Althalus
rechten Fleck. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie schlimm hier alles war, als Pelghat den Thron bestiegen hatte!
Wenn ich genau wüsste, wer den Tod dieses Verrückten eingefädelt hat, würde ich vor ihm auf die Knie fallen und ihm die Füße küssen.«
Andine hob einen ihrer niedlichen Füße und betrachtete ihn kritisch. »Sie sind zurzeit nicht allzu sauber, Schatzmeister Aidhru«, meinte sie mit verschmitztem Lächeln. »Vielleicht können wir darauf zurückkommen, sobald ich gebadet habe.«
Aidhru blinzelte. »Ich hätte es mir denken können«, sagte er und musste plötzlich lachen. »Wie war's, wenn wir einen weichen Sessel in einem warmen Gemach für unseren knurrigen alten Freund hier suchen? Dann können wir uns in aller Gemütlichkeit über gedungene Mörder, Regierungsformen und die Frage unterhalten, wie in aller Welt wir das Volk von Treborea bis nächstes Frühjahr satt bekommen.«
Die Ratskammer, zu der Schatzmeister Aidhru sie führte, war groß und bequem ausgestattet. »Ich könnte Bier bringen lassen«, schlug Aidhru mit einem Blick auf die riesenhaften Arumer vor. »Nicht für mich, trotzdem danke«, entgegnete Häuptling Twengor. »Doch etwas zu essen wäre nicht schlecht.« »Fühlst du dich nicht wohl, Onkel?«, fragte Häuptling Laiwon erstaunt.
»Ich fühle mich sogar sehr wohl, Junge, und möchte nicht, dass sich daran etwas ändert«, antwortete Twengor. »Ich weiß nicht, wie es Althalus gelungen ist, alle Rückstände von zehn Jahre Saufen aus meinem Blut zu entfernen. Jedenfalls habe ich mich nicht mehr so gut gefühlt, seit ich ein Knabe war, und ich will kein Wagnis mehr eingehen.«
»Hättest du etwas dagegen, wenn ich das freundliche Angebot nicht ablehne?«, fragte Laiwon.
»Es ist dein Bauch - und dein Schädel.«
Alle ließen sich in den weichen Sesseln am Konferenztisch nieder. Althalus eröffnete die Sitzung.
»Wir brauchen genaue Zahlen«, begann er, »um zu wissen, wie viele Münder wir füttern müssen und wie viel Getreide sich in den Speichern von Kanthon, Osthos und den anderen treboreanischen Städten befindet. Sobald wir diese Zahlen überdacht haben, wissen wir, wie viel Getreide fehlt.« Er blickte Aidhru an. »Unsere kleine Mutter hat bereits Schritte unternommen, die Sache ins Rollen zu bringen.«
Andines Stimme hob sich auf die bekannte, eindringliche Weise.
»Würdet Ihr damit aufhören? Ich bin niemandes ›kleine Mutter‹.« »Sie könnte Euch vielleicht versohlen«, warf Leitha ein, »aber wahrscheinlich nicht zu fest.«
»Kommen wir wieder zur Sache«, fuhr Althalus fort. »Arya Andine hat bereits Herzog Olkar nach Maghu drüben in Perquaine gesandt. Olkar ist selbst Kaufmann und kennt die meisten dortigen Getreidehändler. Sobald ich genau weiß, wie viel hier fehlt, begebe ich mich nach Maghu und teile Olkar mit, wie viele Tonnen Getreide wir brauchen werden. Ich glaube nicht, dass wir die gesamte Ernte dieses Jahres aufkaufen sollten.«
»Großer Gott, nein!«, entfuhr es Aidhru, »das dürfte jede Schatzkammer von Treborea leeren.« Er blickte Andine unsicher an. »Ehe ich zu viele Erklärungen abgebe, Arya Andine, müsste ich wissen, als was ich mich hier betrachten darf. Bin ich Kriegsgefangener, Geisel, Sklave?«
»Wir denken uns ein en Titel für Euch aus, Schatzmeister Aidhru«, versprach sie.
»›Kaiserlicher Berater‹ hört sich schön an«, schlug Leitha vor. »Unserer Andine gefällt der Titel »Kaiserin von Treborea‹. Nicht wahr, Liebes?«
»Nicht mehr, Leitha«, entgegnete Andine. »Eine solc he Wahnvorstellung hege ich nicht mehr. Nennen wir Kanthon einstweilen »Protektorate Es ist ein ziemlich unbestimmter Begriff, der nicht zu viele Leute kränken wird -und er ist nur vorläufig. Sehen wir erst einmal zu, dass wir durch den Winter kommen und Ghends sämtliche Knechte ausrotten, bevor wir uns etwas Dauerhafteres einfallen lassen. Bei »Protektorat wird es natürlich nicht bleiben. Das ist nur vorläufig - bis sich alles beruhigt hat.«
»Was vermutlich nicht mehr als zwei Jahrhunderte dauern wird«, flüsterte Twengor seinem Neffen zu. »Oder drei«, murmelte Laiwon. »Im Höchstfall fünf.«
36
»Es ist nicht ganz so schlimm, wie Andine offenbar annimmt, Em«, berichtete Althalus der Göttin, als er und Eliar auf dem Weg nach Maghu und zu Herzog Olkar kurz in den Turm kamen. »Dhakan hat seine jährliche Bestandsaufnahme im Kopf, und als wir das Getreide in den kanthonischen Speichern dazurechneten,
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