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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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Beste?

Mami hat gesagt, wir sind jetzt arm
    Ich habe leider das Dümmste gemacht. Ich weiß nicht warum, aber Schauspielern spricht man ja gern das größte und recht komplizierte Organ ab, das uns die Schöpfung mitgegeben hat: das Gehirn. In diesem Beruf gibt es schon ein paar Exemplare, die Fiktion und Wirklichkeit durcheinanderbringen, die glauben, dass alles, was ihnen gute Drehbücher von fantasievollen Autoren zum Vorgaukeln bieten, ihren Fähigkeiten
in der rauen Wirklichkeit entspricht. Aber selbst den Dümmsten wird irgendwann klar, dass die Gunst des Publikums vergänglich ist, und zwar von heute auf morgen. Und weil das so ist, denken fast alle aus unserer Zunft irgendwann an das berühmtberüchtigte »zweite Bein«. Damit ist ein anderer Broterwerb gemeint. Einer, der dich unabhängig davon macht, ob den Zuschauern im Theater, im Kino oder im Fernsehen deine Nase auch morgen noch gefällt.
    Möglichkeiten gibt es viele - und Schauspieler denken eben gern, was sie erfolgreich gespielt haben, können sie auch im Leben. In Wirklichkeit verstehen die meisten von dem, was sie dann vorhaben, etwas weniger als nichts.
    Bei mir war es eine Immobiliengesellschaft. Mit einem Freund als Partner. Ein Fachmann, wie ich dachte, ein Typ zwischen Aufschneiderei und Genialität. Mit meiner Zustimmung wurde aus einem erfolgreichen Maklerbüro ein Bauunternehmen mit allen nur denkbaren Risiken. Zunächst ging alles sehr gut - endete dann aber in einer Riesenpleite. Mit einem Berg von Schulden stand ich da und wusste nicht mehr ein noch aus.
    In so einer Situation sucht man nach Ausreden, Ausflüchten, Auswegen. Möglichkeiten hat man, saubere
und unsaubere, gerade und krumme, die Versuchungen sind groß, falsche Einflüsterungen zahlreich.
    Da ist es überlebenswichtig, dass du eine Lebenspartnerin an deiner Seite hast, die nicht einfach abhaut und den Gefallenen im wahrsten Sinn des Wortes im Grundwasser stehen lässt und gegen einen »Flüssigeren« eintauscht. Sondern eine Frau, die sich Gummistiefel anzieht, auf die Baustelle geht und mit den Kunden spricht. Die dafür sorgt, dass berechtigte Beschwerden zur Zufriedenheit der Kunden gelöst werden. Viele hatten was zu meckern und meinten: »Der Fuchsberger hat’s ja, der soll ruhig blechen!«
    Gundel erkannte die Situation und zog die Notbremse. Die Firma, in bester Absicht als OHG gegründet, wurde liquidiert, natürlich »bei voller Übernahme der Verbindlichkeiten meinerseits«! Im Klartext hieß das: Bei über einhundert ins Grundwasser gebauten Kellern würden wir ziemlich sicher bis ans Lebensende nicht mehr aus dem Schlamassel herauskommen.
    Da wird man alt. Über Nacht wird man alt! In Ehren ergraut war ich schon. Und das sollte so bleiben! Jetzt galt es, um jeden Preis unseren guten Namen zu erhalten, und der Preis war verdammt hoch.
    Heutzutage wird gerne gefragt: »Wenn Sie nur
einen Wunsch frei hätten, der Ihnen ein gutes und lebenswertes Alter garantiert, was würden Sie sich wünschen?«
    Jetzt, im Alter von dreiundachtzig Jahren, weiß ich genau, wovon ich rede: »Es ist die Partnerschaft mit einem Menschen, dem man rückhaltlos vertrauen kann!«
    Was hatte ich damals, vor sechsundfünfzig Jahren, an unserem Hochzeitstag zu Gundel gesagt? »Sollten wir aber irgendwann aus irgendeinem Grund plötzlich kein Geld mehr haben, ist es deine Schuld!«
    Jetzt hatten wir nichts mehr, und es war keineswegs ihre Schuld. Im Gegenteil, sie hatte gewarnt. Nachdem das Kind im Brunnen war, sagte sie nicht, sie hätte es gewusst.
     
    Zum Zusammen-alt-Werden gehört erst einmal das Zusammenleben! Und dafür haben wir unsere private Formel, die ich gerne weitergebe:
    Vertrauen - Verstehen - Verzeihen, Verzichten!
    Hört sich leicht an?
    Nachmachen!
    Die Abkehr vom »Ich« und das konsequente Be kenntnis zum »Wir«.
    Nachmachen!
    Bei uns war von Anfang an klar, wer was macht.

    Mir blieb eben die Küche. Ganz einfach weil ich besser kochen konnte. Von Kind an war ich begeisterter Vertilger schwäbischer Hausmannskost, die meine Mutter vorzüglich auf den Tisch brachte. Saure Kartoffelrädle mit Zwiebelsoß’, Maultaschen, in der Brüh’, oder g’schmelzt, mit Zwiebel und Kartoffelsalat, Linsen mit Spätzle und Seidewürstle, Sauerbraten, Zwiebelkuchen, Gaisburger Marsch und Suppen, Suppen, Suppen.
    Meine Brüder, Wilfried und Otmar, erblickten relativ kurz hintereinander, Anfang der Dreißigerjahre, das Licht der Welt. Zu diesem Zweck begab sich unsere Mutter in ein

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