ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
Aber seit zwei Tagen war ihm klar, dass sie nicht mehr länger warten durften. Die Zeit spielte zugunsten der Pans. Noch stellte die Alteration keine wirkliche Bedrohung dar, allerdings musste er die drei Rädelsführer ausschalten, um sicherzugehen, dass sie den Zyniks nicht in die Quere kamen. Ambre, weil sie die anderen über die Alteration aufklärte. Matt, weil er sie schon recht gut beherrschte, wie er das bei dem fehlgeschlagenen Attentat bewiesen hatte. Und Tobias ganz einfach, weil er die ganze Zeit mit ihnen herumhing und garantiert zu viel wusste.
Der Verräter dachte an den gescheiterten Anschlag mit dem Kronleuchter zurück. Eigentlich hatte er seinen Plan für wasserdicht gehalten. So wäre er Doug ein für alle Mal losgeworden. Inzwischen war Doug nicht mehr das größte Problem, aber damals war er der gefährlichste Pan auf der Insel, denn er war derjenige, dem alle gehorchten und zuhörten. Sein Tod hätte nützliche Verwirrung gestiftet und den Einmarsch leichter gemacht. Doch als Matt vor aller Augen seine außergewöhnliche Körperkraft vorgeführt hatte, war dem Verräter klargeworden, dass er sich zuerst um ihn und seine beiden Freunde kümmern musste.
Und jetzt bot sich die perfekte Gelegenheit. Das Trio war zu übereifrig. Es hatte sich hier getroffen, um nicht belauscht zu werden, aber zu seinem Glück brachten sie sich damit genau in seine Schusslinie. Und er hatte nicht vor, sie in aller Ruhe einen Plan schmieden zu lassen. Die Alteration musste auf immer und ewig ein Geheimnis bleiben. Die Zyniks würden rechtzeitig losmarschieren können, ehe die Pans ihre Kräfte beherrschten.
Wenn es ihm gelang, sie jetzt zu töten, würde er der Armee das Zeichen zum Angriff geben. Dann hätten sie leichtes Spiel auf der Insel. Er zielte sorgfältig, hielt den Atem an – im Ferienlager hatte er schon als Kind Bogenschießen gelernt – und ließ die Sehne los. Der erste Pfeil bohrte sich in Matts Rücken. Diesmal trug er keine schusssichere Weste. Der Pfeil drang tief in seinen Körper ein, bis zum Herzen, und Matt kippte nach vorn. Der zweite Pfeil sirrte durch die Luft und blieb in Ambres Brustkorb stecken. Das Mädchen griff sich mit der Hand an die linke Brust und fiel ebenfalls kopfüber in den Fluss. Der Schuss hatte perfekt gesessen. Der dritte Pfeil streifte Tobias, der zu schreien begann. Der vierte brachte ihn für immer zum Schweigen. Die Wucht des Geschosses riss ihn nach hinten, und er stürzte ebenfalls ins Wasser. In weniger als zwanzig Sekunden war der Steg leergeräumt.
Die Gemeinschaft der Drei war nicht mehr.
44. Ein Kinderspiel
E ine Amsel kam angeflogen und setzte sich auf den Holzpflock, an dem die Töpfe über dem Feuer aufgehängt wurden. Zu dieser Tageszeit lag dort nur ein großer Aschehaufen, und der gusseiserne Kessel war kalt.
Neben der Kochstelle hisste ein Mann gerade eine rotschwarze Fahne. Als er sein Werk vollbracht hatte, drehte er sich um und erblickte den Vogel. Seine Augen leuchteten auf. Er sah schon den Braten vor sich, den diese kleine Amsel abgeben würde. Der Zynik begann sich anzupirschen, da bemerkte er den kleinen Ring am Bein des Vogels, der ihn neugierig ansah. Enttäuscht verzog er das Gesicht.
»Ach so, ein Bote! Es wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.«
Er packte das Tier und löste den Ring, an dem eine kleine Papierrolle befestigt war. Dann eilte er durch das Lager. Das Zelt seines Anführers bestand wie alle anderen aus gegerbtem Leder, auf mehreren Pflöcken gespannt, und war mit streng riechenden Bären-, Hunde- und Katzenfellen ausgelegt. Der Zynik grüßte ehrerbietig und überreichte seinem Anführer die Nachricht.
»Das ist gerade gekommen, Sir Sawyer.«
Ein kahlköpfiger Riese erhob sich und nahm den Zettel entgegen. Er hatte Tätowierungen auf den Armen und im Nacken, die bis zu seinem Hinterkopf reichten und sich um seine Ohren schlängelten. Er las laut vor:
» Die drei Rädelsführer sind tot. Morgen Abend werde ich die Brückenwache übernehmen, das ist der beste Moment für einen Angriff. Die Brücke wird ausgefahren sein. Wartet bis Mitternacht, dann schlafen alle. Nieder mit den Pans!«
»Soll ich die Truppen in Bereitschaft setzen, Sir?«, fragte der Mann, der die Nachricht gebracht hatte.
Der glatzköpfige Riese atmete tief ein und rollte seinen Kopf von einer Schulter zur anderen. Sein Nacken knackte.
»Ja. Heute Abend schärfen wir die Waffen, morgen ziehen wir ab. Und in zwei Tagen sind wir um diese
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