Althalus
nicht niet-und nagelfest ist. Danach werden ihnen die Rotkutten alles, was sie erbeutet haben, wieder abschwindeln.«
Althalus schüttelte den Kopf. »Wo soll das enden?«
Der Fassadenkletterer lachte zynisch. »Die Reichen werden erkennen, von woher der Wind weht und diese neuen Priester bestechen. Daraufhin ändern sich die Predigten. Statt der sozialen Gerechtigkeit werden sie ›Friede und Demut‹ preisen. Und aus ›ge-rechter Anteil‹ wird »himmlische Belohnung‹. Es ist derselbe alte Schwindel wie eh und je, mein Freund. Schließlich besinnen die Priester sich ihrer »Bürgerpflicht und schwärzen alle Anführer des Aufstands bei den Behörden an. Über kurz oder lang werden dann in ganz Perquaine die Bäume mit baumelnden Bauern geschmückt sein. So enden Revolutionen immer.«
»Du hast eine sehr zynische Art, die Welt zu sehen, mein Freund«, bemerkte Althalus. »Ich habe tief in die Herzen meiner Mitmenschen gesehen, und um ehrlich zu sein, ich würde lieber in eine Senkgrube blicken.«
»Du hast da jedoch eine interessante Möglichkeit aufgeworfen«, stellte Althalus nachdenklich fest. »Wenn wir alle in grüne -meinetwegen auch blaue - Kutten schlüpften und den Bauern angeblich im Namen irgendeiner neuen Gottheit predigten -nein, besser noch einer sehr alten, längst vergessenen -, könnten wir doch den gleichen Schwindel abziehen wie diese Rotkutten. Es hat ganz den Anschein, als ließe sich mit Religion viel Geld machen.«
»Ich glaube, ich weiß genau die richtige Gottheit dafür«, warf der Taschendieb grinsend ein.
»Ach?«
»Ja. Dweia.«
Althalus verschluckte sich beinahe.
»Immerhin war sie vor ein paar tausend Jahren die Göttin von Perquaine«, erklärte der Taschendieb. »In Maghu gibt es sogar einen Dweia-Tempel - auch wenn die Braunkutten ihn sich unter den Nagel gerissen haben. Wenn mich nicht alles täuscht, steht Dweias Statue sogar noch in einem staubigen Winkel. Dweia wäre perfekt für so einen Plan.«
Der langnasige Fassadenkletterer lachte, dann warf er sich in Pose und hob segnend eine Hand. »Versammelt euch zum Gebet, o meine Kinder«, rief er mit tönender Stimme, »und betet zu Dweia, der einstigen und künftigen Göttin des fruchtbaren Perquaine. Fleht sie an, o meine Brüder und Schwestern, auf dass sie zurückkehren und die Ungläubigen aus unserem geliebten Perquaine vertreiben möge, um unserem Mutterland Ruhm und Glanz wie derzubringen.«
»Amen!«, rief der Taschendieb und brach in Gelächter aus.
Althalus zitterte heftig, als er die Kaschemme verließ.
»Das ist es also«, murmelte Dweia, als Althalus ihr erzählte, was er
von der Unterwelt in Maghu erfahren hatte.
»Das also ist was, Schatz?«
»Ghend lässt seine Fantasie spielen. Die Daeva-Priester in Nekweros tragen rote Kutten.«
»Dann ist dieser Bauernaufstand also etwas mehr als nur die Aufwiegelei einer Gruppe von Opportunisten? Die Bauern sollen zur Anbetung deines Bruders bekehrt werden.«
»Unmöglich erscheint es mir nicht. Mit seinen konventionellen Kriegen hatte Ghend bisher nicht viel Glück. Jetzt versucht er politische Revolution mit religiöser Überzeugung zu vermischen.«
»Da braut er ja etwas ziemlich Unverdauliches zusammen.«
»So ist es. Ich weiß nur nicht, wie er Daeva als Freund des Volkes hinstellen will. Was Überheblichkeit betrifft, ist Daeva sogar noch ärger als Deiwos. Wir sollten Albrons Heirat schnell hinter uns bringen, damit wir uns wieder mit Maghu befassen können, ehe ganz ganz Perquaine in Flammen aufgeht.« Dweia blickte Eliar an. »Wir
werden die Türen benutzen, um alle Hochzeitsgäste zu Albrons
Halle zu bringen.«
»Ich glaube nicht, dass das Wetter mitspielt, Emmy«, meinte Eliar. »Würden wir auf normale Weise reisen statt durchs Haus, wäre es tiefster Winter, bevor wir das Fort meines Häuptlings erreichten. Es sähe allerdings glaubhafter aus, würden ein paar Schneestürme toben.«
»Ich würde da lieber nicht eingreifen. Die Gletscher fangen zu schmelzen an, und es wäre zu gefährlich. Sag den anderen, sie sollen des Öfteren von ›ungewöhnlichem Wetter‹ und ›sehr mildem Winter‹ reden. Das machte es unauffällig.«
»Wie geht es Bheid?«, erkundigte Eliar sich.
»Ziemlich unverändert. Er versinkt immer noch in seiner Schuld oder vielmehr, was er dafür hält.« »Wie lange, glaubt er, dass er bereits hier ist?« »Da ist er nicht sicher. Er bringt Echtzeit und Hauszeit durcheinander. «
»›Hauszeit‹ gefällt mir, Em«,
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