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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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er sich, packte ihr Schamhaar und riß so heftig daran, daß sie voller Schmerz aufschrie. Dann schnitt er ein Büschel davon ab, steckte es sich hinters Ohr und schlenderte zu seinen Kumpanen zurück, die schallend lachten und ihm auf den Rücken klopften, als wäre dies ein großartiger Witz.
    Danach saß Marrah still da, weil sie es nicht riskieren wollte, erneut ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Bald kehrte der Reiter, der sie hergebracht hatte, mit einem anderen Reiter zurück, einem großen Mann mit langem braunen Haar und einem lockigen braunen Bart, dessen Arme mit zahlreichen Kupferarmbändern geschmückt waren. Offensichtlich war er wichtig, weil sich alle anderen Krieger erhoben, als sie ihn kommen sahen, und selbst der Schlafende wurde mit einem Fußtritt geweckt.
    Der Braunbärtige ritt bis zu der Stelle, wo Marrah saß, und blickte nachdenklich auf sie hinunter. In seinen Augen war keinerlei Gier oder Haß zu erkennen, nur ein Ausdruck kühler Beurteilung. Er machte eine schnelle Bewegung mit dem Zeigefinger, woraufhin einer der Krieger augenblicklich herbeigerannt kam, Marrah auf die Füße zog und die Fesseln um ihre Handgelenke durchschnitt. Das Blut strömte wieder durch ihre Hände und brannte in ihren Fingerspitzen. Der Braunbärtige zeigte auf den Wald.
    Kashw ?« fragte er.
    Marrah schüttelte den Kopf. Das Wort war eindeutig Hansi, aber es sagte ihr nichts. Stavan hatte ihr nur wenige Redewendungen beigebracht: »ja«, »nein«, »heute ist ein schöner Tag«, »ich liebe dich«.
    Der Mann schien enttäuscht, als hätte er aus irgendeinem Grund angenommen, sie spräche seine Sprache. Er wiederholte das Wort mehrmals, doch Marrah schüttelte immer nur den Kopf. Schließlich gab er auf. Seufzend griff er in den Beutel, der von seinem Waffengürtel herabhing, zog ein goldenes Armband hervor und warf es Marrah zu. Sie versuchte es zu fangen, griff jedoch daneben, und der schmale Goldreif rollte vor ihre Füße. Sie wußte, es würde weh tun, sich zu bücken und ihn aufzuheben, aber das war es, was der Fremde von ihr erwartete, und so gehorchte sie. Als sie das Armband aus der Nähe sah, stieß sie einen überraschten Ruf aus. Es war der Reif, den Stavan ihr geschenkt hatte, als sie ihr Sommergelöbnis abgelegt hatten. Der Krieger, der sie geschlagen hatte, mußte ihn ihr vom Arm gezogen haben, während sie im Schlamm lag. Sie hatte das Armband bis jetzt noch nicht vermißt.
    »Votoah?« verlangte der Braunhaarige zu wissen, wobei er zu-erst auf das Armband zeigte und dann auf sie.
    »De.« Sie nickte, als sie mit einem der wenigen Hansi-Wörter antwortete, die sie kannte. Sie hoffte, er hätte sie gefragt, ob das Armband ihr gehöre, denn sie hatte ja gesagt. Sie zeigte auf den Streifen blasser Haut an ihrem Oberarm, wo sie den Goldreif so viele Monate lang getragen hatte, bevor sie ihn wieder über ihr Handgelenk streifte und an die gewohnte Stelle schob.
    Ermutigt von dem Wort »de« stellte der Braunbärtige erneut eine ganze Reihe unverständlicher Fragen. Sie zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf. Schließlich gab er es auf, sich ihr verständlich zu machen. Er zeigte auf den Stapel Beutegüter, während er ein paar Worte zu einem der Krieger sagte, die in respektvoller Entfernung standen und die Befragung beobachteten. Dann zog er sein Pferd herum, drückte ihm die Fersen in die Seiten und galoppierte davon.
    Obwohl Marrah erst sehr viel später verstehen würde, was geschehen war, merkte sie sofort, daß die Krieger sie nicht länger mit Verachtung behandelten. Der Mann, der ihr sein Messer an die Kehle gehalten und ihr Schamhaar abgeschnittten hatte, kam mit gesenktem Blick zu ihr und murmelte etwas, was eine Entschuldigung hätte sein können. Nachdem er ihr mit einer Handbewegung bedeutet hatte, sich bequem auf die Decke zu setzen, wühlte er in dem Stapel von Gegenständen herum und zog das beste Leinenkleid heraus, doch statt es ihr achtlos hinzuwerfen, reichte er es ihr mit einer angedeuteten Verbeugung. Das Kleid war von der Art, wie es ältere, wichtige Priesterinnen oft bei Zeremonien trugen. Mit Göttinnensymbolen bestickt und am Rand mit winzigen blauen Tonperlen eingefaßt, mußte es in den Tempelwerkstätten von Shamba gewebt worden sein. Als Marrah es über den Kopf zog, fragte sie sich, ob es nicht vielleicht Königin Aimbah gehört hatte. Das Leinen fühlte sich kühl auf ihrer mit blauen Flecken übersäten Haut an, und sie hüllte sich dankbar in den Stoff.
    Aber der

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