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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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und die bis zum Boden reichenden Fenster auf. Römische Luft, wie Seide. Über eine hohe Mauer hinweg sah ich direkt hinein in einen stillen Winkel des Tiergartens der Stadt von Romulus und Remus. Einladend eine Osteria, die gerade für die zu erwartenden Besucher hergerichtet wurde. Tischdecken ausgebreitet, Sonnenschirme neben die Tische, Servietten und Bestecke ausgelegt, Karaffen und Gläser noch mal mit karierten Tüchern poliert. Der Entschluss stand fest: kein ausgedehntes Sonntagsfrühstück, nein, heute eine köstliche Mahlzeit im Zoo. Unter Palmen, mit exotischen Tierstimmen, eine Minestrone mit geröstetem Weißbrot, Spaghetti Carbonara, oder lieber Bolognese, mal sehen. Danach ein Picata Milanese, Tomatensalat, bedeckt mit fein geschnittenen, roten Zwiebeln und verschiedenen, in Olivenöl gebackenen Gemüsen. Dazu ein Glas trockener Weißwein aus dem Friaul, oder auch zwei. Herrlich die Vorstellung - allein, und keiner kümmert sich darum, ob ich rasiert bin!
    Mit dieser verlockenden Vorstellung machte ich mich auf den Weg. Schlappe tausend Meter vielleicht, durch die schmale alte Straße, die den Zoo vom Hotel trennt, entlang der hohen Mauer, die das Tierreich säumt.

    Ich war in Hochstimmung, bis ich um die letzte Ecke bog. Der Blick wurde frei auf den Haupteingang. Mehrere Kassenhäuschen, und alle belagert. Schlangen von Menschen mit schreienden Kindern. Römische Kinder können das besonders gut. Viele Familien hatten beschlossen, diesen samtenen Sonntag mit den Tieren zu verbringen. Vielleicht lief am Abend vorher im Fernsehen ein Werbespot, was weiß ich?
    Da sollte ich mich jetzt anstellen? Nein danke!
    Die Freude auf ein kulinarisches Highlight, in einer romantischen Osteria im römischen Wildgehege, war schlagartig weg. Geplatzt wie ein bunter Luftballon.
    Wieso, weiß ich nicht, aber das physikalisch bekannte Beharrungsvermögen trieb mich vorwärts, langsam, aber stetig.
    Zugegeben, es konnte der Eindruck entstehen, als versuchte da ein älterer Herr sich vorzudrängen. Schritt für Schritt ging ich neben der Menschenreihe in Richtung Kassenhäuschen, einige fingen an zu murren. Um Ärger zu vermeiden, blieb ich stehen, brachte einen Abstand von vielleicht zwei Metern zwischen die Leute und mich. Die Römer sind zwar bekannt für ihr betont ruhiges Gemüt, bei vielen hat man das Gefühl, sie schlafen beim Sprechen ein, aber wer weiß?
    Und hier, von der Seite, hatte ich freien Blick auf
das Kassenhäuschen. Dort saß eine Schönheit Marke Sophia Loren. Donnerwetter, war die hübsch. Und sie sah direkt zu mir her, stutzte einen Augenblick, lächelte und gab mir ein Handzeichen. So ganz traute ich dem Braten nicht, zeigte auf mich und hielt sie fest im Blick. Sie nickte und winkte wieder, ich deutete das als »... ich hab dich erkannt, komm her!« Das tat ich dann auch.
    Mit geschwellter Brust steuerte ich auf die Cassa zu, überlegte krampfhaft, welche Art von Kompliment bei dieser bellita wohl ankommen würde, als sie mir ohne jede Emotion die nüchterne Frage stellte: »Quanti anni...?«
    Wieso will sie mein Alter wissen? Sollte ich das noch nicht erörtert haben, tue ich es jetzt: Seit meiner Jugend habe ich den Tick, mich älter zu machen, als ich bin. Fragen Sie mich nicht warum, es ist halt so. Auch in diesem kritischen Augenblick, vor der Cassa mit der attraktiven Kassiererin.
    »Setanta«, sagte ich, obwohl ich erst 68 Lenze zählte.
    Sie nahm das zur Kenntnis, einfach so, kein Lächeln, kein anerkennender Blick, nichts, was ein weitergehendes Interesse an einer Begegnung signalisiert hätte.
    Ohne den Blick von der automatischen Eintrittskartenausgabemaschine
zu wenden, erklärte sie lakonisch: »Besucher über siebzig haben am Sonntag freien Eintritt, sie brauchen sich nicht anzustellen...! Einen schönen Tag Senior...!«
    Den wünschte ich ihr dann auch, bedankte mich für die sonntägliche Großzügigkeit der römischen Zooverwaltung und begab mich leicht irritierten und meinem Alter angemessenen Schrittes in Richtung Osteria an der Mauer.
    Mit Alio-Olio bestrichenes Weißbrot, Zuppa di Verdura, Spaghetti Bolognese, Tomatenscheiben mit Zwiebeln. Alles war wie erwartet gut, sehr gut sogar. Aus dem vorgenommenen Glas Wein, vielleicht auch zwei, wurde, aufgrund des schnellen Alterungsprozesses an der Cassa, die ganze Flasche. Verstehen Sie das?
     
    Manchmal wird aus einem kleinen Missgeschick eine große Peinlichkeit. Wirst du älter, solltest du deine Aufmerksamkeit darauf richten,

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