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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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denen soll sie gewohnt haben. Mrs Griffin wird sicher Genaueres wissen. Kennen Sie Mrs Griffin?«
    »Flüchtig. Bei ihr bin ich heute Nachmittag zum Tee eingeladen. Ich habe auf dem Basar mit ihr gesprochen. Da habe ich sie kennen gelernt.«
    »Sie ist sehr alt, viel älter, als sie wirkt, aber sie hat ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Ich glaube, einer von den Parkinson-Jungen war ihr Patenkind.«
    »Wie heißt er mit Vornamen?«
    »Alec, wenn ich mich richtig erinnere. Alec oder Alex.«
    »Was ist aus ihm geworden? Ist er weggezogen, als er erwachsen war, zur Armee gegangen oder zur Marine?«
    »Nein. Er ist gestorben und muss hier beerdigt worden sein. Es war so ein Fall, über den keiner Genaueres wusste. Es hat was mit einem Namen zu tun.«
    »Meinen Sie eine Krankheit?«
    »So was wie Hodgkin, ja. Ich kenne mich nicht so aus – das Blut bekommt eine falsche Farbe. Heute zapft man, glaube ich, das Blut ab und gibt ihnen dafür frisches. Auch dann soll man noch dran sterben. Mrs Billings – vom Schokoladengeschäft, wissen Sie – hatte eine kleine Tochter, die dran gestorben ist. Sie war erst sieben. Es heißt, sie sterben sehr jung.«
    »Leukämie?«, fragte Tuppence.
    »Was, das wissen Sie? Ja, das war’s. Ich bin ganz sicher. Angeblich kann jetzt jeden Tag ein Mittel dagegen entdeckt werden. Wie sie einen heute ja auch gegen Typhus impfen.«
    »Das ist sehr interessant«, sagte Tuppence. »Armer kleiner Kerl!«
    »Och, er war gar nicht mehr so jung. Ich glaube, er ging irgendwo zur Schule. Er muss dreizehn oder vierzehn gewesen sein.«
    »Trotzdem ist es sehr traurig.« Tuppence hielt inne und rief dann: »Du meine Güte, jetzt komme ich zu spät. Ich muss mich beeilen.«
    »Sicherlich kann Ihnen Mrs Griffin was erzählen. Sie war als Kind schon hier und hat viel gehört. Sie erzählt oft von Leuten, die früher hier gelebt haben. Und was es da für Skandale gegeben hat. Was alles passiert ist.«
    Beatrice fiel es schwer, sich von ihrer Arbeitgeberin zu trennen, jetzt, da das Thema gerade interessant wurde.
    »Nun, ich glaube, die Mädchen waren früher sehr brav, sie wurden streng erzogen und haben jung geheiratet, manchmal auch Adlige.«
    »Wie schön!«, rief Beatrice. »Da gab’s feine Kleider, Pferderennen und viele Bälle.«
    »Ja, sicher.«
    »Ich hab mal ein Mädchen gekannt, deren Großmutter war Hausmädchen in so einem vornehmen Haus. Alle sind gekommen. Wissen Sie, der Prinz von Wales auch. Später wurde er Edward VII. Er soll schrecklich nett gewesen sein, zum ganzen Personal und allen Leuten. Als sie wegging, hat sie das Stück Seife mitgenommen, mit dem er sich gewaschen hat. Sie hat es aufgehoben und uns Kindern gezeigt.«
    »Das war sicher sehr aufregend. Es muss überhaupt eine interessante Zeit gewesen sein. Vielleicht hat er sogar mal im Lorbeerhaus gewohnt.«
    »Nein, ich glaube nicht. Das hätte ich bestimmt gehört. Hier waren nur die Parkinsons, keine Gräfinnen und Lords und Ladys, sondern Kaufleute. Sehr reich, wissen Sie, und was so dazugehört, aber viel Aufregendes ist an Kaufleuten nicht dran, was?«
    »Je nachdem«, meinte Tuppence und fügte hinzu: »Ich glaube, ich muss jetzt…«
    »Ja, es wird wirklich Zeit, Madam.«
    »Jedenfalls, vielen Dank. Ich glaube, ich setze lieber keinen Hut auf. Mein Haar ist schon unordentlich genug.«
    »Ja, Sie haben den Kopf in die Ecke gesteckt, wo noch so viele Spinnweben waren. Ich werde sie sofort wegmachen, falls Sie da wieder suchen müssen.«
    Tuppence lief die Treppe hinunter.
    Alexander ist hier auch hinuntergerannt, dachte sie. Sicher sehr oft. Und er wusste, dass es einer »von ihnen« war. Ich würde zu gern wissen, was damals passiert ist. Zu gern!

8
     
    » I ch freue mich sehr, dass Sie und Ihr Mann hierher gezogen sind, Mrs Beresford«, sagte Mrs Griffin, während sie Tee einschenkte. »Nehmen Sie Milch, Zucker?« Sie bot ihr eine Platte mit Brötchen an und Tuppence bediente sich.
    »Auf dem Land ist es so wichtig, nette Nachbarn zu haben, mit denen man sich versteht. Waren Sie früher schon in unserer Gegend?«
    »Nein, nie«, sagte Tuppence. »Wir haben natürlich viele Häuser besichtigt, die uns von Maklern empfohlen wurden. Die meisten waren ziemlich schrecklich, aber das ist wohl immer so. In einer Beschreibung nannte man es zum Beispiel: ›mit altmodischem Charme‹.«
    »Ja, das kenne ich«, sagte Mrs Griffin. »›Altmodischer Charme‹ bedeutet meistens, dass man das Dach neu decken muss und alle Wände feucht

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