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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Vettern plauderte, der Obsidian-Händler war. Marrah klammerte sich an das nächste Grasbüschel und fragte sich, ob sie jemals in der Lage sein würde, so herumzuspringen, ohne das Gewicht auf ihrem Rücken wahrzunehmen. Im Augenblick schien es ziemlich unwahrscheinlich.
    Sie sahen den Fluß erst am Abend wieder, als sie ihr Lager auf einem Strand aufschlugen, der kaum genug Platz für sechs Menschen, sechs Tragekörbe und ein kleines Feuer bot. Inzwischen war Marrah so erschöpft, daß sie sich sofort nach dem Essen in ihren Umhang hüllte und schon fast eingeschlafen war, noch bevor ihr Kopf den Boden berührt hatte.
    Tage vergingen, und langsam, Schritt für Schritt, zogen sie in südöstlicher Richtung, wobei sie immer dem Flußverlauf folgten. Nach und nach hörte Marrah auf, das Gewicht auf ihrem Rücken zu fühlen, wie Zastra es versprochen hatte. Ihre Füße wurden hart und schwielig und ihre Beine stark und muskulös, und sie begann wie Rhom und seine Schwestern zu marschieren, nicht unter der Last vornübergebeugt, sondern aufrecht und sicheren Schrittes. Als sie Stavan musterte, bemerkte sie, daß seine Haut eine fast unnatürliche Schattierung von Braun angenommen hatte, aber sein Haar sah seltsamer aus als je zuvor, so ausgebleicht von der Sonne, daß es an einigen Stellen wie Flachs wirkte.
    Manchmal kamen sie zu Siedlungen, wo die Bewohner in geringem Umfang Ackerbau betrieben und sich ansonsten hauptsächlich von Fisch und Wild ernährten. Die Häuser des Flußvolks waren auf Pfählen erbaut; gewöhnlich war ein Einbaum an der Haustür festgebunden, und es gab immer Kinder, die fröhlich im Wasser planschten, und alte Leute, die im Schatten saßen und Netze flickten oder Fischkörbe flochten.
    Obwohl Marrah und ihre Gruppe nichts einzutauschen hatten, waren die Angehörigen des Flußvolks stets gastfreundlich. Wenn sie Marrahs und Arangs Pilgerhalsketten sahen, legten sie die Fingerspitzen zusammen oder griffen nach einem Stöckchen, um ein Dreieck in die Erde zu ritzen.
    »Sie begrüßen uns im Namen der Göttin Erde«, erklärte Marrah Stavan. »Das Dreieck ist ihr allgemeingültiges Zeichen; es symbolisiert das heilige Dreieck der Fruchtbarkeit zwischen ihren Schenkeln.«
    Als sie Stavan fragte, was das universelle Symbol seines Kriegsgottes sei, schien er nur widerwillig ihre Frage zu beantworten. Schließlich gestand er, daß das Symbol für Han ein Dolch war, der mit der Spitze voran in der Erde steckte.
    Als sie weiter stromaufwärts wanderten, gab es nur noch vereinzelte Siedlungen, und statt auf Fußpfaden zu wandern, begannen sie jetzt, den Fährten der Rehe und Hirsche zu folgen. Wenn sie konnten, gingen sie am Ufer des Flusses entlang, aber oft führte die Fährte in den Wald. Wenn dies geschah, ertappte Marrah sich dabei, wie sie sich ständig vergewisserte, daß der Ibai Nabar noch immer zu ihrer Linken floß, aber die Händler schienen sich nie darüber Sorgen zu machen, daß sie sich verlaufen könnten. Sie wußten offenbar jederzeit genau, wo sie hingingen, selbst wenn der Weg so von Gestrüpp überwuchert war, daß Marrah ihn kaum noch erkennen konnte.
    »Dies ist eine uralte Route«, versicherte Zastra ihr, »eine, die schon seit Menschengedenken von Händlern benutzt wird.« Sie wies auf eine kleine Narbe an einem Baumstamm ganz in der Nähe. »Siehst du die Stelle dort, wo ein Stückchen Rinde fehlt? Es ist eine eingebrannte Markierung. Die Strecke ist von hier bis den ganzen weiten Weg zum Blauen Meer hinunter auf diese Weise markiert.«
    Derart beruhigt, entspannte Marrah sich und begann den Wald zu genießen. Wie ein riesiger grüner Ozean erstreckte er sich nach Norden, Süden und Osten und bedeckte große Flächen der Erde. Wer weiß, wenn sie lange genug wanderte, würde sie vielleicht irgendwann einmal bis zum Rand des Waldes gelangen, aber als die Tage vergingen, schien er sich endlos auszudehnen, schweigend und unberührt, als hätte er keinen Anfang und kein Ende. Es war hauptsächlich die Größe der Bäume, die diesen Eindruck schuf. Aus dem Boden aufragend wie die Pfähle eines großen Langhauses, trafen sie sich in großer Höhe und breiteten ihre Zweige aus, um ein grünblättriges Dach zu bilden. Obwohl es Erlen, Nußbäume, Ulmen, Linden und Weiden gab, waren fast alle der größten Bäume Eichen, einige so gewaltig, daß zwei Menschen nicht ihren Stamm hätten umfassen können. Als Marrah am Fuß eines dieser Giganten stand und hinaufschaute, kam sie sich wie

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