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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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ein Lösegeld von Vieh und Gold einzutauschen.«
    Der Krieger hielt inne, um erneut aus dem Weinkrug zu trinken. Als er seine Kehle angefeuchtet hatte, starrte er Marrah ausdruckslos an und fuhr in demselben monotonen Tonfall fort, als sei seine Geschichte von einem Mann, der um Haaresbreite dem Tod entronnen, in Gefangenschaft geraten und auf wundersame Weise wieder auferstanden war, etwas ganz Alltägliches.
    »Stavan, Sohn von Zuhan, sagt zu Marrah aus Shara:
Während ich gefesselt in Rikhans Zelt lag, wurde ich von seiner Tochter Driknak gepflegt, Driknak, Tochter von Rikhan, kümmerte sich liebevoll um mich, und Rikhan sagte, wenn ich bereit sei, sie zu heiraten, werde er mir die Freiheit schenken. Also heiratete ich sie, und sobald der Schnee schmolz, verließ ich das Lager der Xarkarbai mit meiner Ehefrau und ...«
    Was hatte der Krieger gerade gesagt? Hatte er gesagt, Stavan wäre verheiratet? Daß er eine Nomadenehefrau habe? Die Bienen in Marrahs Kopf summten plötzlich noch lauter, und die grenzenlose Erleichterung, die sie gefühlt hatte, als sie erfuhr, daß Stavan lebte, wurde von Verwirrung und einer nagenden Besorgnis um seine Befindlichkeit verdrängt.
    Sie wußte, daß Stavan sie liebte, keine Sekunde zweifelte sie daran – er hatte ihr immer wieder versichert, er würde niemals eine andere Frau in sein Bett nehmen. Sie konnte es durchaus verstehen, wenn er seine Meinung inzwischen geändert hätte – schließlich waren sie seit langer Zeit getrennt, und tatsächlich hatten sie niemals einen Treueschwur geleistet, der sie auf immer verband – aber in was für Intrigen mußte er verstrickt worden sein und wie sehr mußten ihn die Nomaden unter Druck gesetzt haben, um ihn dazu zu bewegen, sich eine Ehefrau nach Nomadensitte zu nehmen?
    Seit er die Lebensweise der Mutterleute kennengelernt hatte, hatte Stavan einen Gesinnungswandel durchgemacht: Ein Mann konnte seine Frau nicht als Privatsache betrachten, als wäre sie ein Pferd oder ein Hund, der ihm gehörte; aber das war es, worauf eine Nomadenehe letztendlich hinauslief: der Besitzer und sein Eigentum.
    Marrah blickte auf und merkte, daß der Bote zu sprechen aufgehört hatte und sie unsicher anstarrte. »Fahre fort«, sagte sie, und wieder tat sie ihr Bestes, um geduldig zuzuhören, ohne ihn zu unterbrechen.
    »Stavan, Sohn von Zuhan, schickt all seine Zuneigung und Grüße an Marrah aus Shara und sagt folgendes«, begann der Bote.
»Gute Neuigkeiten. Die Zwanzig Stämme ...«
    Marrah begriff, daß er abermals von vorne anfing. Jetzt reicht's mir aber! dachte sie. Geduldig hatte sie gewartet, mit Würde, und jetzt wollte sie keine Zeit mehr verlieren. Sie hatte genug von diesen lächerlichen Formalitäten. Nikhans Krieger waren nicht mehr in der Steppe, und es wurde höchste Zeit, daß sie die Sitten und Gebräuche der Mutterleute kennenlernten.
    Mit gebieterisch erhobener Hand befahl sie: »Hör auf!«
    Ihre Stimme klang scharf, und der alte Krieger klappte den Mund zu – schneller, als eine Schildkröte den Kopf unter ihren Panzer einziehen konnte – und deutete eine demütige Verbeugung an, wie um zu sagen, daß er alles tun würde, was sie wünschte. Marrah stellte erleichtert fest, daß sie die Macht hatte, ihn dazu zu bringen, sich wie ein vernünftiger Mensch zu benehmen.
    »Erzähl mir einfach alles«, befahl sie. »Vergiß die Nachricht, die du auswendig gelernt hast. Sag mir einfach in deinen eigenen Worten: Hat Stavan diese Driknak wirklich nach Nomadensitte zur Ehefrau genommen?«
    »Ja, Rahan.«
    »Wo ist er dann? Und warum ist er nicht selbst gekommen, um mir von seiner Eheschließung zu erzählen? Ist er bei guter Gesundheit? « Sie wollte eigentlich fragen, ob der Nomadenhäuptling, der Stavan gefangengenommen hatte, ihn gefoltert hätte, aber der Gedanke war so furchtbar, daß sie zögerte, ihn in Worte zu fassen.
    »Schlimmes Bein«, murmelte der alte Krieger unbehaglich.
    »Du meinst, er ist verletzt worden?«
    »Ja, Rahan.«
    »Wie schwer? «
    »Gebrochen, zusammengeflickt. Nicht jetzt. Später.«
    Marrah war erleichtert. Sie lockerte ihre Fäuste und schickte ein stummes Gebet um Geduld zum Himmel hinauf. »Willst du damit sagen, daß Stavans Bein heilt und daß er später in diesem Sommer nach Shara kommt?«
    Der Krieger nickte nervös.
    »Ah«, sagte Marrah. »Ich danke dir. Und seine neue Ehefrau? Wird er sie mitbringen?«
    »Stavan, Sohn von Zuhan, schickt all seine Zuneigung und Grüße an Marrah aus Shara und sagt

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