Althalus
Andine nicht deine Schwester? Auch da besteht eine Verbindung, stimmt's? «
»Ich glaube schon«, gab Leitha zu.
»Warum machst du dann ein solches Getue? Du bist mit Eliar verbunden, seit wir alle Kweron verlassen haben. Du musst es lediglich offen eingestehen. Vielleicht wollen wir das später noch ausweiten und jeden in dieser Familie miteinander verbinden. Das könnte sich als außerordentlich nützlich erweisen. Liebe ist etwas Schönes, Leitha. Du brauchst keine Angst davor zu haben.«
»Ich habe das Gefühl, dass ich auf ausgesprochen schlaue Weise beeinflusst werde.« Leitha wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Was hältst du davon, Eliar?«
»Ich habe mich immer schon gefragt, wie es wäre, Geschwister zu haben.« Er lächelte ein wenig verlegen. »Ich glaube, wir müssen es sowieso tun, Leitha. Du weißt wie Emmy ist. Außerdem würde ich wirklich gern wieder sehen können.«
Sie strich ihm sanft über die Wange. »Na, dann schauen wir mal, was wir tun können, Bruder«, sagte sie liebevoll.
Leitha ging sehr langsam und scheu vor und manchmal errötete sie heftig, wie auch Eliar. »Es ist wirklich nicht von so großer Bedeutung, Kinder«, versicherte Dweia den anderen. »Das sind nur körperliche Unterschiede. Sie haben wenig mit dem zu tun, was ihr tatsächlich seid. Wir alle sind uns zu jeder Zeit unserer Körper bewusst und diese Bewusstheit sollte euch nicht aus der Fassung bringen.« Sie machte eine Pause, und Althalus spürte, wie sie überlegte. »Fangen wir mit Geschmack und Geruch an«, schlug sie schließlich vor. »Diese Wahrnehmungen sind ziemlich einfach. Geh und hol mir eine Blume, Gher.«
»Irgendeine?«, fragte der Junge.
»Eine mit möglichst starkem Duft.«
»Ich bin gleich wieder da«, versprach Gher und rannte aus dem Zelt.
»Nimm eine von diesen Grünbeeren, Althalus«, wies Dweia ihn stumm an. »Schweig darüber. Sieh nur zu, dass du sie in Leithas
Mund kriegst.«
»Ich dachte, die Beeren sind giftig.«
»Nur wenn man eine Hand voll davon schluckt.«
Althalus winkte knapp, um Leitha auf sich aufmerksam zu machen, dann drückte er rasch einen Finger auf die Lippen. Sie nickte. Althalus trat an den Tisch und nahm eine der kleinen Grünbeeren.
Damit kehrte er zum Bett zurück, gab sie Leitha und deutete auf ihren Mund. Wieder nickte sie und schob sie in den Mund. Als sie die Beere zerbiss, verzog sie das Gesicht und kräuselte die Lippen. »Das schmeckt ja scheußlich!«, rief Eliar. Auch er verzog das Gesicht und versuchte auszuspucken. »Es ist das Wundervollste, das du je gekostet hast, Eliar«, versicherte Dweia. »Das geht ja großartig!«
Die kleine gelbe Blume, die Gher brachte, damit Leitha daran roch, löste bei Eliar Lachen aus. »Blutest du stark, Gher?«, fragte er den Jungen.
»Bluten?«, erwiderte Gher verwundert.
»Das ist eine Blüte vom Höllenbusch, oder? Sie riecht fast so ste
chend, wie die Dornen scharf sind.«
»Es funktioniert, nicht wahr, Em?«, jubelte Althalus stumm.
»Bisher ja. Nimm Leitha jetzt zur Seite und flüstere ihr etwas zu. Ihre Nasen und Münder scheinen miteinander verbunden zu sein. Jetzt wollen wir sehen, wie es mit den Ohren ist.«
Nachdem Eliar Wort für Wort wiederholt hatte, was Althalus Leitha zugeflüstert hatte, wies Dweia Althalus an, Leithas Fuß zu kitzeln. Sofort riss Eliar sein en Fuß zurück.
»Vier von vier!«, erklärte Dweia laut. »Jetzt kommen wir zu den wirklich wichtigen. Ich möchte, dass du deine Wange an die von Eliar legst und dass deine Augen so nahe an seinen sind wie möglich. Denk an nichts Besonderes und blicke zum Zeltdach hinauf statt in jemandes Gesicht. Stellen wir erst einmal fest, ob er das Licht sehen kann, bevor wir zu Einzelheiten übergehen.«
Leitha nickte und kniete sich neben Eliars Bett. Dann drückte sie vorsichtig ihr Gesicht an seines. »Ich kann sehen!«, rief Eliar. »Es ist nicht mehr dunkel!«
»Beweg ganz langsam die Augen, Leitha«, wies Dweia sie an. »Er muss sich hier an einiges gewöhnen. Schau jetzt Andine an.«
»Ist gut«, bestätigte Leitha.
»Sie wirkt irgendwie anders«, beschwerte Eliar sich.
»Leitha sieht sie nicht auf dieselbe Weise wie du, Eliar«, erklärte Dweia. »Frauen sehen Frauen ein wenig anders als Männer. Aber ich glaube nicht, dass wir uns jetzt darüber unterhalten müssen. Kannst du sie deutlich erblicken? «
»Ja, aber irgendwie ist sie nic ht mehr im Mittelpunkt.«
»Was soll das heißen?«, fragte Andine verärgert.
»Er
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