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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Sklaven in Pferchen ein so wie Nikhan?«
    »Nein, das machen sie anders. Sie halten sie in Zelten, bewachen sie gut und töten jeden, der zu fliehen versucht. Die Zaxtusi sind sehr tüchtig. Vlahan setzt sie häufig als Scharfrichter ein, weil sie als einer der wenigen Stämme Würgeschlingen im Kampf benutzen. Sie töten ihre Opfer gern aus unmittelbarer Nähe.« Hiknak hielt inne. »Du wirst mir wohl nicht verraten, warum du all diese Fragen stellst, nein?«
    »Noch nicht«, erklärte Marrah und eilte davon, um eine Sitzung des Ältestenrates einzuberufen.
     

15. KAPITEL
    Wieder wurde ein Seil an der Felswand heruntergelassen. Diesmal bestand es jedoch nicht aus Leder, sondern aus fest miteinander verflochtenen Leinenstreifen, die schwarz gefärbt worden waren, damit die Nomadenwachen am Fuße der Klippen nicht darauf aufmerksam wurden.
    Das Seil reichte vom sharanischen Lager bis auf den Klippenpfad unterhalb der Lücke, wo Changar vor nicht langer Zeit gestanden hatte; und als Batal, die auf dem Dach des Tempels der Kinderträume schwebte, das Seil sah, lächelte sie und segnete es. Dann lachte sie, und die Sterne am Himmel schlugen aneinander wie winzige Kupferglöckchen; die Eulen, die in den Wäldern auf der anderen Seite des Flusses jagten, hörten die feine Musik und das göttliche Lachen Batals; sie hoben zu tanzen an, indem sie in der kühlen Nachtluft Kreise am Himmel zogen und im Sturzflug herab-schossen.
    Marrahs Füße berührten den Pfad, und sie ließ das Seil los, trat zurück und zog einmal ruckartig daran. Hiknak kletterte als nächste herunter, gefolgt von Dalish. Als alle drei sicher auf festem Boden standen, hielten sie einen Moment inne und horchten. Dann wandten sie sich um und schlichen den Klippenpfad abwärts, wobei sie immer dicht an der Felswand blieben.
    Sie boten einen sonderbaren Anblick, so völlig anders als gewöhnlich, daß die Wachtposten, wenn sie die Gestalten entdeckt hätten, wahrscheinlich geglaubt hätten, es gingen Geister um. Marrah trug ein zweites, kürzeres Seil um eine Schulter geschlungen, was ihr eine leicht bucklige Silhouette verlieh. Statt wie sonst bestickte Leinentuniken und sharanische Sandalen zu tragen, waren sie und die anderen wie Hansi-Konkubinen kostümiert – oder zumindest so, wie es mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewerkstelligen gewesen war.
    Die Schneiderinnen, die ihre Verkleidung angefertigt hatten, hatten kein Wolltuch zum Verarbeiten gehabt, weil nur die langhaarigen Nomadenschafe Fell besaßen, das sich zum Spinnen eignete. Aber Eichhörnchenfell – mit Kastaniensud gefärbt, flachgeklopft und von unsichtbaren Leinenfäden verstärkt – sah Filz verblüffend ähnlich, besonders bei Dunkelheit. Nachdem das Woll-Problem einmal gelöst war, ergab es sich wie von selbst, drei Paar ausgebeulter Beinlinge, drei formlose Tuniken und drei schlammbraune Kopftücher zu fabrizieren. Die Anfertigung der Nomadenstiefel hatte ein wenig mehr Zeit erfordert, besonders da der Schuster sie unbedingt mit gepolsterten Sohlen versehen wollte, damit die Frauen so lautlos wie möglich auftreten konnten; die mit roten Troddeln besetzten Stirnbänder dagegen waren die Arbeit eines Augenblicks gewesen, und die Halsketten aus Muscheln und Kupfer hatten bereits existiert.
    Also blieben nur noch die Tätowierungen übrig. Dalish war ja bereits wie eine Konkubine tätowiert, und Hiknak trug ebenfalls ein paar kleine Clanzeichen im Gesicht; aber auf Marrahs Wangen gab es seit dem Tag, an dem sie zur Welt gekommen war, keinerlei Abbildungen; deshalb hatten ihre beiden Gefährtinnen etwas blaue Farbe zusammengemischt und dies erledigt. Weinreben ringelten sich jetzt auf ihrem Gesicht, ihre Augen umrandeten dicke schwarze Linien, und ihre Lippen glänzten vor rotem Fett.
    Als sie mit den anderen den Pfad hinunterwanderte, war sie froh über die Farbe und die Tätowierungen. Sie verbargen ihr Gesicht, verwischten die Konturen ihrer Nase und Lippen und machten sie zusammen mit den formlosen, dunklen Gewändern zu einer ganz gewöhnlichen Erscheinung.
    Sie bewegte sich lautlos auf den Fußballen, wagte kaum zu atmen. An der zweiten Pfadbiegung von unten blieb sie stehen, entrollte das kurze Seil und band es an einem Felsblock fest; abermals glitten die drei Frauen leise an der Felswand hinunter. Als sie diesmal festen Boden unter sich fühlten, waren sie am Fuße der Klippen angelangt, ein ganzes Stück rechts von den Wachtposten, aber noch nahe genug, um

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