Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
Auserwählte.“ Anne sah Miraj fragend an. Dann erklärte sie Gisalen: „Das muss ein Irrtum sein.“ Sie aß rasch die letzten Bissen und entschuldigte sich dann. Oben legte sie sich sofort ins Bett, aber schlafen konnte sie trotz ihrer Müdigkeit nicht. Sie sollte also die Auserwählte sein? Das ging nun wirklich zu weit.
Kapitel 39: Die Ordensschwester
Am nächsten Morgen wollte Anne zeitig aufbrechen, sobald sie ein letztes Mal durch Mirajs nun leider ehemaliges Haus gewandert war. Doch als sie die Treppe hinunterkam, fand sie Jana im Salon vor. Jana strahlte sie an, alle Feindseligkeiten wegen Miraj schienen seit Annes Rettungsaktion auf der geplatzten Hochzeitsfeier vergessen. „Guten Morgen“, begrüßte Mirajs Assistentin sie. „Ich weiß, du möchtest gleich nach Hause zurückkehren. Aber ich habe den Auftrag, dich zur hohen Schwester zu bringen. Sie möchte dringend etwas mit dir besprechen.“
Anne war überrascht. Dann fragte sie: „Und was ist mit Samira? Möchte sie mich auch sehen?“ Anne hoffte sehr auf ein Gespräch mit der weisen Frau, sie könnte ihr sicher helfen, die Nebel zu entwirren, die sich über ihre Zukunft gelegt hatten. „Bedaure“, antwortete Jana, „aber sie ist sehr beschäftigt.“ Anne war enttäuscht. Aber anscheinend war nicht damit zu rechnen, dass man innerhalb kurzer Zeit zweimal zur weisen Samira gerufen wurde. Sie aß in aller Eile etwas Brot, dann ritten sie los.
Am vierten Steinkreis angekommen musste Anne wieder durch den Nebel. Erneut fühlte sie Hass in sich aufsteigen, doch dieses Mal richtete er sich gegen den Hohen Rat, der Miraj aus seinem Haus vertrieb, und gegen ihren feindseligen Bruder. Anne, die nun das Geheimnis dieser Gefühle kannte, war dennoch überrascht. Wie schon bei ihrem letzten Besuch hier hatte sie nicht gewusst, was sie fühlte, bis es ihr so deutlich vor Augen geführt wurde.
Sie fühlte sich wieder matt, als sie mit Jana den Turm betrat, am Absatz der ersten Treppe von der hohen Schwester empfangen wurde und wiederum im Ohrensessel Platz nahm. Dieses Mal reichte ihr die hohe Schwester gleich den kräftigenden Trunk, der Anne wieder klarer im Kopf machte. „Tochter der Isadora, es ist schön, dich wiederzusehen.“ Sie lächelte Anne wohlwollend an und sprach dann weiter: „Die Gefühle in dir kann ich diesmal nachvollziehen. Schreckliche Dinge sind geschehen und es ist verständlich, dass du Groll gegen deinen Bruder hegst. Wie dir Samira vielleicht gesagt hat, waren wir hinsichtlich seiner Kräfte und seines Charakters schon immer im Zweifel. Zu recht, wie sich nun gezeigt hat. Doch du lebst, du hast euren Kampf bravourös gemeistert und das ist der Grund, warum du heute hier bist.“
Die Oberin machte eine Pause und wartete, bis Anne ihren Becher geleert und auf einem Tischchen abgestellt hatte. Dann fuhr sie mit einem Lächeln fort. „Anne, wir wussten, dass du etwas Besonderes bist, seit die weise Samira dich zu sehen wünschte. Nun aber hast du deinen Wert erneut unter Beweis gestellt und wir waren glücklich zu erfahren, dass man dich zur Aufnahmeprüfung an der Universität zugelassen hat. Und sicher hast du auch schon von einem anderen Gerücht gehört.“
Nun sah die Oberin sie erwartungsvoll an. Anne wollte sich unwissend stellen, aber sobald sie den Mund öffnete, sprudelte es aus ihr heraus. „Sie halten mich für die Auserwählte. Ist das die Wahrheit?“ Sie hatte vergessen, dass man in Gegenwart der Oberin nicht lügen konnte. Die Oberin setzte ein feierliches Gesicht auf. „Nun, die weise Samira hat sich zu meinen diesbezüglichen Fragen nicht geäußert. In den letzten Tagen hat sie sich noch mehr als sonst zurückgezogen, ganz konzentriert auf das, was auf uns zukommt. Doch meine Schwestern und ich sind sicher, dass etwas Einmaliges an dir ist und du Kräfte hast, die über die eines gewöhnlichen Menschen weit hinausgehen.“ Sie holte tief Luft und fuhr dann fort: „Deshalb haben wir beschlossen, dich als Kind der Prophezeiung in unseren Orden aufzunehmen. Sobald du dein Studium beendet hast, werden wir dir gestatten, unsere Schwester zu werden.“
Anne blieb der Mund offen stehen. Einen Moment lang war sie sprachlos. Dann sagte sie laut: „Ich bin gerührt, dass mir eine solche Ehre zuteil wird. Und auch erstaunt: Ich dachte bisher, dass der Orden nur reine Grünmagier aufnimmt.“ Die Oberin lächelte geheimnisvoll. „Nun, bei der Auserwählten werden wir sicher eine Ausnahme machen können. Du
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