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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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sie Fleischspieße über den Flammen drehten und den Saft auffingen, während sie ängstlich zu dem Nomadenlager hinüberspähten, ohne jemals auf die Idee zu kommen, über ihre Schulter zu blicken. Der verlockende Duft brutzelnden Fleisches ließ Changar das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er rief seine Gehilfen und befahl ihnen, seine Mittagsmahlzeit auszupacken und auf einem sauberen Tuch zu arrangieren. Wie zum Frühstück gab es auch diesmal allerlei Köstlichkeiten: frischen Käse, zwei fette, geröstete Feldmäuse, in Honig und knusprigen Körnern gewälzt, und einen kleinen Krug Wein, den sie in irgendeinem namenlosen Dorf erbeutet hatten. Changar aß mit Genuß und fragte sich, wie den Sharanern wohl zumute wäre, wenn sie wüßten, daß der Duft aus ihren Töpfen ihm zu solchem Appetit verholfen hatte.
     
    Gegen den Spätnachmittag war Changar wieder im Lager und erläuterte Vlahan seine Pläne, aber Vlahan war in störrischer, arroganter Stimmung – sogar noch dickköpfiger und überheblicher als gewöhnlich –, und öfter, als Changar Lust zu zählen hatte, zitierte Vlahan die Kundschafter, nach deren Auskunft ein Angriffstrupp nur zur Spitze des Grates hinaufgelangen könnte, wenn den Männern Flügel wüchsen.
    Changar hörte sich den Unsinn geduldig an, um jedesmal schlicht zu erwidern, daß sich die Kundschafter geirrt hätten und daß ein Aufstieg durchaus möglich sei. Schließlich griff er nach einem Stock, malte ein Bild des Grates in den weichen Staub und zeichnete den Felsspalt vom Fuß der Klippen bis zum Gipfel nach. Dann rief er einen seiner Gehilfen herbei, damit der Junge Arme und Beine spreizte, um den Aufstieg durch den Einschnitt pantomimisch darzustellen. Als sich der angehende Krieger Stück für Stück zwischen den imaginären Wänden imaginärer Felsspalten emporarbeitete, begriff Vlahan endlich, worauf Changar hinaus wollte.
    »Und du sagst, wir werden ein langes Seil brauchen?« Vlahan musterte Changar mit harten Augen wie ein Mann, der ein Pferd taxiert.
    Er war gerade dabei, sich den Kopf scheren zu lassen von zwei Konkubinen, die schüchtern um ihn herumflatterten, voller Angst, sie könnten ihn versehentlich schneiden. Sein Schädel war mit einer Art schäumendem Fett bedeckt, das die Prozedur des Rasierens erleichterte. Das Fett hatte zu schmelzen begonnen und tropfte in seinen roten Bart, wobei die Fettropfen ihm ein gefräßiges Aussehen verliehen, das Changar durchaus passend fand. Vlahan würde die Sharaner mit Freuden lebendig und ohne Salz fressen, wenn er nur die Möglichkeit dazu hätte; jetzt bot ihm Changar die Möglichkeit, aber der Magier erwartete keine Dancbarkeit, und Vlahan bezeugte ihm auch keine.
    »Nur für den Abstieg, Rahan. Nicht für den Aufstieg. Auf dem Weg nach oben kann einer der Männer das Seil um seine Taille geschlungen tragen. Sobald er die Spitze erreicht, wird er ...«
    »Das brauchst du mir nicht hundertmal zu erklären«, fauchte Vlahan. »Ich bin schließlich nicht blöde!« Als Vlahan hiermit auftrumpfte, wußte Changar, daß er gewonnen hatte.
    Vlahan zupfte an seinem fettigen Bart und betrachtete seinen Gesprächspartner aus zusammengekniffenen Augen. »Bist du sicher, daß ein Seil genügen wird? Warum nicht vier oder gleich zehn? Wenn sich meine Krieger einer nach dem anderen abseilen müssen, wird das Anschleichen ja bereits die halbe Nacht dauern.«
    Changar tat so, als wälze er diesen törichten Einwand ernsthaft in seinen Gedanken. »Du bist klug, Rahan, wie immer, zehn Seile wären tatsächlich besser. Ich habe törichterweise gedacht ...« Er hielt inne und wartete darauf, daß Vlahan den Köder schluckte.
    »Was gedacht?«
    »Daß sich die Seile, falls wir mehr als eines nehmen würden, ineinander verheddern könnten, wenn die Männer sich zu der Pfadbiegung hinunterschwingen.« Vlahan, der diese Möglichkeit natürlich nicht in Betracht gezogen hatte, reagierte wütend.
    »Und wo sollen wir deiner Meinung nach den Hanf hernehmen, um ein Seil zu flechten, das lang genug ist, um deinen Plan in die Tat umzusetzen?« brüllte er. »Die Sümpfe dieses verfluchten Landes sind voller spröder Schilfhalme, die jedesmal sofort zerbrechen, wenn unsere Frauen sie zu Körben winden wollen!«
    »Wir sollten das Seil aus Leder machen, Rahan.«
    »Leder schrumpft bei feuchtem Wetter, du Idiot!« Vlahan wies zum Himmel hinauf, als wäre ein schweres Unwetter im Anzug. Es war zwar keine einzige Wolke zu sehen, aber Changar wußte, daß es

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