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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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sie Marrah erneut fest in ihre Arme zog, weinte sie mit ihr.
    Schließlich küßte Sabalah ihre Tochter und löste sich von ihr, und die beiden saßen eine Zeitlang schweigend da, jede in ihre eigenen traurigen Gedanken versunken. Nach einer Weile begannen sie darüber zu sprechen, wie Marrah den Weg nach Shara finden würde.
    »Als du noch ein Kind warst«, sagte Sabalah, »trug ich dich auf meinem Rücken Richtung Westen, und als ich vom Blauen Meer aus zum Meer der Grauen Wogen wanderte, machte ich Rast bei den Höhlen von Nar. Die Höhlen sind der älteste Tempel auf Erden.«
    Sie nahm Marrahs Hände und hielt sie in ihren; ihre Finger zitterten leicht, doch ihre Stimme klang fest. »Als ich wieder von dort aufbrach, sagten mir die Priesterinnen, wenn ich jemals zurückkehrte, sollte ich wieder in Nar Halt machen, und es würden drei Geschenke dort auf mich warten. Dann nahmen sie dich aus meinen Armen und hielten dich auf ihrem Schoß. Die älteste Priesterin segnete dich mit einem Kuß und versprach, wenn du an meiner Stelle kommen würdest, würden die Geschenke dir gehören.«
    Marrah, die sehr überrascht über diese letzte Bemerkung war, fragte, welche Art von Geschenken die Priesterinnen von Nar für sie aufbewahrten, und Sabalah gestand, daß sie es nicht wüßte. »Sie wollten es mir nicht sagen. Alles, was ich weiß, ist, daß sie direkt von der Göttin Erde kommen, deshalb müssen es sehr mächtige Gaben sein. Aber im Grunde spielt es keine Rolle. Du mußt nach Nar gehen auf deinem Weg nach Osten, denn selbst wenn die Priesterinnen inzwischen ihre Meinung geändert und die Geschenke jemand anderem gegeben haben, mußt du sie um ihren Segen bitten. Sie sind sehr heilig und sehr mächtig. Es heißt, solange die Priesterinnen die Höhlen von Nar bewohnen, kann die Welt niemals untergehen. Sie sind außergewöhnliche Frauen.« Sabalah hielt einen Moment inne, als wäre sie in Erinnerungen versunken, die zu teilen Marrah noch zu jung war. Dann räusperte sie sich und kam auf die näheren Einzelheiten zu sprechen.
    »Der Weg durch die Wälder wird schwierig sein. Ich will nicht behaupten, daß es leicht ist, von einem Meer zum anderen zu kommen, aber du solltest in der Lage sein, die Höhlen relativ mühelos zu finden, wenn du der Lieder-Landkarte folgst, die ich angefertigt habe, als ich nach Westen wanderte.«
    »Du meinst die Lieder, die du mir beigebracht hast, als ich klein war? «
    Sabalah lächelte. »Genau die, und wie niedlich du ausgesehen hast, als du sie in perfektem Sharan gesungen hast. Aber wie du dich wahrscheinlich erinnerst, war es eine Ost-West-Karte. Jetzt müssen wir sie umgekehrt singen, von West nach Ost.«
    »Ist denn das möglich?«
    Sabalah nickte. »Alle Lieder-Karten sind umkehrbar. Während der letzten drei Tage habe ich mein Lied im stillen viele Male von West nach Ost gesungen, um mich vorzubereiten, für den Fall ...« Ihre Stimme brach, und ihr Lächeln verschwand. »Ich hatte vor, meinem Lied zurück nach Shara zu folgen, aber ist es nicht mehr länger mein Lied; es wird jetzt deines sein. Du wirst Strophen hinzufügen, die von deinen Abenteuern berichten, und wenn du nach Shara kommst, wirst du es deiner Großmutter Lalah vorsingen.«
    Sie legte ihren Arm um Marrah und zog sie wieder an sich. »Hör zu. Die Göttin hat dir ein gutes Gedächtnis gegeben, und abgesehen von der umgekehrten Richtung habe ich nur wenige Änderungen vorgenommen, die meisten davon am Anfang.«
    Sie schloß die Augen und saß einige Sekunden lang vollkommen reglos da. Dann holte sie tief Luft und begann zu singen, nicht von den Höhlen von Nar oder Shara, sondern von Xori und seinen Langhäusern und dem Meer der Grauen Wogen:
     
    »Der Weg nach Shara ist lang,
    und die ersten Schritte sind die schwersten,
    aber Marrah und Arang sind Sabalahs Kinder.
     
    Sie sehen den Stein der Göttin
    kleiner und kleiner werden,
    aber sie ziehen tapfer weiter
    und blicken niemals zurück.
     
    Sie folgen der Straße der Wale,
    Vorbei an Hoza mit seinem Großen Mutterschoß,
    nach Gurasoak, wo der Fluß aus dem Wald herausfließt.
     
    Sie folgen dem Lied ihrer Mutter nach Shara,
    und Sabalah segnet jeden ihrer Schritte ...«
     
    Ihre Stimme wurde süß und schwermütig. Es war ein wunderschöner, eindringlicher Gesang, und Marrah hörte ergriffen zu, während sie bereits um all die Freunde trauerte, die sie zurücklassen würde, aber das Lied ihrer Mutter stahl sich in ihr Herz und schenkte ihr Trost.
    Ein paar

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