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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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sie hinunterrollen.«
    Einen Moment zögerte sie. »Batal ist gut zu uns gewesen. Sie hat uns einen sicheren Ort ganz in der Nähe geschenkt, mit reichlich Wasser zum Trinken und Platz für alle. Es wird dort oben auf den Klippen nicht bequem sein, und möglicherweise müssen wir sogar einmal hilflos dasitzen und zuschauen, wie die Mutterhäuser unter uns in Flammen aufgehen; aber ich bin überzeugt, wenn wir nur lange genug ausharren, werden die Nomaden wieder abziehen.«
    »Wir können uns dann mit Singen die Zeit vertreiben«, sagte Ulitsa, und sie zupfte ein wenig auf ihrer Harfe, um ihre Worte zu unterstreichen. Alle lachten unsicher und verstummten dann wieder.
    »Ich bin noch nicht fertig.« Marrah legte eine Pause ein und ließ ihren Blick über die Ältesten schweifen. »Wir müssen eine Menge Pfeile herstellen. Ohne Waffen haben wir gegen die Nomaden keine Chance; aber unsere Jäger besitzen scharfe Augen, und sie können den Feind genauso jagen wie Hirsche.«
     
    Während der nächsten beiden Monate überwachte Marrah die Befestigung der Klippen. Über eine Woche lang kletterte eine lange Reihe von Frauen und Männern den Klippenpfad hinauf und schleppte Körbe voll Getreide, Mehl, getrockneten Früchten, gepökeltem Fleisch und Fisch und Öl in den Tempel der Kinderträume. Die Stadt besaß immer zusätzliche Notvorräte, für den Fall, daß die Ernte schlecht ausfiel; jetzt wurden die Lebensmittel – statt bequem in den unteren Tempeln gelagert zu sein – weniger leicht zugänglich nach oben auf die Klippen gebracht.
    Zusätzliche Unterkünfte zu bauen erwies sich jedoch als schwieriger. Es gab nur wenig loses Gestein, keinen geeigneten Lehm und nur ein paar windzerzauste Bäume auf dem breiten Felsvorsprung, wo der Tempel stand; nachdem sie eine Woche lang Felsblöcke und Körbe voller Schlamm den steilen Pfad hinauftransportiert hatten, waren alle erschöpft und entmutigt. Dann verfiel Dalish auf eine brillante Idee.
    »Warum bauen wir nicht einfach Zelte?« schlug sie vor. »Sie sind trocken, warm und vor allem leicht.« Sie lachte. »Zelte, Pferde und langhaarige Schafe sind die einzigen guten Dinge, die die Nomaden zu bieten haben. Ich sage immer, wenn dein Feind eine nützliche Idee hat, dann stiehl sie.«
    So machten sie sich daran, Zelte aus Häuten zu nähen, und bis zu der Zeit, als die ersten eisigen Winterregengüsse einsetzten, hatten sie genug Unterschlüpfe für alle Kinder und alten Leute von Shara.
    Nachdem sie mit allem fertig und die zusätzlichen Bögen und Pfeile in wasserdichten Bündeln gelagert waren, rief Lalah Marrah zu sich. Als Marrah kam, traf sie ihre Großmutter in eine lange blaue Leinentunika gekleidet an, die mit Schlangen und Blumen bestickt war. Lalahs lockiges graues Haar war sorgfältig gescheitelt und zu einem Knoten aufgesteckt, und sie trug ein rituelles Diadem aus Schlangenhaut und weißen Muscheln.
    Bindar saß neben ihr, in eine schwarze Tunika und rote Beinlinge gekleidet und mit dem heiligen Kopfschmuck des Bruders der Königin: einer schlichten Krone aus Stroh und getrockneten Blumen. Sobald Marrah die beiden erblickte, wußte sie, daß dies kein gewöhnlicher Anlaß war.
    »Du hast gute Arbeit geleistet«, begann Lalah. Marrah dankte ihr und wartete darauf, daß ihre Großmutter fortfuhr, doch statt dessen saß Lalah nur schweigend da. Schließlich griff sie nach Bindars Hand. »Lange Zeit haben Bindar und ich diese Stadt gemeinsam auf die alte Art als Bruder und Schwester regiert. Wir waren ...«
    »Die Priesterin und der Priester des Friedens«, warf Bindar ein.
    »Ja.« Lalah nickte. »Das ist eine gute Art, es auszudrücken. Wir sind die Priester-Königin und der Priester-König des Friedens gewesen, und wir haben unsere Aufgaben nach besten Kräften erfüllt. Aber nachdem jetzt der Frieden so vieler Generationen zerstört wurde, genügen Bindar und ich nicht mehr. Shara braucht noch einen Bruder und eine Schwester, die uns in Kriegszeiten führen.«
    »Eine Priester-Königin und einen Priester-König des Krieges?« fragte Marrah. »Das gefällt mir nicht.«
    Lalah schnaubte. Bisher hatte sie sehr förmlich gesprochen, doch jetzt kehrte sie zu ihrer alltäglichen Ausdrucksweise zurück. »Es geht nicht darum, ob es dir gefällt oder nicht. Ich sage dir, daß es notwendig ist und wir keine andere Wahl haben. Wie, im Namen der Göttin, kannst du von zwei alten Leuten erwarten – die niemals einen Nomadenkrieger auch nur aus der Nähe gesehen haben

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