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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Handbewegung, doch Vlahan schien noch immer nicht überzeugt.
    »Du siehst grün im Gesicht aus, Turthan. Ist es Furcht?«
    Turthan war so beleidigt über diese Bemerkung, daß er nicht übel Lust gehabt hätte, Vlahan gleich hier und jetzt zu erledigen – aber man konnte nie wissen, wie viele Hansi-Wachen draußen vor dem Zelt herumlungerten.
    »Ich habe vor nichts und niemandem Angst«, erwiderte Turthan und fügte schweigend hinzu: Nicht einmal vor dir – ganz besonders nicht vor dir – du Haufen Dreck!
    »Auch nicht vor einer Frau?«
    Die beiden Männer lachten schallend über diesen Scherz, aber ihr Lachen hatte die kränkliche Färbung von Turthans Gesicht. Allmählich beruhigten sie sich wieder, Vlahan verabschiedete sich, um dem nächsten Lager seinen Besuch abzustatten. Endlich konnte sich Turthan erleichtern. Das Prickeln in seinem Kopf war inzwischen schlimmer geworden, und er fühlte einen stechenden Schmerz im unteren Teil des Rückens.
    Als er in sein Zelt zurückkehrte, rief er nach seiner Ehefrau und befahl ihr, ihm mehr Essen zu bringen und seine zweijährige Tochter Tarknak hereinzuschicken. Er war dem Kind sehr zugetan, obwohl er einen Jungen vorgezogen hätte; jetzt hielt er sie eine Zeitlang auf seinem Schoß und hörte ihrem Geplapper zu. Tarknak beklagte sich, daß die Sklavinnen ihr nichts von der Fischsuppe hätten geben wollen, und sie verlangte, von seiner zu kosten; aber die Schale war leer, und so gab Turthan ihr Rosinen, die sie gierig hinunterschlang. Bald kam seine Ehefrau herein und nahm die Kleine wieder mit; es wäre schon längst Schlafenszeit für Tarknak, erklärte sie. Dem widersprach Turthan nicht, weil ihm plötzlich schrecklich übel war.
    Als seine Ehefrau zum dritten Mal zurückkehrte, um ihm eine Schale Milch und mehrere gebratene Fleischspieße zu bringen, fand sie ihn auf seinem Bett liegend vor, wo er sich stöhnend zusammengerollt hatte. Seine Schaffelle waren voller Erbrochenem, und die Luft um ihn herum stank wie die Pest.
    »Der Fluch des Schlangen-Vogels!« rief sie erschrocken und ließ die Fleischspieße fallen, aber Turthan war nicht so krank, daß er stillschweigend solchen Unsinn aus dem Mund seiner eigenen Ehefrau duldete.
    »Schweig still!« brüllte er. »Es gibt keinen Fluch!« Doch später, als er anfing, keuchend nach Luft zu ringen, seine Hände in das Fell zu krallen, und um Linderung des mörderischen Feuers in seinen Eingeweiden betete, änderte er seine Meinung.
     
    Verwirrung im Nomadenlager! Zelte liegen umgekippt auf dem Boden, Satteltaschen werden in aller Hast gepackt, Pferde mitten in der Nacht zusammengetrieben. Der Regen fällt in Strömen vom Himmel, benetzt die Gesichter der völlig verängstigten Frauen, während sie kranke Männer zu den Schlitten schaffen.
    Einige der Krieger zucken unkontrolliert am ganzen Körper und schreien, als kämpften sie gegen Dämonen; andere würgen und erbrechen sich, ringen keuchend nach Atem. Neun der fünfzehn Unterhäuptlinge sterben, einhundert von den Kriegern, vielleicht sogar mehr. Ein paar Frauen, aber nicht viele. Vielleicht keines der Kinder ...
    Die Sklavinnen hatten scharf auf die Kinder aufgepaßt, hatten sie immer wieder weggezogen, wenn sie in die Nähe der Kochtöpfe kamen; sie hatten ihnen Schalen mit Fischsuppe aus der Hand geschlagen, waren gegen sie gestoßen, um den Inhalt der Näpfe zu verschütten, und bezogen dann für ihre Ungeschicklichkeit Prügel.
    Jetzt ist die Mehrzahl der Sklavinnen weggelaufen, und die Männer, die sie hätten bewachen sollen, sind zu krank, um sich darum zu kümmern.
    Es gießt nur so vom Himmel, und die Wassermassen verwandeln den Boden unter den Stiefeln der Frauen in einen Sumpf. Alles ist mit Morast bespritzt, selbst die Gesichter der Toten. Stöhnend und schreiend zerren die in Panik geratenen Frauen die Leichen ihrer Ehemänner und Herren zu den Schlitten und binden sie fest, in der Absicht, sie später mit all den Ehren zu begraben, die Männern zustehen; und in dieser Nacht, während sie nach Norden fliehen, sterben noch mehr von ihnen.
    Gegen Morgen hat die Angst der Frauen vor dem Fluch des Schlangen-Vogels derartige Ausmaße angenommen, daß sie die Toten in aller Hast losbinden, sie in die Büsche werfen und ohne sie davongaloppieren. Keiner kann sagen, wie viele zugrunde gehen, aber noch Jahre danach stolpern sharanische Jäger über die moosbedeckten Skelette von Vlahans Männern.
    Fünfzehn große Stämme spalten sich in dreißig kleine

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