Alvion - Vorzeichen (German Edition)
selbst auch keine geblieben wäre. Dennoch graute ihm vor der Versammlung des Ordens, wenn er seinen Geschwistern mitteilen musste, dass das uralte Gesetz des Ordens gebrochen worden war. Mit einem leisen Seufzer machte er sich daran, die anderen Mitglieder des Ordens zu rufen.
K apitel 11
Auf einer kleinen Lichtung, inmitten der starken, uralten Bäume, deren dichtes Blätterdach den Wald bereits in Dunkel hüllte, während das hohe Gras auf der Lichtung, gerade noch von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne beleuchtet wurde, hatte sich der Orden vom Seelenwald zwei Tage später versammelt. Wie damals, als die Insel in den Fluten des lynischen Meeres versunken war, war dies kein anstehendes Zusammentreffen, sondern eine Ausnahmesituation, die diese Zusammenkunft erzwang. Der Orden der Abtrünnigen hatte endgültig aufgehört in seiner bekannten Form zu existieren, sondern war nur noch ein Werkzeug des Herrschers von Meridia. Seine Mitglieder hatten das uralte, auch für ihren Orden eherne Gesetz gebrochen und ihre Fähigkeiten in den Dienst des Krieges gestellt, sodass der Orden vom Seelenwald gezwungen wurde, etwas zu unternehmen, falls er dem Untergang Septrions nicht tatenlos zusehen wollte.
Zelio ließ seinen Blick über die Lichtung schweifen, die er ausgewählt hatte. Die Nacht würde bald anbrechen und das Dunkel kroch langsam aus den Winkeln zwischen Bäumen und Sträuchern hervor. Dies schien geradezu ein Sinnbild der heraufziehenden Zeit zu sein, denn unter der grausamen Herrschaft Molaars würden überwunden geglaubte Übel schnell wieder Einzug halten. Zelio sinnierte über die Länder und Völker nach, die sich Molaar Untertan gemacht hatte und die nun als Ganzes über Solien hergefallen waren.
Meridia, der östliche Teil Velias, war ein wenig kleiner als Septrion, durch den Sapor und die große Barriere davon getrennt. Hoch im Norden Meridias lag Sconien, das Land der Skonen, die vorwiegend in den Wäldern der östlichen Ebenen und am Rand der gewaltigen Gebirge lebten, da an der Westküste zum Sconischen Golf hin die lebensfeindlichen Cressümpfe lagen. Die Skonen waren lange ein unabhängiges stolzes Volk gewesen, welches sich getrennt von den anderen Völkern Meridias entwickelt hatte, sich aber niemals als besonders machthungrig oder eroberungslustig erwiesen hatte. Doch sie waren gefürchtete Kämpfer, deren Clans selbst Gediom einst nur mit großen Mühen unterwerfen konnte. Im zentralen Teil Meridias, westlich der Plantagenländer, gab es nur die riesigen Kragischen Wälder, die Kynasberge und das Rinosgebirge. Dort lebten die Stämme des Tepilvolkes, Abkömmlinge der Zal, die vor ewigen Zeiten in die kragische Sklaverei verkauft worden waren. Seit ihrer Befreiung aus der Sklaverei vor über tausend Jahren, bewohnten sie in Stammesverbänden entweder Siedlungen, die in den Wipfeln der Bäume erbaut worden waren, oder große Höhlen in den Bergen. Dort waren sie dem Zugriff der übrigen Länder zumeist entzogen und führten ein wildes, fast primitiv zu nennendes, Leben. Eine Schrift oder schriftliche Aufzeichnungen hatten sie bis zum heutigen Tage nicht entwickelt, anders als ihre Verwandten, die Zal, von denen sie sich äußerlich durch ihre nunmehr rostbraune Hautfarbe und das Fehlen von jeglicher Körperbehaarung unterschieden. An die Kragischen Wälder und die Kynasberge anschließend erstreckte sich im Süden eine gewaltige Halbinsel, Kragien, eine Enklave, die von jeder Seite durch große natürliche Barrieren begrenzt wurde. Im Norden die großen Kragischen Wälder, und am Fuße der Kynasberge die undurchdringlichen Kragersümpfe, die sich über mehr als tausend Meilen vom Fuß der Berge bis an den Kragischen Golf erstrecken, und Kragien vom Osten Meridias abschnitten. Bis zum Beginn der Herrschaft Molaars waren zumeist die Kragier die bestimmende Kraft in Meridia gewesen, bis auf jenen kurzen Zeitraum von Gedioms Herrschaft. Zuvor hatte es noch keine Menschen in Meridia gegeben. Neben den zahlreichen Kriegen, die sie gegen ihre Brüder, die Argion, geführt hatten, waren ihre Bündnisse mit Solien in ihrer frühen Zeit erwähnenswert und vor ewigen Zeiten hatten sich die solischen Völker nur mit Hilfe der Kragier von der Herrschaft der Argion befreien können. Außerdem hielten sie bis zum bemerkenswerten Edikt von Kangara fast dreihundert Jahre lang viele tausend Zal in der Sklaverei, aus denen später die Tepile hervorgehen sollten. Ihre kriegerische Hochphase leitete auch
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