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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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doch nicht so barsch und unfreundlich, dachte sie. Sie fragte sich, ob Rosmarintee die richtige Arznei für Arang gewesen war. Wenn nicht, dann hatte sie genügend andere Kräuter bei sich. Morgen würde sie Stavan bitten, einen Tee zuzubereiten aus – ja, woraus? Was fehlte ihnen? Welche Krankheit hatten sie?
    Nur eine Sommergrippe, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Nichts weiter als eine Sommergrippe. Kalt. Ihr war schrecklich kalt trotz des Feuers. Sie rollte sich zusammen, schlang die Arme um die Knie und schlief ein.
    An die folgenden vier Tage konnte sich Marrah später kaum noch erinnern. Manchmal war sie soweit bei Bewußtsein, um zu erkennen, daß sie sehr krank war, aber die meiste Zeit brannte sie vor Fieber. Sie erinnerte sich vage, daß Stavan sie zwang, ein paar Schlucke Brühe oder Kräutertee zu trinken, und einmal erwachte sie, um ihn dabei zu ertappen, wie er ihr Haar abschnitt.
    »Hör auf«, bat sie, als ihre Locken zu Boden fielen, doch selbst als sie ihn anflehte aufzuhören, wußte sie, daß er das Richtige tat, denn wenn sie nicht irgendwie Abkühlung fand, würde das Fieber sie innerlich verbrennen. Später, als er sie auf seine Arme hob, mit ihr in den Fluß hineinwatete und sie in die kühle Strömung hielt, versuchte sie, sich gegen ihn zu wehren, aber er war zu stark, und sie fühlte sich zu schwach.
    »Laß mich los!« schrie sie. Doch sie sprach im Delirium, und als sie später wieder zur Besinnung kam und merkte, wie behutsam er mit ihr umging, schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter und schluchzte hilflos.
    Ein andermal wurde ihr bewußt, daß Stavan weinte. Sie brach in hysterisches Gelächter aus.
    »Ich glaube, Arang stirbt«, schluchzte er.
    Sie wollte ebenfalls weinen, aber sie konnte nicht aufhören zu lachen. »Tiermensch«, sagte sie, »ich bringe dich nach Shara, damit alle sehen können, wie komisch du aussiehst.« Es waren grausame Worte, und kaum hatte sie sie ausgesprochen, da schämte sie sich zutiefst, doch Stavan küßte sie nur und drückte sie an sich.
    »Ich weiß«, murmelte er. »Ich weiß es schon seit langem. Und es ist mir egal. Marrah, bitte werde wieder gesund. Ich liebe dich.«
    »Bring mir Arang«, bat sie. Er brachte Arang an ihr Lager und legte ihn sanft neben sie. Arang schien zu schlafen. Marrah küßte ihn zärtlich auf die Lippen und wiegte ihn in ihren Armen. Er konnte noch nicht tot sein, denn er fühlte sich immer noch heiß vor Fieber an. Sie nahm den gelben Stein ab, den ihr die Priesterinnen von Nar geschenkt hatten, und band ihn um seinen Hals. Solange er diesen Stein trägt und ich ihn in meinen Armen halte, dachte sie, kann seine Seele nicht aus seinem Körper entweichen. Schließlich schlief sie ein, während sie Arang fest umklammert hielt.
    Die Zeit verging: eine schlimme Zeit, voller quälender Träume. Mitten in der Nacht schreckte Marrah aus dem Schlaf hoch und stellte fest, daß Arang fort war.
    »Arang!« rief sie verzweifelt. Eine der Händlerinnen beugte sich über sie. Es war die Mutter. Das Mondlicht schimmerte auf ihrem grauen Haar, ließ es wie das weißschäumende Wasser aussehen, das gegen die Felsen von Shemsheme brandete.
    »Ruhig«, flüsterte die Frau. »Keine Sorge. Der große Mann hat den kleinen Jungen zum Fluß getragen, um ihn abzukühlen.« Marrah wollte protestieren, doch die Händlerin war schon wieder gegangen, noch bevor sie die Worte in der richtigen Reihenfolge herausbringen konnte.
    Am nächsten Nachmittag sank ihr Fieber schlagartig, und sie wachte schweißgebadet auf. Ihre Haut fühlte sich wund an, und ihre Handflächen brannten, als hätte sie sie in heißes Wasser getaucht. Ungeduldig schlug sie die Decke zurück und betrachtete ihre Arme und Beine. Sie waren mit winzigen roten Flecken bedeckt. Sie dachte an Kamille und Salbei, und dann erinnerte sie sich plötzlich an das Dorf Sebol und an Nurga, die nicht sprechen konnte. »Stavan!« schrie sie. Er war augenblicklich neben ihr und reichte ihr einen Becher kühles Wasser.
    »Habe ich ...?« Ihre Zunge fühlte sich dick und pelzig an, und sie wußte nicht mehr, wie sie genannt wurde, diese Krankheit, die bei Nurga ein so seltsames Benehmen bewirkt hatte. »Wie krank bin ich ?«
    Stavan ließ den Becher zu Boden fallen, legte hastig eine Hand auf ihre Stirn und fühlte die Kühle. »Han sei Dank!« rief er erleichtert. Er zog sie in seine Arme und bedeckte ihre Wangen und ihre Stirn mit zärtlichen kleinen Küssen. »Lob und Dank sei der süßen kleinen

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