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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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erregend, neben Vlahan zu liegen und Stavan zu küssen – unglaublich erregend und verdammt gefährlich.
    Stavan hatte eindeutig nicht die Absicht, von Vlahans Hand zu sterben, wenn er es verhindern konnte. Behutsam löste er sich von Marrah und zeigte auf den unteren Rand des Zelts, während er ihr mit Gesten zu verstehen gab, daß er hereingekrochen war, indem er eine der Zeltstangen herausgezogen hatte. Folge mir – wies er sie schweigend an, und sie nickte –, aber sei vorsichtig. Er zeigte auf Vlahan, und wieder nickte sie. Sobald er sicher war, daß sie verstanden hatte, küßte er ihre Hände und winkte ihr zum Abschied zu. Dann rollte er sich so schnell, daß er zu verschwinden schien, unter den Boden des Zelts.
    Marrah hielt den Atem an und rückte langsam von Vlahan ab, voller Angst, er könnte aufwachen, aber er schnarchte unentwegt weiter. Lautlos glitt sie über die Teppiche und kroch unter den losen Rand des Zelts. Einen Augenblick später kniete sie auf dem kalten Erdboden unter einem Himmel voller glitzernder Sterne und blickte zu Stavan auf. Sie fühlte sich wie ein Vogel, der endlich aus seinem Käfig entkommen war. Sie sehnte sich danach, Stavan zu küssen und in ihren Armen zu halten und mit ihm wegzulaufen und niemals zurückzublicken, aber sie war klug genug, nichts von alledem zu tun. Statt dessen blickte sie ihn nur an und atmete so leise, daß ihr Atem weniger als ein Flüstern war.
    Stavan legte ihr einen Finger auf die Lippen und bedeutete ihr, absolut still zu sein, aber sie hätte in diesem Moment selbst dann keinen Laut von sich gegeben, wenn die Göttin es ihr befohlen hätte. Das Lager war still, aber wie gewöhnlich schliefen nicht alle. Hier und da brannten noch Feuer zwischen den Lederzelten.
    44 0 Manchmal zeichnete sich der Schatten eines Wachtpostens vor den hellen Flammen ab. Marrah wußte, rund um das Lager würden weitere bewaffnete Wachen stehen, zusätzlich zu den Jungen, die immer bei den Pferden und Rindern schliefen. Obwohl Zuhan die Tcvali ausgelöscht hatte, blieb kein Hansi-Lager jemals unbewacht. Marrah duckte sich noch tiefer und versuchte, ruhig zu bleiben. Sie waren in einer sehr gefährlichen Lage.
    Stavan bedeutete ihr, ihm zu folgen, als er sich auf den Bauch fallen ließ und wie eine Schlange in Richtung des hohen Grases zu kriechen begann. Sie kroch ihm nach, erfüllt von einer Glückseligkeit, die nur knapp ihre Angst davor überdeckte, sich durch die Dunkelheit an den Wachen und Hunden vorbeizuschleichen. Der Boden roch nach Staub und Dung, und einmal hätte sie fast geniest, konnte sich jedoch gerade noch rechtzeitig fangen. Zum Glück mußten sie nur eine kurze Strecke kriechen, bevor sie das Gras erreichten. Nachdem sich die hohen Halme um sie geschlossen hatten, erhoben sie sich in eine halb gebückte Stellung und rannten davon, so schnell und so leise, wie sie konnten.
    Marrah war sich nie ganz sicher, woher Stavan wußte, welche Richtung er einschlagen mußte, oder wie sie es schafften, unbemerkt an den Jungen vorbeizukommen, die die Herden bewachten. Alles, was sie sehen konnte, waren Gras und ein Stückchen des nächtlichen Himmels, der sich mit ihnen zu bewegen schien. Als sie das Gras platttraten, machten sie ein knackendes Geräusch, das schrecklich laut schien, aber offenbar war es nicht so. Vielleicht machte der Wind nachts solche Geräusche, oder vielleicht glaubten die Wachen, sie stammten von den Pferden und Kühen. Sie rannten weiter und immer weiter, bis Marrah fürchtete, vor Erschöpfung zusammenzubrechen. Ihr Rücken schmerzte höllisch, und sie sehnte sich danach, sich aufzurichten, aber sie wußte, wenn sie es tat, würden ihr Kopf und ihre Schultern über dem Gras zu sehen sein.
    Schließlich richteten sie sich tatsächlich auf, und dann liefen sie noch schneller als zuvor. Es war kein Mond am Himmel zu sehen, nur der schwache Glanz der Sterne und die sanft nickenden Halme. Endlich, als Marrah kurz davor war, die Hand auszustrecken und Stavan zu bitten stehenzubleiben, hielt er unvermittelt an. Lange Zeit stand er reglos da und horchte angespannt. Irgendwo in der Ferne hörte sie den Schrei einer Eule, aber ansonsten war alles still. Der Himmel im Osten war dunkel, ohne eine Spur von Zuhans Lagerfeuern.
    »Jetzt können wir sprechen«, flüsterte Stavan, doch statt zu reden, fielen sie einander in die Arme und küßten sich leidenschaftlich. Atemlos machte sich Marrah von ihm frei.
    »Du verrückter Kerl«, rief sie und bedeckte

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