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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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herauszufinden.
    »Weigerst du dich immer noch?« brüllte Changar.
    »Nein.« Marrahs Antwort kam so völlig unerwartet, daß es Changar die Sprache verschlug. Er winkte seinen Gehilfen, ihn auf die Füße zu stellen, und stützte dann die Hände auf ihre Schultern; schweigend starrte er zu Marrah hoch, als ob sie etwas Unglaubliches und vollkommen Unbekanntes wäre.
    »Laß uns fünf Tage Zeit, um unsere Toten zu verbrennen und sie zur Großen Mutter heimzuschicken«, rief Marrah. »Am Nachmittag des fünften Tages werden wir herunterkommen und uns euch ausliefern.«
    Wenn die Sharaner nicht die Finte der Dolmetscherin begriffen hätten, wäre Marrah bei diesen Worten ihres Amtes als Kriegskönigin enthoben gewesen. Sie hatte nämlich kein Recht, eine solche Entscheidung zu treffen, ohne sich vorher mit dem Ältestenrat und den ältesten Mitgliedern jedes Mutterclans zu beraten. Obwohl sie Marrah vielleicht nicht ganz durchschauten, hegten sie volles Vertrauen in ihre Klugheit und protestierten nicht.
    Changar fand endlich seine Sprache wieder. »Ich glaube nicht, daß ich dich richtig verstanden habe, Hexe. Hast du tatsächlich gesagt, ihr würdet euch in fünf Tagen ergeben?«
    »So ist es.«
    Er blickte sie aus schmalen, verschlagenen Augen an. »Ich glaube, du lügst. Du trachtest lediglich danach, Zeit zu schinden. Warum solltest du dich plötzlich so anders besonnen haben?«
    Marrah suchte fieberhaft nach einer Erklärung, die glaubhaft genug klänge; dann erkannte sie, daß sie sich direkt vor ihr befand und es zudem nur eine halbe Lüge war. Sie zeigte auf Keru und ließ ihre Finger zittern, ihre Stimme erbarmungswürdig beben.
    »Ich kann es nicht ertragen, meinen Jungen in Gefahr zu sehen. Laß ihn nicht länger über dem Abgrund baumeln, ich flehe dich an. Du hast gewonnen. Alle deine Bedingungen werde ich erfüllen, um ihn zu retten.«
    Changar musterte sie scharf, ohne zu sprechen. Schließlich wies er den Gehilfen an, Keru hochzuziehen und von der Lücke wegzutragen. Ein Hansi wurde den Pfad hinuntergeschickt, um Vlahans Meinung einzuholen, und Marrah sah Vlahan voller Befriedigung nicken, als er von ihrer Bereitschaft zur Kapitulation erfuhr.
    Als der Bote zurückkehrte, ergriff Changar wieder das Wort. »Der große Vlahan, dessen Stiefel zu lecken du nicht würdig bist, hat sich bereit erklärt, euch fünf Tage Zeit zu lassen«, rief er. »Aber er sagt auch, wenn ihr euch dann nicht ergebt, wird der Junge sterben, und auch ihr müßt alle dran glauben.«
    Changar hätte es dabei belassen können, doch er war ein Hansi-Wahrsager, der eine Position zu behaupten und eine Ehre zu wahren hatte: es war höchste Zeit, Hans Zorn auf diesen elenden Haufen Mutterleute herabzubeschwören und sich in Pose zu werfen, um Vlahan und seinen Kriegern den Eindruck zu vermitteln, daß nur er, der mächtige Changar, die Sharaner in die Enge treiben und ihren Kampfeswillen brechen konnte.
    So stand er eine Zeitlang hochaufgerichtet auf dem Pfad und schleuderte den Sharanern weitere Drohungen entgegen. Es war eine grauenerregende Aufzählung, und sobald Marrah vermutete, daß Keru und Arang in Sicherheit waren, verschloß sie ihre Ohren gegen seine Haßtiraden und hörte nicht mehr zu. Bis die Nomaden abzogen, hatten die Anfänge eines Planes in ihren Gedanken Gestalt angenommen.
     
    Als allererstes ging Marrah geradewegs zu Hiknak und fragte sie, welchem Stamm die Dolmetscherin angehörte. Hiknak, die Tätowierungen so gut zu deuten verstand wie die Priesterinnen die heiligen Schriftrollen, erklärte, daß die Frau eine Zaxtusi-Sklavin sein müsse.
    »Jene beiden blauen Linien auf ihren Lippen bedeuten, daß sie keinen Herrn und Besitzer hat – sonst hätte man fünf Linien gesehen. Der rote Bogen auf ihrer linken Wange bedeutet, daß jeder Krieger mit ihr verkehren kann. Es sind alles Zaxtusi-Symbole, deshalb müssen die Zaxtusi der Stamm gewesen sein, der sie ursprünglich gefangennahm; da ihre Tätowierungen farblich noch so grell erscheinen, wurde sie meiner Ansicht nach erst kürzlich geraubt, vielleicht sogar erst in diesem Sommer.«
    Diese Erklärung ermutigte Marrah sehr. »Wo lagern die Zaxtusi?« wollte sie wissen, und Hiknak war auch darüber im Bilde.
    »Dieser Stamm steht in der Rangordnung an zweiter Stelle, was bedeutet, daß sie nordwestlich der Hansi kampieren müssen.« Sie warf Marrah einen fragenden Blick zu. »Warum interessiert es dich, wo sie ihr Lager haben?«
    »Sperren die Zaxtusi ihre

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