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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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und fragte sich, ob ihr Pech wohl jemals enden würde. Aber Arang war noch nicht fertig. Er fuhr fort zu sprechen, als wäre alles, was er sagte, Teil desselben Gedankens. »Hast du schon mal Kersek zubereitet, Marrah?«
    Die Banalität dieser Frage überraschte sie derart, daß sie einen Moment brauchte, um zu antworten. »Ja, natürlich.« Sie sah sich in dem verlassenen Zelt um. »Die Krieger ständig mit Kersek zu versorgen ist einer der Hauptgründe, warum Frauen existieren. Aber was hat das mit Dalish und Akoah zu tun? «
    »Ich erklär's dir später. Erzähl mir einfach, wie er hergestellt wird.«
    Sie merkte, daß er auf etwas Bestimmtes hinauswollte, aber sie wußte nicht, was das sein könnte. Trotzdem, wenn er überhaupt irgendeine Art von Plan hatte, dann war es besser als nichts, deshalb beschrieb sie ihm, wie die Frauen wildwachsendes Getreide kauten und es in Lederbeutel spuckten, die mit etwas warmem Wasser und Honig gefüllt waren; wie frische Stutenmilch hinzugefügt und die Mischung dann der Hitze des Feuers oder der Sonne ausgesetzt wurde, bis sie zu gären begann. Sie wollte gerade erklären, wie sich die Mischung in eine Art feuchten Käse zu verwandeln begänne, wenn man sie zu lange stehen ließ, als Arang sie unterbrach.
    »Tut ihr nicht auch irgendwelche Gewürze dazu?«
    Ach ja, das hatte sie vergessen. Manchmal gaben die Frauen weitere Zutaten in die Milch – frische Hanfknospen oder feingehackte Pilze oder sogar eine fremdartige, lilienähnliche Pflanze, die dem Kersek einen Geruch nach Suppe verlieh, aber das geschah immer erst in der letzten Minute, weil sich die Kräuter schwarz verfärbten und schleimig wurden, wenn sie zu lange in der Milch blieben. Wenn ein großes Fest bevorstand, wurden alle Schläuche mit Kersek zum Kühlen in den Fluß gelegt, und kurz vor dem Verzehr öffneten die Frauen sie und fügten die Gewürze hinzu.
    »Das ist alles, was ich wissen muß.« Er lehnte sich mit einem zufriedenen Lächeln zurück. »Mein Plan wird funktionieren.«
    »Welcher Plan?« Marrah blickte ihn gespannt an, hoffte wider alle Hoffnung, daß ihm etwas eingefallen war, was sie übersehen hatte.
    »Es ist ganz einfach: Wir schütten das Pulver der Unsichtbarkeit in den Kersek. Die Krieger trinken das Gebräu, und wenn sie uns nicht mehr sehen können, werden wir alle fliehen.«
    »0 Arang!« Sie war so enttäuscht, daß sie kaum sprechen konnte. »Hast du das denn vergessen? Changar hat doch den getrockneten Donner und das Pulver der Unsichtbarkeit eingesteckt, als er mir meinen Medizinbeutel weggenommen hat. Alles, was ich noch habe, ist der gelbe Stein, den mir die Priesterinnen geschenkt hatten, und was kann der schon ausrichten gegen –« Sie brach mitten im Satz ab. Arang hatte zwei kleine Lederbeutel unter einem der Kissen hervorgezogen und ließ sie triumphierend vor ihrer Nase baumeln.
    »Die Glücksbringer!« Sie riß sie ihm aus der Hand. »Wie, im Namen der Göttin, hast du es geschafft, sie von Changar zurückzubekommen? «
    »Ich habe sie gestohlen«, erklärte er, und dann lachte er, wie er immer lachte, wenn er nichts Gutes im Schilde führte. Es war ein stolzes Lachen. »Du müßtest den Ausdruck auf deinem Gesicht sehen, Marrah. Du siehst wie ein Schaf aus, das gerade gegen einen Baum gelaufen ist. Es war gar nicht mal schwierig. Der alte Schwindler zog mich in sein Zelt, um mich zu bemalen und anzukleiden für die kleine Szene mit Vlahan, und da sah ich beide Beutel in einer Ecke auf einem Haufen Abfälle liegen – weil er sie vermutlich ebenfalls als Abfall angesehen hat. Er wird sie niemals vermissen.« Er hätte noch mehr gesagt, wenn Marrah ihn nicht in ihre Arme gerissen und ihn derart stürmisch an sich gedrückt hätte, daß er um Gnade flehte. »Laß mich los«, knurrte er. »Du brichst mir noch die Rippen.« Aber er lachte dabei, und Marrah lachte, und einen Moment lang schien es, als ständen die Priesterinnen von Nar in höchsteigener Person im Zelt.
    »Schnell, hilf mir, ein Knäuel weißer Wolle zu finden«, rief sie, »damit ich Stavan ein Zeichen geben kann, daß er die Pferde bereitstellt. Wir werden nicht nur Akoah und Dalish mitnehmen, sondern auch die Frauen aus Shambah und sämtliche anderen Sklavinnen. Wir werden durch Vlahans Krieger reiten, so wie der Sturm durch das Gras fegt. Wir werden unsichtbar sein! «
    »Aber für wie lange ?« fragte Arang skeptisch.
    Das war ein ernüchternder Gedanke. Sie wurden wieder ernst und suchten in aller Eile

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