Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
Grinsen und entblößte kleine spitze Zähne vor einem dunklen Schlund.
Im letzten Augenblick fand Tobias zu seiner Schnelligkeit zurück. Als ihm der Geruch des Clowns entgegenschlug, erschauderte sein Körper vor Abscheu und Angst. Mit einem Satz wich er der Attacke aus, stieß sich von der Wand ab und landete hinter seinem Angreifer.
Er rannte los.
Schneller als je zuvor.
So schnell, dass seine nackten Fußsohlen auf dem Teppichboden ganz heiß wurden.
Hinter ihm hörte er den keuchenden Atem seines Verfolgers, doch dank seiner Alteration wurde der Abstand zwischen ihnen immer größer.
Ein lauter Knall zerriss ihm fast das Trommelfell, und im nächsten Moment wickelte sich ein Lederriemen um seinen Knöchel und schleuderte ihn in die Luft.
Tobias krachte mit dem Kopf gegen die Wand, fiel hin und schlitterte ein paar Meter über den Boden.
Vor ihm stand ein wahrer Koloss. In der Hand hielt er die Peitsche, mit der er Tobias am Fuß erwischt hatte.
Der Dicke trug einen mit Gold bestickten roten Mantel und auf dem Kopf einen Zylinder. Er stierte ausdruckslos vor sich hin, als wäre er tot. Aus seinem Mund rann Geifer.
Unter dem Mantel wölbte sich ein mächtiger Bauch. Das Hemd platzte auf, und aus dem Unterleib des Dompteurs formte sich ein haarloser Löwenkopf. Er riss das leider allzu wirkliche Maul voller scharfer Reißzähne auf und glitt aus dem grauenhaften Körper heraus, um sich auf seine Beute zu stürzen.
Der Mann zog Tobias mit der Peitsche näher zu sich heran. Das Ungeheuer wollte ihn verschlingen.
Tobias schrie.
So laut er konnte.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Clown herbeirannte, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Was für ein Alptraum. Gleich würde er in seinem Zimmer aufwachen. All das konnte nur ein böser Traum sein.
Sein Blick fiel auf einen rotgrünen Papagei, der oben auf dem Rahmen eines Spiegels saß und ihn beobachtete. Der Vogel schien großen Spaß an der Szene zu haben.
Da zerschnitt eine silberne Klinge die Luft.
Der Riemen um Tobias’ Knöchel lockerte sich.
Abermals sauste die Klinge herab und hackte das Maul des Löwen entzwei. Ein rotbrauner Brei tropfte auf den Teppichboden.
Matt sprang in den Lichtkegel des Pilzes und stellte sich schützend vor Tobias.
Der Clown, der gerade noch auf ihn zugerannt war, blieb wie angewurzelt stehen. Sein angewiderter Gesichtsausdruck wirkte wie eine Parodie.
»Du hast W umgebracht!«, rief er mit rauher Stimme. »Verfluchter Bengel! Z wird dir eine Lektion erteilen! Z wird dir die Augen auskratzen!«
»Hör auf, das Alphabet vorzusagen«, erwiderte Matt. »Komm lieber her und miss dich mit meinem Schwert.«
Tobias war hin und weg. Obwohl er vor Angst zitterte, war er voller Bewunderung. Wie mutig! Wie schlagfertig! Matt war einfach beeindruckend. Eins war sicher: Seine Worte würden ihm immer im Gedächtnis bleiben.
Falls sie lebend aus dem Schloss rauskamen.
Der Clown wich dem Schwert geschickt aus. Er bewegte sich unglaublich geschmeidig und entging zwei weiteren Attacken, bevor er Matt völlig unerwartet eine Hand um den Hals legte.
Seine Fingernägel bohrten sich tief in die Haut des Jungen.
Matt packte seinen Gegner auf dieselbe Weise und drückte zu, so fest er konnte.
Im ersten Moment riss der Clown überrascht die Augen auf, doch dann wurde sein Hals immer länger und dünner, und sein Kopf stieg wie ein Luftballon zur Decke. Matt hatte nicht mehr viel zwischen den Händen.
Ein höhnisches Gelächter erklang aus dem grauenhaften Mund.
Tobias musste handeln, um seinen Freund zu retten.
Er wollte sich gerade auf die Gruselgestalt stürzen, da sah er fünf weitere Clowns schweigend durch den dunklen Flur auf sie zukommen. Dazu hangelte sich ein Dutzend Affen wie bösartige Spinnen an den Wänden entlang. Ihre Lippen entblößten glänzende Zähne.
Sie waren verloren.
Ihnen blieb nur die Flucht.
Da hatte Tobias eine Idee. Am anderen Ende des Flurs befand sich in einem verglasten Kasten eine Axt für Notfälle. Der Clown mochte beweglich sein, aber so weit konnte er sich sicher nicht strecken!
Tobias wirbelte herum und stand einem Löwen gegenüber.
Aus seinem aufgerissenen Maul schlug ihm übler Gestank entgegen.
Flankiert war die Bestie von vier weiteren Löwen, und hinter ihnen stand ein Dompteur.
Der Löwe entblößte messerscharfe Reißzähne und wollte gerade zuschnappen, als etwas Unerwartetes geschah.
Plusch raste herbei, verbiss sich im Nacken des Untiers und donnerte es mit voller Kraft
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