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Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Titel: Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Pioch
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machte ein ernstes Gesicht, doch Anne ließ sich nicht täuschen. Für einen kleinen Moment hatten seine Augen vor Freude aufgeblitzt, als sie den Raum betreten hatte. Der andere Mann trug das lange Gewand eines Priesters und Anne erkannte in ihm den ehrwürdigen Herrn Edward vom Hohen Rat. Nun also war der große Moment gekommen. –
    Die letzten zwei Wochen waren vergangen wie im Flug. Miraj hatte sie recht häufig zu Gesicht bekommen, aber es war meist nur um Tischkarten, das Essen oder die Hochzeitstorte gegangen. Wie sie selbst auch, schien er sich schnell daran gewöhnt zu haben, dass sie von nun an ein Ehepaar sein würden. Auch wenn Anne noch immer nicht den Eindruck hatte, dass er vor Sehnsucht zerschmolz, hatten sie sich als Paar bereits etabliert. Ihn nun lächeln zu sehen, war ihr Begeisterung genug. Und Silvia hatte recht – die Gefühle würden sich schon noch zeigen. Dann würde sie eine wahrhaft glückliche Frau sein.
    Anne blickte sich rasch um. Jana, die Miraj zur Trauzeugin gewählt hatte, war soeben hinter sie getreten. Ihr ansonsten so schönes Gesicht war aufgequollen, als hätte sie die letzten Tage sehr viel geweint. Anne konnte nicht umhin, Mitleid mit ihr zu haben. Es war nicht zu übersehen, dass sie sofort mit Anne getauscht hätte. Jamiro war erst gar nicht zur Hochzeit erschienen. Seit ihrem Gespräch in der Bibliothek hatte er nichts mehr von sich hören lassen und auf ihre Einladung hin war nur eine spärlich ausgefüllte Antwortkarte gekommen, die sie darüber in Kenntnis setzte, dass die gesamte Familie nicht erscheinen würde, ohne jedoch einen Grund anzugeben.
    Nun trat Gisalen neben Jana. Anne hatte sie zu ihrer Trauzeugin bestimmt, da ihr niemand anderes eingefallen war. Natürlich hätte sie gern Silvia an ihrer Seite gehabt, doch man hatte sie darüber aufgeklärt, dass es unüblich war, der Schwiegermutter eine solche Rolle zuzugestehen. Denn schließlich hatte sie als Mutter des Bräutigams bei der Zeremonie ohnehin eine Sonderstellung.
    Nun wurde es ernst. Edward begann zu sprechen: „Wir haben uns heute hier versammelt, um Anne, Tochter der Isadora, und Miraj, Herr des roten Volkes, in den Stand der Ehe zu versetzen.“ Es war ganz ruhig im festlich geschmückten Saal, der durch Kerzen an der Wand und einen großen altmodischen Deckenleuchter erhellt war; allein Edwards Stimme hallte durch den Raum. Er sprach von der Bedeutsamkeit der Ehe und ließ einige Worte über den erhofften baldigen Kindersegen fallen. Er war vollkommen konzentriert auf seine Rede. Doch Anne bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Es war diese Ruhe, die sie beunruhigte. Sie hörte nicht einmal die Kerzen knistern – es musste sich um magisches Feuer handeln. Wer immer für diese ruhige, etwas unnatürliche Beleuchtung verantwortlich war, beherrschte sein magisches Handwerk perfekt. Sie befiel eine schreckliche Vorahnung.
    Und dann geschah es: Ein roter Blitz zuckte durch den Saal. Plötzlich war die ganze Menschentraube in Aufruhr. Jemand schrie: „Lauft weg. Er kommt herunter.“ Anne blickte nach oben und stellte fest, dass der Deckenleuchter mit den brennenden Kerzen in atemberaubender Geschwindigkeit auf die drei Personen in der Mitte des Saals zuraste. Anne griff Mirajs Arm und riss ihn mit sich. Sie schafften es gerade noch rechtzeitig, doch Edward bekam die volle Wucht des Leuchters ab und wurde niedergestreckt. Binnen kürzester Zeit brach um ihn herum ein Feuer aus. Die Menschen schrien noch wilder durcheinander und selbst die Grünmagier verfielen in Panik. Anne erinnerte sich an Mirajs Worte, dass ein magisches Feuer nicht ohne Weiteres zu löschen sei.
    In diesem Tumult achtete niemand auf die vier Ausgänge des Saals. Erst als abermals rote Blitze zuckten und die Türen krachend zufielen, wurde ihnen Aufmerksamkeit geschenkt. An allen vier Ausgängen standen Menschen, es waren bestimmt vier Dutzend. Anne dachte wehmütig, dass hinter einer der Türen der Gang lag, durch den sie gekommen war und dass dort etliche bewaffnete Grünmagier waren – ausgesperrt. Anne sah zu Edward herüber, der bewusstlos in einem Flammenmeer lag. Miraj hatte bereits mehrmals mit Hilfe des AQUA-Zaubers versucht, die Flammen zu ersticken, doch er hatte keine Chance. Im Raum waren noch immer 200 größtenteils zauberkundige Hochzeitsgäste, doch sie schienen nicht in der Lage zu sein, ihm zu helfen. Sie waren allesamt verschreckt und eingeschüchtert – natürlich, denn dies alles geschah ja mitten in der

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