Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
der weisen Samira.“ Silvia straffte ihren Rücken. „Gut“, sagte sie, offensichtlich entschlossen, Anne die Entscheidung zu überlassen. Dann entspannten sich ihre Züge und sie fügte mit einem Lächeln hinzu: „Jetzt, wo das entschieden ist, freue ich mich. Du kannst dir vorstellen, dass mir kaum eine andere als Schwiegertochter so lieb gewesen wäre.“ Anne erwiderte ihr Lächeln. „Das geht mir umgekehrt genauso.“
Der restliche Tag verlief hektisch. Da die Hochzeit schon so bald stattfinden sollte, mussten sie in Windeseile ein Kleid nähen, die Blumen bestellen, die Einladungen vorbereiten und sich eine Lösung für das Essen überlegen. Am Abend betrat Miraj das Haus und traf Anne auf der Treppe. Er sah verlegen aus. „Wie lautet deine Antwort?“, fragte er ein wenig verloren. Anne lächelte ihm zaghaft zu: „Ich bin einverstanden.“ Miraj seufzte erleichtert auf und ging in die Küche, wo Silvia bereits mit einer langen Liste an zu erledigenden Dingen saß, die sie nun besprechen mussten.
Anne setzte sich neben ihren zukünftigen Bräutigam und dachte darüber nach, wie seltsam dies war. Sie hatte nie geglaubt, dass allzu viel Aufwand wegen ihrer Hochzeit betrieben wurde. Aber nun, wo Miraj der Bräutigam war, hätte sie sich den Antrag ein wenig romantischer gewünscht. „Der Hohe Rat hat sich bereit erklärt, die Kosten für die gesamte Hochzeit zu übernehmen, schließlich sind die ehrwürdigen Herren dafür verantwortlich“, sagte er gerade. Anne lächelte wehmütig. Wenn sie doch nur wüsste, wie Miraj zu alldem stand. Sie wartete den ganzen Abend auf eine Gelegenheit, ihn allein zu sprechen, doch diese ergab sich nicht. Miraj schien müde und verabschiedete sich, sobald sie sich geeinigt hatten, wer sich um welche Angelegenheit kümmerte. Silvia brachte ihn zur Tür.
Als sie wieder in die Küche kam, fand sie Anne in Tränen aufgelöst vor. Mirajs Mutter blickte sie mitleidig an. „Du hast dir deine Hochzeitsplanung ganz anders vorgestellt, nicht wahr, Kind?“ Anne schluchzte. „Nein, ich denke, das Fest wird viel größer, als das bei uns auf dem Hof der Fall gewesen wäre. Es ist nur – ich wünschte, der Bräutigam würde sich ein wenig mehr darüber freuen.“ Silvia strich ihr über den Kopf. „Aber ich weiß, dass das unter den Umständen albern und kindisch ist“, fügte Anne schnell hinzu. „Nein“, sagte Silvia, „das ist es nicht. Jede Braut wünscht sich, mehr noch als ein schönes Fest, einen Bräutigam, der den großen Tag gar nicht erwarten kann. Aber glaube mir, ich kenne meinen Sohn. Es ist nicht die Aussicht, dich zu heiraten, die ihn so gleichgültig wirken lässt. Es gefällt ihm nur nicht, dass er von den Grünmagiern dazu gedrängt wird. Ich weiß, dass Miraj dich sehr gern hat.“
Anne sah hoch: „Woher weißt du das?“ Silvia lächelte ihr zu. „Das sehe ich und das weiß ich schon seit dem ersten Tag, als du zu mir gekommen bist. Der Tod von Gwynda und ihrem gemeinsamen Kind hat ihn sehr verletzt. Seitdem hat er keine Frau angesehen. Aber du machst ihm zu schaffen. Natürlich würde er unter normalen Umständen seine Gefühle niemals zulassen. Du bist jünger als seine Studentinnen und selbst eine Liaison mit einer von ihnen ist für ihn undenkbar. Aber du wirst seine Frau sein und er wird wollen, dass du glücklich bist. Wenn du ihm ein wenig Zeit lässt, wird er sicher bald seine Gefühle für dich entdecken und irgendwann auch zulassen. Und glaub mir – älter wirst du von ganz allein.“ Sie zwinkerte Anne verschwörerisch zu. Diese umarmte Silvia dankbar und fühlte sich nun tatsächlich ein wenig besser.
Am nächsten Morgen brach Anne früh auf, zur Bibliothek. Irgendetwas sagte ihr, dass sie auf die Hochzeit, auch was ihre magischen Fähigkeiten anging, gut vorbereitet sein sollte. Sie gab das Buch über magische Pferde zurück und ging gleich hinauf in die Abteilung für Zaubersprüche. Dort traf sie zu ihrer Überraschung auf Jamiro. Ihr Gesicht hellte sich auf. „Was für ein schöner Zufall“, sagte Anne und wollte ihn umarmen. Doch Jamiro zuckte zurück und antwortete mit gekränktem Unterton: „Ja, ein schöner Zufall, allerdings, da kann ich gleich persönlich zur Hochzeit gratulieren.“ Anne starrte ihn an: „Du hast schon davon gehört?“ Jamiro schüttelte den Kopf, als sei Anne ein wenig dumm. „Ich arbeite für den Hohen Rat. Schon vergessen?“ Anne sah ihn unbeeindruckt an. „Dann weißt du ja auch, dass ich gezwungen
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