganzes Gesicht sehen, nur diesen lächelnden roten Mund.
» Was für ein Ungeheuer sind Sie nur?«
» Wie können Sie so etwas Gemeines sagen? Mir gefällt nur zufällig, was ich tue. Die meisten Leute hassen ihre Arbeit, und ich denke, das trägt nicht wenig zu dem sündhaften Treiben bei, mit dem Sie sich als Priester herumschlagen müssen.«
Dom sah sie kommen, er überlegte fieberhaft. Blut lief an seinem Hals hinab von dem Streifschuss am Kopf, er sah es auf den Marmorboden tropfen.
» Wohingegen ich«, fuhr sie fort, » puristisch bin in allem, was ich tue. Ficken, zum Beispiel. Oder töten.«
» Warten Sie!«, rief Dom. » Okay, okay, Sie haben recht. Ich habe den Film nicht, aber damit bin ich weniger eine Bedrohung, nicht mehr. Kommen Sie, selbst wenn ich reden würde, wer sollte mir glauben? Sie müssen das nicht tun.«
Sie schüttelte den Kopf. » Also wirklich, Hochwürden. Sie kapieren es einfach nicht, oder? Aber Jammerlappen wie Sie kapieren es nie. Es spielt keine Rolle, dass Sie ein netter Mensch sind, dass Sie es nicht verdient haben zu sterben. Egal, wie viel Sie winseln und betteln, es hält Leute wie mich nicht auf. Eine Waffe hält uns manchmal auf, aber so eine haben Jammerlappen leider nie.«
Sie war jetzt dicht vor ihm und stieg auf ihren hohen, spitzen Absätzen durch sein Blut auf dem Boden. Dom sah ihre Hand nach oben kommen. Er packte den schweren bronzenen Kandelaber vom Altar der Kapelle und schleuderte ihn an ihren Kopf.
Sie riss die Arme hoch, um sich zu schützen, rutschte in dem Blut aus und griff, nach Halt suchend, nach einem der eisernen Gestelle mit Votivkerzen. Das windige Gestell gab unter ihrem Gewicht nach, und sie stürzte kopfüber mitten in die Reihen der brennenden Kerzen.
Dom lief los. Er war fast an ihr vorbei, als er ein Zischen hörte und Flammen aus dem Augenwinkel auflodern sah.
Ihre furchtbaren Schreie ließen ihn stehen bleiben. Er drehte sich um und sah den Strohhut und die braune Perücke auf dem Boden neben ihr brennen. Und sie schrie nicht mehr, sie lachte. Ihr Haar war rot wie Messwein.
Sie hob die Waffe und zielte auf seine Stirn. » Sie hätten weiterlaufen sollen.«
8
Nördliches Virginia
Ry O’Malley hielt am Straßenrand und stellte den Motor ab. Er war so tief im ländlichen Virginia, dass er nichts hörte als den Wind in den Kiefern. Ein leichter Bodennebel trieb wie ein altes graues Stoffband an den Fenstern vorbei.
Er schaute auf die Benzinanzeige. Der Tank, der kaum mehr ein Viertel voll gewesen war, als er den Cadillac gestohlen hatte, war so gut wie leer. Er konnte Benzin mit auf die Liste der Dinge setzen, die er dringend brauchte, wenn er am Leben bleiben wollte. Als er aus seinem Wohnzimmerfenster gesprungen war, hatte er gerade mal dreiundsechzig Dollar in der Brieftasche gehabt und ein paar Kreditkarten, die jetzt wertlos waren, denn wenn er sie benutzte, konnte er ebenso gut einen riesigen, neongrün blinkenden Pfeil über seinem Kopf anbringen.
Dad ist tot, und jetzt werden sie sich uns vorknöpfen, weil er etwas getan hat, das …
Tja, da hast du wohl recht gehabt, Dom. Aber wer sind sie ?
Ry schaltete die Innenbeleuchtung ein und sah zu dem Anrufbeantworter auf dem Beifahrersitz. Wenigstens hatte er eine Batterie, sodass er keine Steckdose brauchte, um sich die restliche Nachricht seines Bruders anzuhören. Doch sein Zeigefinger zögerte über dem Abspielknopf.
Dad ist tot …
Der Schmerz über den Tod seines Vaters
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