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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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sie mir davon erzählt. Sie behauptete, sie habe ihn vor dem Haus stehen sehen, als sie ins Bett gehen wollte. Zwei Mal. In einem Fliederstrauch oder so. Klar wie Kloßbrühe, dass das unangenehm war, er wollte sie bestimmt begaffen, als sie sich auszog. Stand da und holte sich einen runter.
    Gunvaldsson: War er zu der Zeit nicht verheiratet?
    Koskinen: Verheiratet? Morinder? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Etwas später wohnte eine Frau bei ihm, aber das hielt nicht besonders lange. Sie zog ziemlich schnell wieder aus, ich habe sie nicht oft gesehen.
    Gunvaldsson: Wissen Sie, wie sie hieß?
    Koskinen: Nein, ich erinnere mich bloß, dass sie nur gebrochen Schwedisch sprach. Könnte eine Engländerin oder so gewesen sein.
    Gunvaldsson: Ich verstehe. Haben Sie in Bezug auf Morinder noch etwas zu sagen?
    Nein, das hatte Linda Koskinen nicht, und Barbarotti fragte sich, ob sich daraus so viel ablesen ließ, wie er sich eingebildet hatte. In und zwischen den Zeilen. Er hatte in der Kartei nach einer Anzeige gegen Morinder gesucht, aber keine gefunden. Vielleicht hatte diese Nachbarin es sich anders überlegt, vielleicht hatte Lisa Koskinen die Situation auch missverstanden. Leider gestaltete es sich schwierig, der Sache nachzugehen, da Lisa Koskinen bei einem Tauchunfall in Australien ums Leben gekommen war. Um genau zu sein, drei Tage vor Ende des alten Jahrtausends. Am 28. Dezember 1999. Am Großen Barriereriff.
    Und eine Linda in den USA. Er ging davon aus, dass es dort mehr als eine gab.
    Es wäre natürlich möglich, andere Nachbarn aus den Achtzigern aufzutreiben, aber Barbarotti spürte, dass ihm dazu die Motivation fehlte.
    Welche Rolle spielte es schon, ob Morinder ein Spanner gewesen war? Hatte diese junge Frau sich das alles vielleicht nur eingebildet? Das Ganze war dreißig Jahre her, und für Morinder hatte es sich ausgespannt. Zumindest deutete alles darauf hin.
    Einfacher wäre es natürlich, seine Exfrau in Slite noch einmal anzurufen – wenn er sich tatsächlich eingehender mit Morinders Charakter beschäftigen wollte –, aber auch das erschien ihm nicht besonders sinnvoll.
    Er wusste, dass beispielsweise Eva Backman solche Ausflüchte nie akzeptiert hätte, aber es handelte sich nun einmal um eine Ein-Mann-Ermittlung, und er hatte nicht die Absicht, diese Frage mit ihr zu erörtern. Es gab keinen vernünftigen Grund zu glauben, dass zwischen Arnold Morinders angeblichen Verirrungen in der Norra Kyrkogatan und seinem Verschwinden mehr als fünfundzwanzig Jahre später ein Zusammenhang bestand.
    Oder doch?
    Nein, entschied Barbarotti und klappte den Ordner mit einem Knall zu.
    Heute Nachmittag sage ich Asunander, dass er die Ermittlungen in diesem Fall einstellen soll, beschloss er zudem.
    »Bitte, setz dich«, sagte Asunander. »Na, wie weit sind wir?«
    Mit dieser Frage hatte er praktisch jedes Gespräch in den letzten fünfzehn Jahren eingeleitet. Barbarotti setzte sich. Asunander lehnte sich vor und verdeutlichte so, dass er ganz Ohr war.
    »Schieß los.«
    »Ich hätte da ein paar Fragen«, sagte Barbarotti.
    »Tatsächlich?«
    »Ich arbeite jetzt seit fast zwei Wochen an dieser Sache und kann nicht behaupten, dass ich sonderlich weit gekommen bin. Aber ich würde gerne wissen, warum?«
    »Warum was?«, fragte Asunander.
    »Warum ich mich überhaupt mit diesem alten Fall beschäftige«, antwortete Barbarotti. »Es sollte dafür einen Grund geben.«
    »Den gibt es auch«, erwiderte Asunander.
    Barbarotti wartete, aber es kam nicht mehr.
    »Wäre es zu viel verlangt, ihn zu erfahren?«
    Asunander zog an einem Ohrläppchen und ließ es los. Öffnete eine Schreibtischschublade und schloss sie wieder. Faltete die Hände und sah aus dem Fenster.
    »Fürs Erste muss ich mit Ja antworten. Es ist zu viel verlangt.«
    Aber es war ihm anzusehen, dass er weitersprechen würde, und Barbarotti war geistesgegenwärtig genug, den Mund zu halten.
    »Ich sitze noch genau einen Monat auf diesem Stuhl.«
    Ach, wirklich, dachte Barbarotti.
    »Das ist mir bekannt«, sagte er.
    »Es gibt einige alte Fälle, die liegen geblieben sind und mich ärgern.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Barbarotti.
    »Zum Beispiel dieser verdammte Morinder.«
    »Ach ja?«, meinte Barbarotti. »Und warum?«
    »Jetzt fragst du mich schon wieder nach dem Grund«, entgegnete Asunander.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Barbarotti, »aber es ist nicht eventuell so, dass ich auf einer eingezäunten Spielwiese hocken soll,

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