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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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stand ein Junge von vielleicht zwölf oder dreizehn Jahren. Er war ziemlich verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Hoffentlich ist es Ihnen recht, dass ich gekommen bin.«
    »Warte mal«, sagte Tuppence, »du bist Henry Bodlicott, stimmt’s?«
    »Stimmt. Es war mein – ja, er war mein Großvater, um den es bei der Untersuchung gestern ging. Ich war vorher noch nie bei so was.«
    Beinahe hätte Tuppence gefragt, ob es ihm Spaß gemacht hatte? Henry sah wie jemand aus, der darauf brannte, ein spannendes Erlebnis zu schildern.
    »Ist es nicht eine tragische Geschichte?«, sagte sie. »Es hat uns so leidgetan.«
    »Ach, er war ja schon sehr alt«, meinte Henry. »Viel länger hätte er es bestimmt nicht mehr gemacht. Glaube ich wenigstens. Im Herbst hat er immer so gehustet, dass kein Mensch schlafen konnte. Ich bin bloß gekommen, um zu fragen, ob ich Ihnen helfen kann. Ich habe gehört – Mama hat mir erzählt –, dass bei Ihnen der Salat versetzt werden muss, und ich dachte, dass ich das für Sie tun könnte. Ich weiß, wo die Beete sind, weil ich manchmal den alten Isaac besucht habe, wenn er hier gearbeitet hat. Ich könnte das jetzt machen, wenn’s Ihnen recht ist.«
    »Das ist aber nett von dir«, sagte Tuppence. »Komm und zeig es mir.«
    Sie gingen zusammen durch den Garten zu den Salatbeeten.
    »Sehen Sie, die Pflanzen stehen zu dicht, die muss man pikieren und den Rest da drüben pflanzen, wo mehr Platz ist.«
    »Von Salat verstehe ich nicht viel«, gab Tuppence zu. »Über Blumen weiß ich ein bisschen Bescheid, aber von Erbsen, Rosenkohl, Salat und überhaupt von Gemüse verstehe ich nichts. Du suchst wohl nicht zufällig einen Job als Gärtner!«
    »Nein, ich gehe nämlich noch zur Schule. Ich trage Zeitungen aus und im Sommer arbeite ich bei der Obsternte, wissen Sie.«
    »Aha. Aber wenn du von jemand hörst, gibst du mir Bescheid, ja? Ich wäre dir sehr dankbar.«
    »Klar, mache ich. Also dann, Wiedersehen!«
    »Halt, zeig mir noch, was du mit den Salatpflanzen machst. Ich möchte es lernen.«
    Sie wartete und beobachtete, wie Henry Bodlicott die zarten Pflanzen pikierte.
    »So, sehen Sie? Schöne kleine Pflanzen, was? Ist das nicht Webbs Salatwunder? Die Sorte hält sich lange.«
    »Tom Thumbs haben wir auch.«
    »Ah, ja, das ist die kleine frühe Sorte, nicht? Knackig und gut.«
    »Nochmals vielen Dank, Henry.«
    Tuppence wandte sich ab und schlenderte auf das Haus zu. Kurz darauf merkte sie, dass sie ihren Schal verloren hatte, und kehrte um. Henry, der sich gerade auf den Heimweg machen wollte, sah sie und kam auf sie zu.
    »Ich suche meinen Schal. Oh, da ist er ja, dort an dem Busch.«
    Er reichte ihn ihr, stand wieder stumm da und scharrte verlegen mit den Füßen. Er wirkte so linkisch und schüchtern, dass Tuppence sich fragte, was er wohl auf dem Herzen haben könnte.
    »Hast du was?«
    Henry trat von einem Fuß auf den anderen und rieb sich die Nase.
    »Ach – ich dachte, ob Sie – ob ich…«
    »Ja?« Tuppence sah ihn fragend an.
    Henry wurde rot und konnte die Füße nicht stillhalten.
    »Ich wollte nicht – ich möchte Sie was fragen, aber ich dachte – ja, weil die Leute – sie haben gesagt…«
    »Ja, was denn?« Tuppence überlegte, warum Henry so aufgeregt war und was er über die neuen Besitzer des Lorbeerhauses gehört haben konnte. »Also – raus mit der Sprache!«
    »Ach, nur dass – dass Sie die Dame sind, die im Zweiten Weltkrieg Spione gefangen hat. Sie und Ihr Mann auch. Sie sollen einen deutschen Spion gefunden haben, der sich als was anderes ausgegeben hat. Sie sollen lauter aufregende Abenteuer erlebt haben – und am Ende wurde alles aufgeklärt. Ich meine, Sie waren – ich weiß nicht, wie man das nennt –, ich meine, Sie haben zum Geheimdienst gehört und so was wirklich gemacht, und man behauptet, Sie wären großartig gewesen. Das ist jetzt schon lange her, aber Sie hatten damit zu tun – und es war dabei auch von Märchen die Rede.«
    »Das ist ganz richtig. Es ging um Rotkäppchen und den bösen Wolf.«
    »Das kenne ich natürlich. Aber es ist schon lange her, dass ich es gelesen habe.«
    »Und es ging um Kinderreime. ›Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Galopp.‹ Das war einer davon, aber es gab auch noch andere.«
    »Nicht zu fassen«, sagte Henry. »Klasse, dass Sie jetzt hier wohnen, als wären Sie ganz gewöhnliche Leute. Aber ich begreife die Geschichte mit den Kinderreimen nicht ganz.«
    »Ach, das war ein Code, eine Art Geheimschrift,

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