Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
jetzt bist du in Sicherheit und wenn du dir ein bisschen Zeit gibst, wird es dir hier bald besser gehen.“ Anne sah sie zweifelnd an, sagte aber nichts. Der Traum sollte nur eine Reaktion auf die Strapazen der letzten Zeit gewesen sein? Doch sie wusste, dass sie mit Silvia nicht darüber reden konnte. Bloß – mit wem konnte sie das? Miraj?
Schließlich ließ Silvia sie allein und Anne legte sich wieder hin. Sie würde ihre Liste für die Bibliothek nach diesem Ereignis enorm aufstocken müssen. Aber was sollte sie suchen? Visionen von Melodien und alten Damen? Es würde schwierig werden, die richtige Literatur zu finden. Vielleicht waren es eben doch nur Träume im Fieberwahn gewesen. Anne kannte sich nicht mehr aus und beschloss einmal mehr, zur Bibliothek zu reiten, sobald sie wieder auf den Beinen war.
Sie lag noch eine Weile wach, da sie Angst hatte, dass die Träume wiederkamen. Sie wünschte, Miraj wäre noch hier. Vielleicht war er das ja mit der Melodie gewesen, sodass sie wieder nach Hause gefunden hatte. Wie gern würde sie jetzt mit ihm reden. Anne fühlte sich einsam. Sie wusste, auf ein Wort von ihr würde Silvia zurückkommen und in ihrem Zimmer wachen. Doch Mirajs Mutter konnte ihr nicht helfen, das war eine magische Angelegenheit. Sie wünschte sich jemanden an die Seite, der sich mit diesen Dingen auskannte und Fragen beantworten konnte. Doch er war nicht da. Schuld war nur der Hohe Rat, der ihr die Anwesenheit in Mirajs Haus untersagt hatte. So grübelte Anne eine Weile finster vor sich hin, bis sie schließlich einnickte. Ihr letzter Gedanke, bevor sie in Tiefschlaf fiel, war der, dass sie vor drei Tagen, als die Träume begonnen hatten, Geburtstag hatte. Sie war jetzt 14 Jahre alt. Und niemand hatte es gewusst oder daran gedacht.
Kapitel 19: Die unerwartete Besucherin
Zu ihrem Verdruss brauchte Anne noch eine ganze Weile, bis sie sich vollständig erholt hatte – von ihren Erschöpfungszuständen, wie Silvia es formulierte, oder von ihrer Begegnung mit den Schwarzmagiern, wie Anne es insgeheim nannte. Als sie am ersten Morgen nach den Träumen erwachte, fühlte sich ihr Kopf an, als müsse er zerspringen, und ihr Rücken schmerzte wie nach stundenlangem Bergsteigen. Noch immer glühte sie und Silvia bestand darauf, dass sie im Bett liegen blieb.
Mehrmals fragte Anne nach Miraj. Sie versuchte, Silvia klarzumachen, dass sie ihn in einer dringenden Angelegenheit sprechen musste. Schließlich schickte Silvia einen Boten zu ihm, der jedoch noch am selben Tag mit der Nachricht zurückkehrte, dass Miraj mit den Abschlussprüfungen an der Universität beschäftigt war und in den nächsten Tagen keine Zeit finden würde, zu ihnen zu kommen. Anne war sehr betroffen über diese Nachricht und grollte Miraj. Er hatte ihr versprochen, dafür zu sorgen, dass es ihr an nichts fehlte. Und nun brauchte sie ihn zum ersten Mal und er kam nicht. Darüber hinaus war Anne auch persönlich gekränkt. Sie hatte wirklich geglaubt, dass sie Miraj etwas bedeutete nach all der Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten. Silvia sah, dass Anne wütend war und erinnerte sie daran, dass Miraj sofort gekommen war, als er hörte, Anne sei krank zusammengebrochen. Er hatte immerhin tagelang an ihrem Bett gesessen. Doch Anne stand nicht der Sinn nach Gerechtigkeit. Sie fühlte sich einsam mit ihren Ängsten und Träumen und niemand kam, um ihr diese Angst zu nehmen.
So hatte sie viel Zeit, um selbst über die Dinge nachzudenken. Sie erinnerte sich, dass Miraj erzählt hatte, mit 14 Jahren würden zauberkundige Menschen für die Schwarzmagier auffindbar. Gab es einen Zusammenhang zwischen ihrem Geburtstag und den letzten Ereignissen? War sie tatsächlich den Schwarzmagiern begegnet? Anne sehnte den Tag herbei, an dem sie wieder aufstehen und sich auf die Suche nach Antworten begeben konnte. Ja, nicht einmal zum Lesen hatte sie Lust, da sich Silvias Romane nicht mit dem befassten, was sie unaufhörlich beschäftigte. Als Silvia einmal mit einem neuen Liebesroman im Zimmer stand und darauf bestand, Anne müsse ihn unbedingt lesen, warf sie sogar das Buch nach ihr. Silvia murmelte daraufhin etwas von „Heranwachsende und ihre Wutausbrüche“, schloss die Zimmertür lautstark hinter sich und überließ Anne ihrem dumpfen Brüten.
Am dritten Tag, den Anne im Bett verbrachte, kam dann schließlich doch noch Besuch. Zu ihrem Erstaunen trat Silvia mit Jana herein. „Miraj hat mich geschickt, um nach ihr zu sehen“, sagte Jana
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