Althalus
Ghend und Khnom auf die unsinnige Idee kommen, Gher und mir zu folgen. Ich mag es nicht, wenn mir jemand bei der Arbeit zuschaut. Also mach sie hier schön betrunken, damit ich ihnen nicht irgendwo oben in den Bergen das Lebenslicht ausblasen muss.«
»Du kannst dich auf mich verlassen, Althalus«, versprach Nabjor und griff rasch nach der Goldmünze in der Hand seines Freundes.
47
Althalus verspürte ein seltsam unwirkliches Gefühl, fast als träumte er, als er in Ghers Begleitung von Nabjors Lager ostwärts durch die späte Nacht ritt. Ihre sorgfältig durchdachte Veränderung der Vergangenheit war gut gegangen -fast zu gut, vielleicht. Es waren keine einschneidenden Änderungen gewesen, aber sie hatten einiges in Bewegung gesetzt, das Althalus nicht völlig verstand.
»Ihr seid so still«, wandte Gher sich zwischen den mächtigen Bäumen an ihn.
»Ich fühle mich irgendwie beklommen«, gestand Althalus. »Ich habe Angst, dass wir unbeabsichtigt irgendwelche Türen geöffnet haben, die lieber geschlossen hätten bleiben sollen.«
»Emmy kann das schon richten.« »Ich glaube nicht, dass es ihre Aufgabe ist -eher die meine.« »Wie lange sollen wir eigentlich noch so herumtrotten? Wir brauchten doch bloß Eliar rufen und im Handumdrehen sind wir zu Hause.«
»Das dürfte nicht ratsam sein, Gher. Es ist zwar nur so eine Ahnung, aber beim letzten Mal sind Dinge geschehen, die wir meines Erachtens in Betracht ziehen müssen.«
»Zum Beispiel?«
»Das weiß ich nicht, darum bin ich ja so unruhig. Jedenfalls halte ich es für besser, hier auf dem Weg zu bleiben.«
»Habt Ihr das Emmy schon gesagt?«
»Noch nicht. Irgendwann erfährt sie es sowieso.«
»Sie wird ganz schön sauer auf Euch sein.«
Althalus zuckte die Schultern. »Das wäre nicht das erste Mal. Ich finde, wir haben genug der Vergangenheit verändert. Wir haben Ghend betrogen, ich konnte meinen Umhang behalten, und wir haben Daevas Buch gestohlen. Das reicht. Irgendetwas ist letztes Mal geschehen, das unbedingt auch diesmal geschehen muss -denn wenn nicht, könnte alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.«
»Seid Ihr sicher, dass Ihr nicht versehentlich aus Ghends Becher getrunken habt? Was Ihr da sagt, macht keinen Sinn.«
»Wir werden sehen.«
Der Morgen graute nebelverhangen über den tiefen Wäldern von Hule, als Althalus und Gher zwischen den gigantischen Bäumen hindurch ihren Weg nach Osten fortsetzten. »Wir müssen auf Wölfe achten«, warnte Althalus.
»Wölfe?«, fragte Gher erstaunt. »Ich hab gar nicht gewusst, dass es in Hule Wölfe gibt.«
»Hat es aber - oder vielmehr, es gibt sie im Jetzt. Es ist ein anderes Hule, als du gekannt hast und mit dem wir vertraut sind. Es ist viel wilder, als es in kommenden Zeiten sein wird. Die Wölfe dürften jedoch kein großes Problem sein, da wir diesmal auf Pferden sitzen und schneller sind als sie. Aber halte trotzdem Augen und Ohren offen.«
»Damals war es richtig aufregend, nicht wahr?«
»Manchmal zu sehr. Reiten wir schneller, Gher. Wenn Nabjor tut, worum ich ihn gebeten habe, wird es eine ganze Weile dauern, bis Ghend dahinter kommt, was wir getan haben. Trotzdem möchte ich sehr weit weg sein, wenn es ihm dämmert.«
»Was könnte er denn tun?«
»Uns eine ganze Armee in den Weg stellen, vielleicht. Du darfst nicht vergessen, dass er in dieser Zeit auf Pekhals und Geltas Hilfe zurückgreifen kann.«
»Das hatte ich vergessen«, gestand Gher.
»Zum Glück habe ich daran gedacht.«
»Vielleicht sollten wir eine Zeit lang galoppieren.«
»Gute Idee, Gher.«
Dank ihrer schnellen Pferde legten sie die Strecke von Nabjors Lager zum Rand des gewaltigen Waldes in der halben Zeit zurück, die Althalus damals zu Fuß gebraucht hatte. Die Wälder lichteten sich, als sie zum Hochland von Kagwher hinaufritten, nach Norden abbogen und so denselben Weg nahmen wie Althalus vor fünfundzwanzig Jahrhunderten.
Die Luft wurde kälter, je weiter sie nordwärts kamen, und in einer frostigen Nacht, als sie an ihrem Lagerfeuer saßen, sah Althalus das vertraute Bild am Nordhimmel. »Ich glaube, wir sind schon ziemlich nahe«, sagte er zu Gher.
»Wirklich? « Althalus deutete nach Norden. »Gottesfeuer«, erklärte er. »Ich kann es nicht beschwören, aber mir ist, als würde bald eines jener
Ereignisse eintreten, die wenigstens in etwa so ablaufen sollen wie beim letzten Mal.« »Ich wünschte, Ihr könntet mir ein paar Hinweise geben, wonach wir Ausschau halten müssen.«
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