Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
drin.«
»Hat sie euch etwas von ihren Ermittlungen erzählt?«
Bruno Gerster schüttelte den Kopf. »Sie sagt nichts darüber, und sie hat Rückendeckung von ganz oben. Habe vom LKA einen Rüffel bekommen, ich solle dies respektieren.« Er tippte sich an die Schläfe. »So kann man doch keinen Mord aufklären. Aber das ist jetzt Ihre Sache. Nehmen Sie die Lady mit. Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
Paul nickte. »Danke, kann ich brauchen. Kann ich auf Sie zählen, wenn ich hier vor Ort Unterstützung benötige?«
Gerster zuckte mit den Achseln. »Schwer zu sagen. Ich habe einen Berg Akten und zwei aktuelle Fälle auf dem Tisch, und man hat mir bedeutet, dass ich nicht mehr zuständig bin. Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen.«
Paul reichte Gerster die Hand. »Alles klar, vielen Dank.« Dann öffnete er die Tür zum Verhörraum. »Na dann mal raus hier, Tigerin. Sie können es doch kaum erwarten, Ihre Ermittlungen wieder aufzunehmen!«
Eine halbe Stunde später lenkte Paul seinen Dienstwagen durch das Eingangsportal der Seniorenresidenz Burgblick. Lisa Wilke hatte mittlerweile aufgehört, sich darüber zu beschweren, dass er sie begleitete, um mit Jakob Kratz zu sprechen. Paul parkte vor dem Haupteingang und stieg aus. Eine sehr alte Dame kam langsam auf ihn zu. »Junger Mann, hier können Sie aber nicht stehen bleiben.«
»Doch, kann ich«, sagte Paul lächelnd. »Ich bin von der Polizei. Ich darf überall stehen bleiben.«
Die Alte sah an Paul hoch und schüttelte den Kopf. »Nee, das stimmt nicht. Sie tragen keine Uniform, und das Auto ist auch nicht richtig.«
»So was brauch ich nicht, Mütterchen«, grinste Paul und zeigte ihr das Holster, in dem seine Walther P99 steckte. Er zog die Waffe halb heraus, sodass die Frau sie sehen konnte. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und lachte. »Nee, das gibt’s doch nicht.« Kopfschüttelnd und leise vor sich hin kichernd ging die Alte weiter.
Lisa Wilke sah der Frau noch verwundert nach, als Paul bereits in das Gebäude eingetreten war.
Lorenz streckte seine müden Beine aus. Die Nachmittagssonne schien mild in den Garten der Seniorenresidenz. So machte es nichts aus, dass er eben nach dem Duschen vergessen hatte, seine Haare trocken zu föhnen. Der lange Spaziergang steckte ihm in den Knochen, und er wusste, dass er es am nächsten Tag erst so richtig spüren würde. Doch die Schmerzen in seinen überlasteten Beinen interessierten ihn im Moment überhaupt nicht. Seine Aufmerksamkeit, die er durch das Recken seiner Glieder in der Sonne zu verbergen suchte, richtete sich ganz und gar auf den alten Mann, der ruhigen Schrittes die parkähnliche Anlage durchmaß. Jakob Kratz schien nichts um sich herum wahrzunehmen, doch Lorenz hatte das Gefühl, dass dieser Alte ebenso unauffällig aufmerksam war wie er selbst. Darum murmelte er leise: »Der erfahrene Ermittler hatte ein untrügliches Gespür dafür, wenn er auf einen Menschen traf, der ebenso hellwach war wie er selbst.«
Und so wunderte sich Lorenz auch nicht, als Jakob Kratz aus seiner scheinbaren Versunkenheit auftauchte und die beiden Personen scharf musterte, die aus dem Schatten des Gebäudes traten und auf ihn zusteuerten. Lorenz erkannte sofort die riesenhafte Gestalt von Paul Gedeck, dem Freund seiner Enkelin. Und auch die Frau, die ihn begleitete, hatte er schon einmal gesehen. Er wusste, dass es sich um die wegen Mordverdachts verhaftete Lisa Wilke handelte, die offensichtlich schon wieder auf freiem Fuß war. Lorenz drehte sich weg, um nicht von Paul erkannt zu werden. Als die beiden den alten Kratz erreicht und ein Gespräch mit ihm begonnen hatten, stand Lorenz auf und trat hinter einen Baum. So konnte er aus seiner Deckung heraus beobachten, wie die drei den Garten verließen und ins Haus gingen. Lorenz war sicher, dass das Zimmer des Alten ihr Ziel war, und folgte ihnen vorsichtig.
»Kommissar Wollbrand wusste, dass er nun hoch konzentriert würde zu Werke gehen müssen, um diese Chance nicht zu versaubeuteln.«
Er ging langsam in den Wohntrakt der Seniorenresidenz und steuerte den Bereich an, in dem er das Domizil Jakob Kratz’ wusste. Als er das Zimmer erreicht hatte, legte er ein Ohr an die Tür und lauschte angestrengt. Und tatsächlich konnte er leise, aber deutlich ein Gespräch vernehmen, welches sich dort entspann.
»Sie müssen verstehen, dass ich nur wegen Herrn Kratz hier sein kann«, hörte er eine Frauenstimme sagen. »Ohne ihn habe ich wenig Chancen, vor Ort etwas
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