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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman
Autoren: Hans Fallada
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muß Sie doch freuen, ein schöner Beruf …«
    Und er sah sich in dem düsteren, grauen, staubigen Amtszimmer um, als suche er hier nach einem Zeichen dieser Freude.
    »Sie wollten mich sprechen, Herr Professor?« fragte der Richter eilig.
    »Ja. Nein. Ich dachte, Sie wollten … Ich bin nämlich vor einigen Stunden gewissermaßen verhaftet worden. Es war da eine etwas peinliche Sache wegen Geld. Und auch mit meinem Patchen Rosemarie schien es nicht zu stimmen. Ich bin nämlich der Pate der Rosemarie Thürke.«
    »Ich weiß, ich weiß«, beeilte sich der Amtsgerichtsrat.
    »Ja, aber dann ließ man mich im Wald stehen. Es war eine sehr energische Dame, mit einem gewissen Vorurteil gegen mich. Sie nannte mich Wüstling …« Er lächelte, als bäte er um Verzeihung. »Nun, das wird sich aufklären. Sie ist nicht zurückgekommen. Ich habe eine Weile gewartet, dann ging ich weiter, und durch einen Zufall geriet ich nach Kriwitz …«
    Der Amtsgerichtsrat strich seinen Bart. »Es hat sich alles schon aufgeklärt«, sagte er. »Wir haben Sie uns etwas anders vorgestellt …«
    »Ich war auch anders«, sagte der Professor plötzlich ernst. »Bis heute früh war ich anders. Eigensüchtig, möchte ich sagen …«
    »Nein, nein«, protestierte der Amtsgerichtsrat erschrocken.
    »Doch, doch«, sagte der alte Mann ernst. »Ich war ein alter, vertrockneter Mann, der nur an sich dachte. Aber dann habe ich die Kinder gesehen, nicht nur Rosemarie, alle Kinder, und heute früh bin ich über einen Zaun geklettert – und nun ist alles anders geworden.«
    »Über einen Zaun?!« fragte der Amtsgerichtsrat erstaunt und zweifelnd.
    »Ja«, nickte der Professor. »ER hat viele Wege.«
    Einen Augenblick schwiegen beide und sahen sich an. Es war nicht zu leugnen, daß der sichere Herr Amtsgerichtsrat etwas verlegen war.
    »Wir müssen über all dies reden, Herr Professor«, sagte er dann eifrig. »Vor allem auch darüber, wie Sie sich die Hilfe für Ihr Patchen denken. Sie wissen vielleicht, daß ich Vormundschaftsrichter bin.«
    »Die Hilfe –? Ja, zuerst dachte ich, sie brauchte Hilfe, aber jetzt zweifle ich fast. Vielleicht brauche ich ihre Hilfe. Ich habe gedacht, ich wollte zu ihr ziehen, in ihr Häuschen. Die Stube meines verstorbenen Freundes Thürke gefällt mir ausnehmend. Da können wir dann zusammen leben … Ich weiß nicht, vielleicht ist es zuviel verlangt von mir …«
    »Nein, nein«, beeilte sich der Amtsgerichtsrat. »Nicht die Spur zuviel! Aber da sind diese Schliekers … Sie haben gewisse Rechte … Ich fürchte, sie werden Schwierigkeiten machen …«
    »Schliekers? Ach ja! Aber könnten sie denn nicht wohnen bleiben? Das Arbeitszimmer meines Freundes Thürke wird nicht benutzt – ich würde keine Umstände machen.«
    »Ich dachte nicht so sehr an die Umstände«, sagte der Amtsgerichtsrat langsam, »ich dachte an den Einfluß der Schliekers …«
    »Ja freilich, ja, es sind arme Leute, innerlich arm, sie wissen nicht, was sie tun … Doch Bauer Tamm hat mir erzählt, daß sie dem Gelde zugänglich seien. Ich weiß wohl«, sagte der Professor hastiger, »es ist nicht der richtige Weg. Man soll Freundlichkeit nicht erkaufen.«
    »Also Sie denken an Geld«, sagte der Amtsgerichtsrat Schulz ganz fröhlich. »Sehen Sie, endlich bekommen wir festen Boden unter den Füßen, etwas Reales. – Aber wir stehen noch immer. Kommen Sie, setzen wir uns doch.Nun wird alles gleich klar sein. Nein, bitte nicht diesen Stuhl, vielleicht jenen dort. Ich habe mir den meinen etwas höher bauen lassen, ich bin etwas klein geraten. Nicht, daß ich darüber klagte, im Gegenteil, es ist nützlich. Also Geld – Sie wollen vielleicht etwas Geld an die Sache wenden … Ich will nicht indiskret sein, Herr Professor, aber ich bin Tatsachenmensch, und da frage ich Sie geradeheraus: wieviel –?«
    »Wieviel –? Wieviel was? Ich verstehe nicht ganz …?«
    »Aber Geld«, sagte der Amtsgerichtsrat und kicherte. »Lieber Herr Professor, Geld! Wieviel Geld Sie an die Rettung Ihres Patchens wenden wollen?«
    »Ach«, sagte der Professor erstaunt, »Sie glauben, das wäre so wichtig? Aber dann natürlich alles, was ich habe!«
    »Und wieviel wäre das vielleicht, mein verehrter Herr Professor?« fragte der Amtsgerichtsrat, und seine Stimme hatte einen wahren Sirenenklang.
    »Ich kann das so genau nicht sagen«, antwortete der Professor verwirrt. »Sie müssen verstehen, ich habe mich bisher nur wenig mit Geld beschäftigt. Meine Ausgaben erledigt Frau
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