Althalus
haben. Aber da es sich um eine reine Familienangelegenheit handelt, habt ihr zwei nichts damit zu tun.« Das Gesicht des Greises wurde sehr ernst. »Du wirst Ghend noch einmal Wiedersehen, Althalus, und dann musst du auf ihn vorbereitet sein.«
»Was erwartet man von mir? «
»Das musst du selbst entscheiden. Als du in die Vergangenheit zurückgekehrt bist und Änderungen vornahmst, hast du unbeabsichtigt auch manches andere umgewandelt. Wie schon gesagt dein Plan war sehr klug, das gebe ich zu, aber nicht ganz ungefährlich. Ghends Rache wird schrecklich sein. Es kann dazu kommen, dass er in seiner Wut Türen öffnet, die besser für alle Zeiten geschlossen blieben. Deshalb musst du etwas Ähnliches tun. Wenn du in dich gehst und darüber nachdenkst, wird dir einfallen, was du unternehmen musst. Aber sei äußerst vorsichtig, wenn es so weit ist! Ich habe viel Zeit und Mühe in diesen Ort gesteckt, und ich hätte nicht gern, dass du ihn zunichte machst.«
»Zunichte? «
»Das Wort ist nicht allzu genau, aber es gibt keines, das beschreiben könnte, was passiert, wenn ihr nicht vorsichtig seid. Ich an deiner Stelle würde den Türen einstweilen fernbleiben. Ihr habt sie benutzt, um die Realität zu ändern, und ihr beginnt Dinge zu verlagern, die in Ruhe gelassen werden sollten. Es wäre keine gute Idee, jetzt auch noch an den Jahreszeiten herumzupfuschen.«
»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Sogar schon bevor wir Hule verließen.«
»Es ist dir geglückt, wenigstens etwas richtig hinzubekommen. Beim ersten Mal hast du das Haus bei Anbruch des Winters erreicht. Ich an deiner Stelle würde dafür sorgen, dass es diesmal nicht anders ist. Alles hat seine bestimmte Zeit, und je wichtiger etwas ist, desto notwendiger ist der richtige Zeitpunkt. Du solltest das Haus natürlich nicht zu spät erreichen -doch zu früh anzukommen, könnte sich als ebenso gefährlich erweisen.«
»So etwas dachte ich mir schon. Ich werde dafür sorgen, dass wir das Haus zu genau der gleichen Zeit erreichen.«
»Gut.« Der Greis betrachtete Althalus nachdenklich. »Ich verstehe wirklich nicht, was Dweia gegen deinen Umhang hat. Ich finde, er sieht prächtig aus.«
»Ja, der Meinung war ich auch immer.«
»Du würdest ihn wohl nicht verkaufen?«
Althalus wand sich.
»Schon gut, Althalus, ich werde nicht darauf bestehen. Doch es gibt da etwas, auf das ich sehr, sehr großen Wert lege.«
»Ach? «
»Behandle meine Schwester gut. Wenn du sie enttäuschst oder ihr wehtust, musst du dich bei mir verantworten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?« Althalus schluckte und nickte.
»Ich bin froh, dass wir einander verstehen. Es war nett, mit dir zu plaudern. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag.« Damit schlenderte der Greis vor sich hin pfeifend weiter.
»Also, so was passiert nun wirklich nicht jeden Tag«, sagte Gher mit zittriger Stimme. »Ihr habt gesagt, dass auf unserem Weg zurück zum Haus etwas Wichtiges geschehen würde. Das war es doch, nicht wahr? «
»Ich glaube nicht, dass es noch zu etwas Wichtigerem kommen könnte.« »Meint Ihr, wir sollten Eliar rufen, damit er Emmy ausrichtet, dass wir ein bisschen später kommen?«
»O nein!«, entgegnete Althalus, »der alte Mann benutzte zwar immer wieder das Wörtchen ›Ratschlag‹, aber ich habe sehr wohl verstanden, was er gemeint hat. Wir sollen den Türen fernbleiben wahrscheinlich auch den Fenstern. Ich will in dieser Beziehung kein Wagnis eingehen.«
»Emmy hat uns bestimmt sowieso durchs Fenster beobachtet, glaubt Ihr nicht?«
»Da bin ich mir fast sicher. Sie behält mich gern im Auge. Packen wir unsere Sachen zusammen und reiten weiter. Wir haben noch ein ordentliches Stück vor uns, und wir wollen doch nicht zu spät ankommen.«
Sie gönnten sich ein rasches Frühstück, dann ritten sie nord
wärts zum Rand des Abgrunds, den Althalus für sich immer noch das Ende der Welt nannte. »Ich dachte, dieser Baum wäre abgestorben, Althalus.« Gher runzelte die Stirn. »So tot find ich ihn gar nicht.«
Althalus blickte scharf zum Rand der Welt. Der Baum war immer noch verkrüppelt und knochenweiß, trug jetzt aber Laub -herbstbunte Blätter in Rot und Gold krönten ihn in aller Pracht.
»So war er vorher nicht, oder?«, fragte Gher.
»Nein«, antwortete Althalus verwirrt.
»Wieso lebt er jetzt wieder? Was meint Ihr?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Gher.«
»Meint Ihr, dass es etwas bedeutet?«
»Ich weiß es nicht. Eine Sache mehr,
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