Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Und schaltete wie ein rechter Hausvater in seinem Landbezirk, mahnend, strafend, wehrend und belehrend.
    Jetzt sah er mit seinen raschen schwarzen Augen hoch von der Meldung des Gendarmen Gneis und auf den Landmann Paul Schlieker, der da mit gesenktem Blick vor ihm stand, strich sich dabei nachdenklich den schwarzen, seidig glänzenden Vollbart, seinen Stolz, und sagte schließlich freundlich: »Guten Morgen, Herr Schlieker!«
    »Guten Morgen, Herr Amtsgerichtsrat«, antwortete Schlieker gleichmütig und sah ihn nicht an.
    »Setzen Sie sich ein bißchen, Herr Schlieker«, sprach der Amtsgerichtsrat noch freundlicher. »Thode, geben Sie dem Herrn Schlieker einen Stuhl.«
    »Danke, Herr Amtsgerichtsrat«, sagte Schlieker und setzte sich.
    »Wir kennen uns ja bereits«, meinte der Amtsgerichtsrat, unverändert freundlich. »Wir sind uns hier ja schon ein paarmal begegnet.«
    »Jawohl!, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Und ich hoffe, Sie werden keine Fisematenten machen, Herr Schlieker!« sagte der Amtsgerichtsrat schon lauter.
    »Gar nicht«, antwortete Schlieker.
    »Sie werden doch nicht etwa halsstarrig und trotzig sein, Herr Schlieker?« mahnte der Richter laut.
    »Nein, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Sie werden doch nicht etwa lügen und faule Ausreden gebrauchen wollen, Schlieker!« schrie er immer lauter.
    »Nein, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Seien Sie nicht so verstockt«, brüllte Schreischulze aus voller Kraft. »Stehen Sie auf, Schlieker, und sehen Sie mich an!«
    Der Schlieker tat’s, und es war wirklich ein recht freundlicher Blick, den er dem Richter zuwarf.
    »Warum haben Sie die fünf Pflegekinder nicht ausgeliefert, Schlieker, wie’s Ihnen das Amt dreimal aufgegeben hatte?!«
    »Weil der Wagen kaputt war, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Warum haben Sie sich keinen andern Wagen im Dorf geborgt?«
    »Weil mir keiner einen geliehen hätte.«
    »Weil Sie ein unverträglicher, streitsüchtiger, gehässiger Mensch sind, Schlieker, das wollen Sie doch sagen.«
    »Nein, sondern weil ich aus Biestow bin. Was nicht aus Unsadel ist, gilt auch nichts in Unsadel«, sagte Schlieker mit unendlicher Sanftmut.
    »Warum haben Sie denn da dem Amt keine Nachricht gegeben, Schlieker?«
    »Weil ich die Kinder gestern sowieso abliefern wollte.«
    »Gestern war der Wagen also wieder heil?«
    »Jawohl, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Was war denn am Wagen kaputt?«
    »Das linke Vorderrad.«
    »Felgen oder Speichen?«
    »Beides, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Dann haben Stellmacher und Schmied daran arbeiten müssen, nicht wahr?«
    »Jawohl.«
    »Welche?«
    »Schmiedemeister Gleiß und Stellmacher Stark in Biestow.«
    »Das werden wir untersuchen«, sagte der Amtsgerichtsrat ganz sänftiglich. »Das werden wir Punkt für Punkt untersuchen. – Und warum haben Sie nun nicht aufgemacht, Schlieker, wie die Schwestern geklopft haben?«
    »Weil ich im Keller war, Rattenlöcher verschmieren. Da hört man nichts.«
    »Und wo war Ihre Frau unterdessen?«
    »Auch im Keller.«
    »Auch Rattenlöcher verschmieren?«
    »Nein, sie hat Äpfel sortiert.«
    »Haben Sie viele Ratten im Haus, Schlieker?«
    »Es geht an, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Sie müssen doch ziemlich viele haben, wenn Sie drei Stunden lang Rattenlöcher verschmieren, denn so lange haben die oben geklopft«, meinte der Amtsgerichtsrat.
    »Na ja, ziemlich viele«, gab Schlieker zögernd zu. Er roch die Falle, aber er sah sie nicht.
    »Und da bewahren Sie Äpfel im Keller auf?!!!« schrie der Amtsgerichtsrat. »Sie haben gelogen, Schlieker! Die Ratten würden Ihnen ja nicht einen Apfel lassen!«
    »Ratten fressen doch keine Äpfel«, versuchte Schlieker sich schnell zu retten.
    »Und das wollen Sie einem Richter auf dem Lande einreden, Sie Schafskopf!« schrie Schulz. »Thode, fressen Ratten Äpfel?«
    »Meine massenhaft, Herr Amtsgerichtsrat«, brummte
    Thode. »Soviel sie kriegen können.«
    »Sehen Sie!« triumphierte der Amtsgerichtsrat. »Bei
dem
Schwindel haben wir Sie schon erwischt, Schlieker, Ihre Frau hat keine Äpfel sortiert, und also haben Sie auch das Klopfen gehört!«
    »Jawohl, Herr Amtsgerichtsrat!« sagte Schlieker friedlich.
    »Wie –?!« fragte der Amtsgerichtsrat verblüfft. »Warum haben Sie denn da nicht aufgemacht?«
    »Weil wir uns geschämt haben.«
    »Ach nee! Sie haben sich geschämt? Warum denn?«
    »Weil das ganze Dorf Unsadel zusah und wir doch aus Biestow sind.«
    »So ist das!« meinte der Richter. »Da fällt mir was ein, Schlieker. Welches Hinterrad an Ihrem Wagen

Weitere Kostenlose Bücher