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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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»Gebrochen, ja?«
    »Und da!« zeigt er. »Und eine auf dieser Seite – fühlst du es? Rechts zwei, links eine Rippe gebrochen.«
    Jetzt brennt auch in ihr der Zorn: »Dieser Verbrecher – das soll er uns bezahlen!«
    »Jawohl«, sagte Päule. »Bezahlen. Richtig bezahlen. Bar bezahlen, Schmerzensgeld und Doktorkosten.«
    »Ja«, sagt sie. »Aber wir müssen eine Bescheinigung vom Arzt haben.«
    »Und wir müssen heute nacht noch Haussuchung bei ihm machen lassen«, setzt er hinzu. »Marie ist bei ihm.«
    »Ich glaube es nicht«, antwortet sie. »Sie ist mit dem Alten nach Berlin.«
    »Und die Wäsche? Vergißt du denn die Wäsche? Der Schrank ist ganz ausgeräumt.«
    »Was?« ruft sie, nimmt die Lampe und läuft in Maries Zimmer.
    Er bleibt im Dunkeln sitzen, jetzt ist Mali wieder zurecht, durch dick und dünn. Ja, sie ist wieder in Ordnung, zornentbrannt kommt sie zurück: »Ja, sie muß noch hier sein. – Und doch war sie nicht dabei, es hingen zwei Kleider von mir im Schrank, die hätte sie nicht genommen.«
    »Kommt also Diebstahl noch dazu«, grinst Päule. »Das gibt eine feine Anzeige. – Wie ist der Bengel rausgekommen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt sie, plötzlich wieder verdrossen. »Ich war grade zum Melken gegangen, da schlug die Stalltür zu. Erst dachte ich, es sei der Wind, aber als dann der Vorstecker rasselte, wußte ich Bescheid.«
    »Und du hast nichts gesehen, nichts gehört?«
    »Nichts.«
    »Es kann nur die Marie gewesen sein …«
    »Nein«, widersprach Frau Schlieker, »die hätte meine Kleider nicht genommen.«
    »Vielleicht ist es sehr schnell gegangen … Und was hast du getan im Stall?«
    »Ich habe aus dem Fenster geschrien nach dir, was ich konnte. Aber das Fenster geht ja auf den See, und wenn es wirklich einer gehört hat, hat er wohl nur über Schliekers gelacht. – Dann merkte ich, wie der Anfall kam. Ich wollte noch auf den Gang, aber er kam zu schnell …«
    »Ja«, sagte er finster. »Deine Krankheit ist nun auch wieder da …«
    »Päule!« sagte sie flehend. »Es war das erstemal! Und es kommt nicht wieder, es kommt bestimmt nicht wieder, wenn wir nur die Marie zurück ins Haus kriegen. Nur über die Marie habe ich mich so aufgeregt.«
    »Wirst du fahren können?« fragte er. »Ich kann die Pferde nicht halten, meine Arme sind wie abgeschlagen.«
    »Natürlich kann ich fahren«, rief sie. »Wollen wir gleich los?«
    »Es ist schon nach sieben. Und wir müssen zum Doktor, daß er mir die Verletzungen bescheinigt, und zum Gendarmen und vielleicht noch zum Amtsgerichtsrat. Wir müssen gleich los.«
    »Ich spanne an«, sagte sie. »Bleib du hier ruhig sitzenund trink noch ein Glas Schnaps. Du sollst dich um nichts kümmern. – Was …!«
    »Halt!« schrie Schlieker, der den Schrei auch gehört hatte, und sprang auf. »Es ist jemand im Eisen, lauf!«
    Beide rannten sie. Der Hund jaulte und bellte wie rasend, eine Stimme jammerte.
    Mali schrie: »Nimm einen Knüppel, Päule, es sind mehr …«
    Der Hund sprang mit einem Satz über die Mauer. Zwei Schatten schleppten einen dritten durchs Hoftor …
    »Halt!« schrie Schlieker, den Knüppel in der Hand. »Halt – oder ich schieße!«
    Die Schatten verschwanden in der Nacht.
    »Renne doch, Mali!« rief er verzweifelt. »Ich kann nicht laufen. Faß sie. Es sind bloß Kinder. Die Marie war auch dabei …«
    Aber Frau Mali lief umsonst. Untergetaucht in die Nacht waren sie, blieben sie. Kein Laut mehr zu hören, kein Jammern mehr.
    »Nichts?« fragte er, als sie atemlos zurückkam.
    »Nichts!«
    »Ein Eisen ist weg, dem Schreien nach war es Philipp, der drin saß.«
    »Ja«, sagte sie wütend. »Und mit dem Philipp hätten wir Marie gehabt, die hätte ihn nicht sitzenlassen.«
    »Hätten …«, schrie er wütend. »Plötzlich geht alles schief! Da – da sind deine beiden Kleider, sie lagen auf dem Hof. Sie haben sie zurückgebracht, haben es schon gemerkt, und dabei haben sie den Hund losgemacht … Aber das eine weiß ich, laufen kann der die nächsten Wochen nicht, das Eisen hat ihm sicher die Knochen durchgeschlagen.«
    »Ach, wären wir doch nur eine Minute eher …«
    »Rede nicht davon! Rede nicht mehr davon!« schrie erwütend. »Ich kann es nicht hören! Spann an, daß wir nicht auch das noch versäumen.«
    Zehn Minuten später fuhren sie in die Nacht hinein.

13. KAPITEL
    Worin Doktor Georg Kimmknirsch Patienten bekommt und in eine Verschwörung gerät
    In Kriwitz gab es zwei Ärzte: den alten Geheimen Sanitätsrat

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