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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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fertig. Plotek war ganz der Jesus, wie er leibt und lebt, mit einem Gesichtsausdruck wie Golgatha.
    Mit »Um Hiiiiimmels willen, wie sehen Siiiie denn aus!«, empfing die Wirtin Plotek in der Gaststube, so dass alle anderen Frühstücksgäste Plotek angeschaut haben, als käme mit ihm nicht der neue Jesus, sondern der Leibhaftige durch die Tür. Das war Plotek natürlich auch wieder peinlich. Er wäre am liebsten rückwärts wieder raus, aber keine Chance. Die Wirtin hat Plotek sofort in Beschlag genommen.
    »Na ja, ich hab ja gleich gesagt, die ist mit Vorsicht zu genießen, die Frau Winkelmann, obwohl bei der Migräne von der Schwester meiner Tante haben ihre Mittel bestens geholfen. Ich weiß jetzt auch nicht, Herr Plotek.«
    Und noch immer hingen die Augen der Frühstücksgäste an Plotek wie Fliegen am Kuhfladen.
    »Da kann dann vielleicht nur noch der Doktor Kainz helfen. Ja, wenn die Frau Winkelmann am Ende ihres Lateins ist, dann kommt nur noch der Doktor Kainz in Frage, weil der bekannt für die aussichtslosesten Fälle ist. Der hat sogar schon Krebs geheilt und Tumore auch schon, überall und alles. Ja, gehen Sie zum Doktor Kainz, Herr Plotek, der ist gleich über der Frau Winkelmann, im zweiten Stock über der Apotheke!«
    Mit den fremden Augen im Rücken und den eigenen Gedanken schon beim Krebs und den Tumoren ist Plotek dann wieder raus aus der Gaststube auf die Straße. Und von da als Allererstes zu Doktor Kainz.

    Das Wartezimmer war bereits voll, morgens um zehn nach acht. Husten und Niesen, asthmatisches Schnaufen, Röcheln und schmerzverzerrte Gesichter saßen Stuhl an Stuhl. So viel Leid auf engstem Raum ist schon erschreckend, zumindest für Plotek. Die Demonstration von so viel Krankheit fiel bei Plotek einerseits auf fruchtbaren Boden. Andererseits hatte das auch zur Folge, dass die eigenen Kopfschmerzen ins Hintertreffen gerieten. Dafür bekam er jetzt Atemnot beim Anblick der Asthmatiker und Schmerzen im Hals bei jedem gehörten Huster.
    Hinter der Anmeldung saß die Maria Magdalena, also die Merz Monika, und ist wegen Plotek sofort aufgesprungen und hat eine Herzlichkeit sondergleichen an den Tag gelegt. Alle Augen schossen sich dabei erneut auf Plotek ein. Das war dem wieder unangenehm.
    »Ich werd mal schauen, was sich machen lässt«, flüsterte die Merz Monika Plotek zu. Ganz vertraut klang das, als ob sie schon ewig ein Herz und eine Seele wären. Dabei hatten sie bisher nicht einmal auf der Bühne was miteinander zu tun gehabt. Der Judas und die Maria Magdalena hatten auch vom Manuskript her keine einzige Szene zusammen. Der Jesus und die Magdalena auch nicht. Wo die Merz Monika schauen wollte und was sich da wie machen lässt, war Plotek völlig unklar. Aber egal.
    Scheinbar hat sich dann doch nicht viel machen lassen, denn die Folge war: Warten.
    Natürlich wussten die Augen auf den Stühlen über Plotek bereits Bescheid. Nicht nur, dass er das neue Ensemblemitglied war, sondern auch hoch aktuell, der neue Jesus-Darsteller. Das war wieder das berühmt-berüchtigte Altöttinger Lauffeuer. Zumal ein Wartezimmer bestens geeignet ist für den Austausch von Informationen, Gerüchten und Spekulationen jeglicher Art.
    Ein schwerst Grippe-Erkrankter, mit einem Schal um den Hals und bis hinauf zur Unterlippe, rückte Plotek verdächtig nahe.
    »Na, Sie werden uns doch nicht krank werden wollen?«, hat der Schal gesagt, leise, rau, heiser, eigentlich war das gar keine Stimme mehr, eher ein kehliges Hauchen. Zwischen jedem Wort hat er einen Huster platziert, am Ende dann ein »Hatschi«.
    »Gesundheit!«, kam von den anderen Stühlen.
    Dann hat der Schal sich an Ploteks Ärmel ausgehustet und anschließend aus dem Nähkästchen geplaudert. Dabei hat er Bazillen für mehrere Tode Ploteks Schleimhäuten angedreht. Plotek war ihnen schutzlos ausgeliefert. Das hat sofort Wirkung gezeigt. Ein Jucken in den Nasenflügeln, Anschwellung der Mandeln und ein Stechen in der Brust waren die Folge. Dann Heiß-kalt-Gefühle. Natürlich nicht wirklich, vielmehr im Kopf, wieder mal eingebildet und ausgedacht.
    »Haben Sie die schon mal gesehen?«, hat der Schal gehaucht und vor Ploteks Augen den Alt-Neuöttinger Anzeiger aufgeschlagen. Eine Uhr war da abgebildet. Darüber stand: Wer kennt diese Uhr?
    Plotek kannte sie nicht.
    »Die ist in der Mauer gelegen«, sagte der Schal und rückte noch näher, so dass Plotek nichts anderes übrig blieb, als ein Stück zurückzuweichen, sonst wären die Bazillen auf

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