Alvion - Vorzeichen (German Edition)
heraus, während in mir ein heftiger Gefühlssturm losbrach.
„ Du kennst sie?“, fragte Olk verblüfft.
„ Ja“, bestätigte ich möglichst ruhig und unverfänglich, aber natürlich hatte ich mich schon verraten, also konnte ich gleich noch den Rest erzählen. „Ich habe sie am Vorabend jener Schlacht kennengelernt. Sie war die Magierin, die an unserer Seite gekämpft hat. Seitdem habe ich kaum mehr an sie gedacht, aber nie werde ich diese Augen vergessen! Ich hatte das Gefühl in die Ewigkeit zu blicken!“, sagte ich schwärmerisch.
„ Mir scheint, du hast dich ein wenig verliebt, mein Freund!“, kam es triumphierend von Olk, da er nun endlich etwas hatte, um mich aufzuziehen.
„ Unsinn!“, entgegnete ich unwirsch und wusste selbst schon in diesem Augenblick, dass er recht hatte. „Ich habe nur lange nicht mehr an sie gedacht, das ist alles.“
„ Oh nein, so leicht kommst du mir nicht davon, Alvion! Deine Augen und deine Aufregung sagen etwas ganz anderes!“, sagte er spöttisch.
Olk verbrachte den weiteren Abend damit, mich immer wieder über Salina auszufragen, obwohl er deutlich spüren musste, dass ich nicht gewillt war, sein Verlangen nach Wissen zu stillen. Er stellte sich dabei auch noch äußerst geschickt an, sodass ich mehrmals mitten im Satz abbrach, wenn ich bemerkte, dass ich fast wieder in seine Falle getappt war und etwas zu erzählen begonnen hatte. Dennoch konnte ich ihm deswegen nicht böse sein, er war ein liebenswerter Kerl, aufrichtig und geradlinig, wie man es nicht allzu oft fand. Jedenfalls nicht in den Kreisen, in denen ich mich bewegte. Irgendwann hatten wir es für den heutigen Abend gut sein lassen und waren, des Weines wegen mit unsicheren Schritten zur Kaserne zurückgelaufen.
Glücklicherweise war es nicht so viel Wein gewesen, dass es mir am nächsten Tag Kopfschmerzen bereitet hätte. Als ich erwachte, fühlte ich eine leichte Mattheit in den Gliedern, doch die bereits am Himmel stehende Sonne und die kühle Morgenluft sorgten schnell dafür, dass ich aufstand und die restliche Müdigkeit abwarf. Ich holte mir eine Schüssel kaltes Wasser, wusch mich, kleidete mich an und machte mich auf den Weg, etwas zu essen.
Während ich über den Kasernenhof schlenderte, fiel mir auf, dass unter den Soldaten hier eine angespannte Stimmung herrschte. Einige standen in Gruppen beieinander und führten zum Teil erregte Zwiegespräche, was darauf hindeutete, dass sich etwas Besonderes ereignet haben musste. Also fing ich einen Soldaten ab, der sich eben aus einer Gruppe gelöst hatte, und hielt ihn am Arm fest.
„ Was ist passiert?“
„ Der Feind ist angerückt!“, berichtete er mir mit wichtiger Miene. „Kundschafter haben die Botschaft heute Nacht in die Stadt gebracht. Sie haben noch einmal gelagert, doch sie stehen nicht einmal mehr einen Tagesmarsch von Perlia entfernt.“
„ Danke!“, murmelte ich bereits in Gedanken und wollte mich von ihm abwenden, als er mich noch einmal zurückhielt.
„ Das ist noch nicht alles! Es heißt weiterhin, dass starke Truppen bereits auf dem Weg nach Norden sind. Sie wollen uns hier einschließen und belagern!“
Damit drehte er sich abrupt um und stürmte über den Hof davon. Ich verstand nicht so ganz, was ihn daran so erregte, denn das war schließlich von Anfang an klar gewesen. Nach kurzem Überlegen beschloss ich, erst einmal etwas zu essen und dann wie die Tage zuvor, einfach meine Wache auf der Stadtmauer anzutreten. Es lag ja schließlich nicht an mir, die nun fälligen Entscheidungen zu treffen. Trotzdem merkte ich während des Essens und später noch, als ich auf den Weg zur Stadtmauer war, dass ich mich ziemlich darüber ärgerte, wie unsere Führung die Sache anging. Man hatte den Feind einfach herankommen lassen, anstatt zu versuchen, ihm ein paar höchst unangenehme Lektionen zu erteilen. Es war im Falle Bilonias richtig gewesen, die Bürger und alle Soldaten in Sicherheit zu bringen und die Stadt aufzugeben. Genau das wäre auch in Perlia richtig gewesen, denn hier würden nun bald zehntausende Unschuldige mitten im Kriegsgeschehen stecken, alles Menschen, die essen und trinken mussten. Das schmälerte unsere Chancen, eine längere Belagerung zu überstehen, ganz erheblich. Aber wer würde schon auf mich hören? Die Führungsriege der Armee und der Stadt hielt mich immer noch für einen Verräter oder einen Feigling, also musste ich einfach meine Pflicht erfüllen. Während ich die Treppen zum Wehrgang auf der
Weitere Kostenlose Bücher