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Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Titel: Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Pioch
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geschrieben, einfach gemeinsam einen netten Abend zu verbringen. Aber wenn ich das nicht vorgehabt hätte, wäre ich aufgrund der heutigen Ereignisse ohnehin zu euch gekommen.“ Hier legte er eine Pause ein und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Anne hatte jedoch nicht den Eindruck, dass er die liebevoll gefalteten Servietten oder die in mühevoller Kleinstarbeit gebastelte Herbstdekoration im Haus wahrnahm. Sein Blick glitt ins Leere. Sie fühlte sich auf die Folter gespannt. „Was ist es denn nun?“, fragte sie ungeduldig. Miraj sah sie eindringlich an und bemerkte: „Das ist nicht ganz leicht für mich.“ Anne ging ein Schauder über den Rücken. Das mussten ja grauenhafte Neuigkeiten sein, wenn Miraj so herumdruckste. Was konnte denn noch schlimmer sein, als der Tod ihres Bruders?
    Schließlich fuhr er fort: „Der Hohe Rat sieht sich gewissen … Vorwürfen ausgesetzt, nun, da er Henri für tot erklärt hat. Überall in Viriditas zweifelt man das Urteilsvermögen der ehrwürdigen Herren an, die jahrelang behauptet haben, der Auserwählte stehe fest, und nun heimlich, still und leise ihr Urteil wieder zurücknehmen. Es wurden bereits Gerüchte laut, dass man über ihre Absetzung nachdenke. Raindor, Marzian und Edward mussten handeln. Und da haben sie … öffentlich gemacht, dass Henri noch eine Schwester hat, die vor Kurzem unser Land betreten hat.“
    Anne schluckte. Nun war also über Nacht ihr Geheimnis aufgedeckt worden und sie stand im Licht der Öffentlichkeit als Henris Schwester. Silvia fragte mit vollem Mund: „Was soll das denn heißen? Glauben sie nun, dass Anne die Auserwählte ist?“ Miraj lächelte dünn und starrte abwesend in die Flamme des Kerzenleuchters: „Nun, offenbar haben die ehrwürdigen Herren tatsächlich versäumt, der Öffentlichkeit zu verraten, dass Anne gar keine Zauberkräfte hat.“ Zu Anne gewandt fuhr er fort: „Es wurden bereits die ersten Rufe laut, dass man deine Zauberkünste in einer öffentlichen Prüfung auf die Probe stellen solle, um sicherzugehen, dass man die Auserwählte diesmal tatsächlich gefunden hat. Doch es ist gar nicht im Sinne des Hohen Rates, dass du zur Auserwählten erklärt wirst. Denn zum einen wissen sie ja, dass du keine Kräfte hast. Und zum zweiten würden sie sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie eine Frau zum Retter erklären, denn sie stehen ohnehin schon genug in Konkurrenz mit dem Orden, der – wie du ja weißt – nur aus Frauen besteht und durch seine matriarchalische Organisation eine Gefahr für die Institution des Hohen Rates an sich darstellt. Also haben die ehrwürdigen Herren rundheraus erklärt, in der Prophezeiung hieße es, ein Retter würde kommen und der Auserwählte könne niemals eine Frau sein.“
    Annes Gehirn arbeitete auf Hochtouren, während sie selbst die letzten Bissen herunterschluckte. Tatsächlich waren die Argumente des Hohen Rates hinfällig. Ihr drängte sich die Frage auf, ob sie nicht wirklich die Auserwählte sein könnte. Samira und der Orden hatten ihr eine besondere Ehre gewährt. Samira hatte geweissagt, dass Anne gegen jemanden kämpfen müsse. Konnte das wirklich sein? Ihr wurde ganz schlecht bei dem Gedanken, dass sie die Schwarzmagier besiegen sollte. Tatsächlich aber passte alles zusammen. Auch ihre Fähigkeit als Somnia. Im Traum hatte sie sich gegen die Schwarzmagier zur Wehr setzen können. Und dass sie INVISIBEL benutzen konnte … Miraj hatte doch von Anfang an gesagt, dass dies ein schwieriger Zauber sei. Annes Gedanken drehten sich immer schneller und sie hatte das Gefühl, als würde sie von ihnen aus dem Raum heraus gerissen. Sie verschluckte sich und hustete.
    „Anne?“, fragte Miraj. Sie sah hoch. Miraj blickte sie besorgt an, Silvia sah alarmiert aus. Womöglich hatte sie ganz genau die gleichen Gedanken gehabt wie Anne und Miraj war der einzige von ihnen, der nicht wusste, wovon hier die Rede war. „Ich komme gleich wieder“, rief Anne und rannte aus dem Zimmer. Sie stürzte aus der Tür und erbrach das Abendessen ins Gemüsebeet. Danach atmete sie einige Male tief durch. Erst dann fühlte sie sich wieder in der Lage, zurück ins Haus zu gehen.
    Silvia hatte inzwischen den Tisch abgeräumt – wohl in der weisen Voraussicht, dass Anne den Geruch des Essens nun nicht mehr ertragen würde. Sie setzte sich an den Tisch und fing einen Blick von ihr auf. Anne wusste sofort, was sie dachte, sei es, weil sie es an ihrem Gesichtsausdruck ablas oder kurz in ihre

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